Macron und Erdogan: Große Differenzen

Recep Tayyip Erdogan und Emmanuel Macron bei ihrem Treffen
Bei seinem Besuch in Paris beschuldigt der türkische Präsident weiterhin Intellektuelle und Journalisten, Terrorismus zu unterstützen.

Die tief greifenden Differenzen zwischen der Europäischen Union und der Türkei halten auch nach einem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei seinem französischen Kollegen Emmanuel Macron an. Macron räumte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Gast am Freitag in Paris ein, es gebe weiter Meinungsverschiedenheiten in der Frage der Menschenrechte.

Erdogan bekräftigte in scharfen Worten seine Vorwürfe gegen Journalisten und Intellektuellen, denen er vorwarf, zum Teil Terrorismus Vorschub zu leisten.

Terrorismus entstehe nicht von selbst, sagte Erdogan, der seit dem Putschversuch im Juli 2016 mit großer Härte gegen alle vorgeht, denen er eine Verbindung zu seinem Intim-Feind, dem Prediger Fetullah Gülen, vorwirft. " Terror und Terroristen haben Gärtner", führte Erdogan aus. "Diese Gärtner sind die Leute, die als Denker angesehen werden. Sie bewässern durch ihre Kolumnen in den Zeitungen. Und eines Tages tauchen diese Leute dann als Terroristen vor dir auf." Einen französischen Journalisten, der nach Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes nach Syrien fragte, beschuldigte Erdogan, wie ein Anhänger Gülens zu sprechen.

In der Türkei sind seit dem Putschversuch Zehntausende Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und der Armee unter dem Vorwurf entlassen oder inhaftiert worden, den angeblich von Gülen geplanten Putschversuch unterstützt zu haben. Ein Standard-Vorwurf gegen die Entlassenen oder Inhaftierten lautet auf Terrorpropaganda.

Fortführung von Beitrittsgesprächen nicht realistisch

Macron zeigte sich besorgt über das Schicksal inhaftierter Journalisten in der Türkei und forderte Erdogan zur Einhaltung des Rechts auf. Zwar müssten auch Demokratien stark und energisch gegen Terrorismus eintreten. "Aber zugleich müssen unsere Demokratien die Rechtsstaatlichkeit vollkommen schützen", sagte Macron. Die jüngsten Entwicklungen in der Türkei ließen auch keine Fortschritte bei den Beitrittsverhandlungen des Landes zur Europäischen Union zu, sagte Macron. Es wäre heuchlerisch vorzugeben, dass die Eröffnung weiterer Verhandlungskapitel für einen Beitritt realistisch seien.

Er habe Erdogan auch seine Sorge über die Anklagen gegen Professoren und Studenten der Galatasaray-Universität in Istanbul und von inhaftierten Journalisten mitgeteilt, sagte Macron. Dabei sei es auch um konkrete Namen gegangen. Die Akademiker hatten einen offenen Brief von Intellektuellen unterzeichnet, in dem das Vorgehen des Staates gegen die Kurden kritisiert wird.

Zuvor hatte der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel die Genehmigung für die Lieferung von Rüstungsgütern an die Türkei an das Ende der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Denis Yücel geknüpft. Der "Welt"-Korrespondent sitzt seit fast einem Jahr ohne Anklage in türkischer Haft. Ihm wird Terrorpropaganda vorgeworfen. Gabriel will sich am Samstag mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu in Goslar treffen.

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