Merkel bei LeFloid: Begegnung zweier Welten

Ein junger Mann mit Tätowierungen steht vor dem Bundeskanzleramt in Berlin.
Deutsche Kanzlerin trifft YouTube-Star zum Interview: Das Aufsehen war groß, das Ergebnis recht gewöhnlich.

Das vorher erzeugte Aufsehen war groß, das Ergebnis doch ziemlich gewöhnlich: Der YouTube-Star Florian Mundt alias LeFloid hat am Montagabend das erste Interview auf der Internet-Videoplattform mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) veröffentlicht. Sie sprechen über ernste Themen - das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP, ein einheitliches Abitur, die NSA. Besondere Neuigkeiten über die politische Meinung oder das persönliche Leben der Kanzlerin wurden nicht zu Tage gefördert.

In dem Video erklärt die Kanzlerin viel: was für sie gutes Leben bedeutet oder wie man ein gutes Leben in Deutschland bemisst. Aufhänger für das Interview war der Bürgerdialog der Bundesregierung „Gut leben in Deutschland“, der im April gestartet wurde.

„Für mich persönlich ist Ehe das Zusammenleben von Mann und Frau.“

Die erste kritische Frage kommt zur Homo-Ehe. Zu einem guten Leben gehöre auch eine feste Partnerschaft und eine gleichgeschlechtliche Ehe, sagt Mundt. Merkel antwortet: „Für mich persönlich ist Ehe das Zusammenleben von Mann und Frau.“ Sie sei aber gegen eine Diskriminierung Homosexueller, zum Beispiel im Steuerrecht.

Angela Merkel im Gespräch mit einem jungen Mann in legerer Kleidung.
epa04845477 A handout picture released by the German Chancellery on 13 July 2015 of German Chancellor Angela Merkel (R) being interviewed by German vlogger (short for video blogger) Florian Mundt, better known to the internet afficionados as LeFloid, in the German Chancellery in Berlin, Germany, 10 July 2015. The interview is a major change of pace for a head of government in a country where most interviews are closely choreographed with plenty of opportunities for those interviewed to redact their comments. LeFloid, who has drawn a strong following with his animated commentary on current events in Germany, has a key asset the government lacks - internet followers. HANDOUT - Bundeskanzlerin Angela Merkel im Interview mit Florian Mundt alias LeFloid am Freitag, 10.07.2015, im Bundeskanzleramt. Foto: Bundeskanzleramt/Steffen Kugler/dpa EPA/STEFFEN KUGLER / HANDOUT
Für das Video hat sich Mundt nicht besonders herausgeputzt. Ein recht schlichtes, graues T-Shirt, blaue Jeans, ein schwarz-grünes Baseball-Cap mit silbernem Aufdruck. Merkel erscheint wie gewohnt mit Jackett und weißer Hose. Beide wirken zu Anfang etwas nervös. Mundt schwitzt ein wenig, stellt die Fragen aber betont ruhiger, als er sich in seinen schnell geschnittenen, hektischen News-Videos gibt. Merkel bemüht sich um eine klare Sprache ohne „Polit-Sprech“.

Der zweite Themenkomplex ist die NSA-Affäre. „Ich habe nicht umsonst gesagt: Abhören unter Freunden, das geht nicht. Ich finde im Übrigen, dass das, was man an Informationen aus so etwas herauskriegt, echt nicht die Sache wert ist, dass man dafür so viel abhört“, sagt Merkel. Da gebe es gravierende Unterschiede zwischen Deutschland und den USA. Auf die Zusammenarbeit mit anderen Diensten sei Deutschland aber angewiesen.

„Xbox oder Playstation?“

Auch über die Legalisierung von Cannabis und Merkels Nutzung von Sozialen Medien spricht LeFloid mit der Kanzlerin - unter dem Hashtag #NetzfragtMerkel konnte man im Vorfeld via Twitter, Instagram oder YouTube Inhalte vorschlagen. Die vorher von vielen Medien zitierte Nutzer-Frage „ Xbox oder Playstation?“ und andere wohl nicht ganz ernst gemeinte Themenvorschläge lässt Mundt aber aus. Trotz der ernsten Themen bleibt das halbstündige Interview kurzweilig.

Und es lohnt sich für Interviewer und Interviewte gleichermaßen: Beide machen sich in für sie fremden Altersschichten bekannter. Die Zeitungen berichten über LeFloid, Merkel kommt den jungen YouTube-Nutzern näher. Im Falle von Mundt kann man das sogar messen: Seine Facebook-Seite hat in der vergangenen Woche mehr als doppelt so viele neue Likes bekommen wie in der Woche zuvor.

Vor der Veröffentlichung wurden Zweifel an der Authentizität des Videos laut - vor allem vermuteten Einige ein Eingreifen des Kanzleramts in die Auswahl der Fragen oder eine Endabnahme des Videos. Beide Seiten beteuern deshalb mehrfach, dass sowohl die Auswahl der Fragen als auch der Schnitt des Videos in der Hand von Mundt liege.

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