Merkel: EU berät über Aussetzung der Türkei-Gespräche

Angela Merkel
Für einen Abbruch der Verhandlungen wäre die Einstimmigkeit der 28 EU-Staaten erforderlich, für die Aussetzung nur eine Zweidrittelmehrheit.

Die EU wird im Oktober nach Worten der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel darüber beraten, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beenden oder nur auszusetzen. Die CDU-Vorsitzende will damit eine Ankündigung umsetzen, die sie am Sonntag im TV-Duell mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gemacht hatte.

Man müsse dabei sehr besonnen vorgehen, weil die Beziehungen zur Türkei strategische Bedeutung hätten. Merkel warnte die EU davor, sich über die Frage eines Abbruchs der Beitrittsverhandlungen vor den Augen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu zerstreiten: "Das würde Europas Position dramatisch schwächen."

Abbruch oder Aussetzung

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn verwies im Deutschlandfunk darauf, dass für die Aussetzung der Gespräche nur eine Zweidrittelmehrheit in der EU gebraucht werde. Für einen Abbruch sei Einstimmigkeit der 28 EU-Staaten erforderlich.

Merkel wiederholte, dass CDU und CSU einen türkischen EU-Beitritt immer abgelehnt hätten. Sie habe nach ihrem Amtsantritt 2005 aber an der Entscheidung der EU und ihres Vorgängers Gerhard Schröder (SPD) festgehalten, die die Verhandlungen eröffnet hätten. Die Kanzlerin warnte, mit einem unbesonnenen Vorgehen jetzt auch die Türken vor den Kopf zu stoßen, die in der Türkei nicht mit dem Kurs von Erdogan einverstanden seien. Dasselbe gelte für die türkischstämmigen Deutschen und türkischen Bürger, die in Deutschland lebten: "Denn sie sind Teil unseres Landes."

Merkel kritisierte erneut die Verhaftung mehrerer Deutscher unter dem Vorwurf des Terrorverdachts, darunter der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel, der seit mehr als 200 Tagen in Haft sitzt.

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