Neuer Präsident Südkoreas will "neues Land aufbauen"

Der Mitte-Links-Kandidat Moon Jae-in liegt mit rund vierzig Prozent klar vor seinen Mitbewerbern.

Zwei Monate nach der Absetzung ihrer konservativen Staatschefin Park Geun-hye haben sich die Südkoreaner bei der vorgezogenen Präsidentenwahl für einen Machtwechsel entschieden. Der linksliberale Politiker Moon Jae-in erklärte sich nach der Wahl am Dienstag zum Sieger.

Er wolle ein "neues Land aufbauen", rief der frühere Menschenrechtsanwalt zahlreichen Anhängern auf dem Gwanghwamun-Platz im Zentrum von Seoul zu. Nach Auszählung von mehr als 40 Prozent der abgegebenen Stimmen sei Moon der Sieg sicher, berichteten südkoreanische Sender. Der 64-Jährige lag demnach mit 39,5 Prozent der Stimmen weit vor seinen Mitbewerbern.

Wahl nach Skandal

Die Wahl stand unter dem Eindruck des Korruptionsskandals um eine enge Vertraute Parks sowie der wachsenden Spannungen im Atomstreit mit der stalinistischen Führung in Nordkorea. Moon will wieder an die Politik der aktiven Annäherung an Pjöngjang unter Südkoreas früheren liberalen Präsidenten anknüpfen.

Neuer Präsident Südkoreas will "neues Land aufbauen"
South Korean presidential candidate Moon Jae-In (C) of the Democratic Party speaks to the media after casting his ballot at a polling station in Seoul on May 9, 2017. South Koreans went to the polls on May 9 to choose a new president after Park Geun-Hye was ousted and indicted for corruption, and against a backdrop of high tensions with the nuclear-armed North. / AFP PHOTO / JUNG Yeon-Je

Moon war für die oppositionelle Demokratische Partei angetreten. Er setzte sich den Hochrechnungen zufolge deutlich gegen seine schärfsten Rivalen durch: Der konservative Hong Jun-pyo von der Freiheitspartei Koreas - der umbenannten Park-Partei Saenuri - kam demnach auf 26,5 Prozent und der Zentrumspolitiker Ahn Cheol-soo auf 21,2 Prozent der Stimmen.

Hong hatte schon nach den ersten Prognosen praktisch seine Niederlage eingestanden. Er sei bei der vorhersehbaren Zustimmung von über 20 Prozent froh, "die zusammengebrochene Partei wiederaufgebaut zu haben", sagte er. Nach neun Jahren Regierung unter konservativen Regierungen erlebt Südkorea damit wieder einen Linksrutsch.

Zweiter Anlauf

Es war Moons zweiter Anlauf auf das höchste Staatsamt. Er hatte bei der Präsidentenwahl 2012 gegen Park verloren. Der neue Präsident soll am Mittwoch ohne die übliche zweimonatige Übergangszeit die Amtsgeschäfte aufnehmen.

Notwendig geworden war die Wahl nach der Amtsenthebung Park Geun-hyes durch das Verfassungsgericht am 10. März. Der Skandal hatte die Menschen des Landes monatelang aufgewühlt und dem liberalen Lager eine höhere Zustimmung eingebracht.

Park muss sich wegen Bestechlichkeit, Machtmissbrauchs und anderer Vorwürfe vor Gericht verantworten. Im Zentrum der Affäre steht ihre Freundin Choi Soon-sil. Diese soll ihre Beziehungen zu Park benutzt haben, um Sponsorengelder für ihre Organisationen einzutreiben und sich in die Staatsgeschäfte einzumischen.

Beziehungen zu Nordkorea

Neben dem wirtschafts- und sozialpolitischen Kurs in den nächsten fünf Jahren ging es bei der Wahl auch um den Umgang mit Nordkorea, das schwierige Verhältnis zu Japan und die Zusammenarbeit mit dem Bündnispartner USA. US-Präsident Donald Trump hatte mehrfach mit Alleingängen im Atomstreit mit Nordkorea gedroht und auch einen Militärschlag nicht ausgeschlossen.

Moon setzt im Konflikt mit dem Norden auf ein gefestigtes Bündnis mit den USA, will aber wieder stärker auf Pjöngjang zugehen. Er machte aber klar, dass ein Dialog schwierig sein werde, sollte Pjöngjang einen weiteren Atomtest unternehmen.

US-Regierung sieht Bündnis nicht bedroht

Die US-Regierung sieht das Bündnis zu Südkorea nach dem Wahlsieg Moon Jae-ins nicht grundsätzlich in Gefahr. An der Allianz werde sich im Wesentlichen wohl nichts ändern, verlautete am Dienstag aus Regierungskreisen. Allerdings seien im Verhältnis zwischen Washington und Seoul künftig gewisse Schwankungen möglich.

Der Menschenrechtsanwalt Moon hat sich über das im Süden stationierte US-Raketenabwehrsystem Thaad skeptisch geäußert. Nach seiner Ansicht wurde die Entscheidung übereilt getroffen. Die USA sind seit Jahrzehnten eng mit Südkorea verbündet und haben Zehntausende Soldaten in dem Land stationiert.

Der US-Insider sagte, Moon werde trotz des deutlichen Sieges ein Bündnis schmieden müssen. Deswegen sei unklar, ob er seine ablehnende Haltung durchhalten könne. Moon punktete vor allem bei jungen Wählern und tritt für einen Dialog mit der verfeindeten, stalinistischen Führung in Pjöngjang ein, die ungeachtet internationaler Kritik ihr Atom- und Raketenprogramm vorantreibt. Der Politiker befürwortet aber auch Sanktionen gegen Nordkorea.

Moon will Versöhnung

Moons erste Aufgabe lautet: Versöhnung. Das Amtsenthebungsverfahren hat tiefe Wunden in Südkorea geschlagen. Das Land ist polarisiert, linke Kräfte und die lange Zeit dominierenden Konservativen stehen sich argwöhnisch gegenüber. Der designierte Präsident machte umgehend klar, dass er sich der Versöhnungsaufgabe stellen wolle. Vor seinen Anhängern auf dem Gwanghwamun-Platz versprach er, er wolle ein "Präsident des Zusammenhalts" sein. Unter seiner Führung solle Südkorea ein "Rechtsstaat sein, in dem Regeln gelten und gesunder Menschenverstand herrscht".

Damit sprach Moon das große Thema des Wahlkampfs an - jenes Thema, das ihn wohl zum Sieg geführt hat: Südkoreas Politik gilt als korrupt, und Moon hat es vermocht, sich eine saubere Weste zu bewahren. "Er ist auf der Welle des Protests gegen Park und die angesammelten Korruptionsfälle geritten", erklärt Kim Neung-gou, der Chef der Online-Zeitung "Polinews", das Ergebnis von Moon. "Die Korruption ist das größte Problem in der südkoreanischen Politik", sagt auch der Wissenschafter Robert Kelly von der Pusan-Nationaluniversität. "Jeder südkoreanische Präsident ist bisher in unterschiedlichem Ausmaß wegen Korruption und Bestechung in Probleme geraten."

Etwa 42,5 Millionen Wahlberechtigte waren bei der Wahl aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Beteiligung lag nach Angaben der staatlichen Wahlkommission bei 77,2 Prozent.

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