Wie viel kostet ein Bürgerkrieg?

Jemen
Ein Bericht, der nicht veröffentlicht werden sollte, zeigt die verheerenden Auswirkungen des Bürgerkriegs in Jemen.

Es sind erschreckende Zahlen, die nur einen geringen Anteil von dem wiedergeben, was der Bürgerkrieg im Jemen anrichtet. Der Konflikt hat bisher Schäden an der Infrastruktur des Landes sowie wirtschaftliche Ausfälle in Höhe von mehr als 14 Milliarden Dollar verursacht. In den vergangenen 16 Monaten, seit Ausbruch des Krieges, wurden bisher über 6.500 Menschen getötet, die Hälfte davon Zivilisten; 2,5 Millionen wurden zur Flucht gezwungen. Doch ein Ende ist nicht in Sicht.

Weil der Konflikt andauere, seien die Zahlen vorläufig und würden sich noch erhöhen, heißt es von Seiten der Nachrichtenagentur Reuters, die den Bericht einsehen konnte. Denn ursprünglich sollte dieser nicht veröffentlicht werden. Er wurde von Ende 2015 bis Anfang dieses Jahres zusammengestellt, unter anderem von der Weltbank, den Vereinten Nationen und der Europäische Union.

Rivalität zwischen Regionalmächten

Eine Allianz vor allem aus Golf-Staaten steht auf der Seite der international anerkannten Regierung von Präsident Abd-Rabbu Mansour Hadi, die vor den schiitischen Houthi-Rebellen ins benachbarte Saudi-Arabien geflüchtet ist. Die Aufständischen sind ihrerseits mit dem Iran verbündet, so dass es im Jemen nicht zuletzt um die Rivalität zwischen den beiden Regionalmächten geht.

Dem Bericht zufolge wurden beispielsweise 1.671 Schulen beschädigt, 287 müssten komplett neu aufgebaut werden, 544 Schulen dienten geflüchteten Menschen als Schutz, 33 seien von bewaffneten Gruppen in Beschlag genommen worden. Auf der Basis von 143 Schulen wurde der Schaden auf 269 Millionen US Dollar geschätzt. In Taiz, der drittgrößten Stadt des Landes, sei das öffentliche Gesundheitssystem fast vollständig zusammengebrochen. 2,6 Millionen Kinder unter 15 Jahren würde Gefahr laufen, an Masern zu erkranken. Der Konflikt im Land führe indirekt zu einem Anstieg der Erkrankungen und Sterblichkeit, berichtet Reuters weiter.

Im Bericht wurden jedoch nur die Daten der Städte Sanaa, Aden, Taiz und Zinjibar gesammelt, außerdem hörten die Organisationen im Oktober 2015 mit der Analyse auf - damals war der Konflikt erst sieben Monate alt, die Schäden geringer als heute, neun Monate später.

Friedensgespräche gescheitert

Eine seit Mitte April bestehende Waffenruhe zwischen Regierungstruppen und den Houthi-Rebellen, die eine Variante des schiitischen Islam praktizieren, hat dem Land eine kurze Verschnaufpause gegeben. Doch die von der UN unterstützten Friedensgespräche sind Anfang August trotzdem geplatzt. "Die Gespräche sind nicht gescheitert. Es gibt eine gemeinsame Grundlage, auf der wir weiter aufbauen", sagte Ismail Ould Sheikh Ahmed, der mauretanische UN-Vermittler.

Unterdessen gibt es immer wieder Berichte von saudisch geführten Luftangriffen gegen Rebellen. So auch am vergangenen Montag, allerdings befinden sich unter den Opfern ausschließlich Zivilisten. Eine Klinik der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" wurde von einer Rakete getroffen, 11 Menschen getötet und mehr als 19 weitere verletzt, darunter Frauen, Kinder und ein Mitarbeiter der Organisation.

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MSF International (@MSF

Erneut sei ein "vollkommen funktionsfähiges Krankenhaus voller Patienten bombardiert" worden, reagiert die Hilfsorganisation auf den Angriff. Die Organisation beklagte einen "Krieg ohne Respekt für medizinische Einrichtungen und Patienten". Die genaue Lage des Spitals sei allen Konfliktparteien bekannt gewesen. Dass zivile Opfer in Kauf genommen werden, ist bei Bürgerkriegen jedoch nicht ein Ausnahmefall, sondern die Regel.

Bereits zwei Tage zuvor, am Samstag, wurden bei einem Luftangriff auf eine Schule im Nordjemen zehn Kinder getötet, 21 verletzt. Alle Opfer waren jünger als 15 Jahre.

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