London: Zwei weitere Festnahmen

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London trauert um die Opfer des jüngsten Terroranschlags. Das Netzwerk um den Attentäter von London ist möglicherweise größer als zunächst vermutet. Die Polizei kontaktiert Tausende Zeugen. Der mutmaßliche Attentäter soll ein unauffälliges Leben geführt haben.

Nach dem Terroranschlag vor dem britischen Parlament hat sich die Zahl der Toten auf insgesamt fünf erhöht. Am späten Donnerstagabend teilte die Polizei in London mit, dass ein 75-Jähriger an seinen schweren Verletzungen gestorben sei. Ein weiteres Opfer des Anschlags schwebte in der Nacht zum Freitag noch in Lebensgefahr, der Zustand von fünf weiteren Opfern galt als kritisch. Unterdessen versammelten sich am Trafalgar Square in London tausende Menschen zum Gedenken an die Opfer des Anschlags.

Zwei weitere Personen festgenommen

Mittlerweile hat die Polizei zwei weitere Personen festgenommen. Beamte griffen in der Region um Birmingham und im Nordwesten des Landes zu, wie Scotland Yard am Freitag mitteilte. Die Behörde stufte die Festnahmen als wichtig ein. Die Polizei hatte zuvor bei Razzien in mehreren Orten des Landes acht weitere Menschen festgesetzt. Eine Frau wurde inzwischen auf Kaution freigelassen. Damit befinden sich nunmehr neun Personen in Gewahrsam.

Scotland Yard zufolge laufen derzeit Durchsuchungen an fünf Adressen, 16 weitere wurden bereits beendet. 2700 Gegenstände seien konfisziert worden, eine große Menge an Daten von Computern sei sichergestellt worden. Rund 3500 Zeugen seien kontaktiert worden.

Adrian Russell Ajao

Mark Rowley, Anti-Terror-Chef bei Scotland Yard, sagte, der Geburtsname Masoods laute Adrian Russell Ajao. Die Ermittlungen konzentrierten sich weiter auf die Frage des Motivs, mögliche Komplizen und Hintermänner sowie den Hergang der Tatvorbereitung. Rowley bat die Bevölkerung bei den Ermittlungen um Mithilfe. Masood hatte in seinem Leben mehrere Namen benutzt.

Der mehrfach vorbestrafte Masood wurde in Großbritannien geboren und stand nach Angaben der britischen Premierministerin Theresa May früher unter Verdacht, ein gewalttätiger Extremist zu sein.

Nachbarn sagten britischen Medien, Masood habe eher unauffällig mit Frau und Kindern in Birmingham gelebt. Britischen Medien zufolge soll er zum Islam konvertiert und sehr religiös geworden sein. Angeblich lebte er auch in Saudi-Arabien.

50 Verletzte

Die Zahl der Verletzten gab Scotland Yard jetzt mit 50 an - zuvor war von etwa 40 die Rede. Zwei Opfer befinden sich in einem kritischen Zustand, einer davon habe lebensbedrohliche Verletzungen. Auch zwei Polizisten liegen laut Scotland Yard schwer verletzt im Krankenhaus.

Gedenkszone

Londons Bürgermeister Sadiq Khan zündete während der Gedenkzeremonie am Donnerstagabend vor den Stufen der National Gallery Kerzen für die Opfer an. „Londoner werden sich nie von Terror einschüchtern lassen“, rief Khan den Menschen zu.

Bei dem Anschlag am Mittwoch waren fünf Menschen getötet worden, unter ihnen der Attentäter. Ein US-Amerikaner, der mit seiner Frau die Silberhochzeit in London feierte, und eine zweifache britische Mutter starben, als der Attentäter mit einem Auto über die belebte Westminster-Brücke raste und Fußgänger überfuhr. Anschließend drang der in Großbritannien geborene Angreifer auf das Parlamentsgelände vor und verletzte einen Polizisten mit einem Messer tödlich, bevor er von Beamten erschossen wurde. Insgesamt wurden rund 40 Menschen aus elf Ländern verletzt, unter ihnen auch eine Deutsche.

Terrorismusexperte zweifelt an IS-Urheberschaft

Der Terrorismusforscher Peter Neumann zweifelt daran, dass die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) unmittelbar hinter dem Anschlag von London steckt. Es gebe einige Hinweise darauf, dass zwischen dem Attentäter und der Terrormiliz keine direkte physische Verbindung bestanden habe, sagte der Leiter des internationalen Zentrums zur Erforschung von Radikalisierung (ICSR) am Londoner King's College.

"Das leitet sich daraus her, dass der Islamische Staat offensichtlich selbst von diesem Anschlag überrascht war", so der Experte am Freitag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Neumann sagte, der IS habe zwar den Anschlag für sich reklamiert, aber es gebe IS-Publikationen, die in den vergangenen 24 Stunden veröffentlicht wurden, die die Vorfälle in London noch nicht erwähnen. "Und das bedeutet, dass offensichtlich die Leute in Syrien keine Ahnung hatten, dass er passiert."

Die Miliz sei zwar bereit gewesen, den Attentäter als "Soldaten des Kalifats" zu beschreiben, "aber offensichtlich wussten nicht alle oder wussten nur wenige im Islamischen Staat - wenn überhaupt-, dass da etwas im Kommen war". Der Attentäter war auf einer Brücke im Zentrum der Stadt mit einem Auto gezielt in Fußgänger gerast. Drei Menschen starben. Anschließend erstach er einen Polizisten vor dem Parlament, bevor er von der Polizei erschossen wurde.

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