Linksextreme fordern beim G20-Gipfel den Staat heraus

Ein riesiges Polizeiaufgebot schützt die Gipfelteilnehmer
Größter Polizeieinsatz in der Geschichte Hamburgs nach massiven Gewaltaufrufen: 20.000 Sicherheitskräfte sichern Elb-Metropole

Ein paar Klappbänke stehen gestapelt auf der Wiese an der Elbe, daneben ein weißes Versammlungszelt und der Transporter einer Autovermietung. Ein gutes Dutzend meist schwarz gekleideter, jüngerer Leute hat sich um einen Tisch unter freiem Himmel mit Kaffee und Brötchen versammelt: der letzte Rest vom aufgelösten "antikapitalistischen" G20-Protestcamp auf der Halbinsel Entenwerder im Südosten Hamburgs.

Wenn sich morgen und am Samstag in den Messehallen im Zentrum Hamburgs die Präsidenten und Regierungschefs der G20-Staaten – unter ihnen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin – zu ihrem jährlichen Gipfel treffen, werden bis zu 20.000 Polizisten für deren und die Sicherheit der Hamburger sorgen. Andy Grote, SPD-Innensenator der Stadt, spricht vom größten Polizeieinsatz in der Geschichte der Elbmetropole – zum Schutz der 36 Delegationen mit rund 6.000 Delegierten.

Hubschrauber kreisen über Hamburg

Seit Wochen gehören bewaffnete Sicherheitskräfte zum Stadtbild. An zentralen Straßenkreuzungen stehen Polizeifahrzeuge. Polizeihubschrauber kreisen Tag und Nacht über der City. Immer wieder wird der Autoverkehr für Übungen der Motorradstaffeln zum Erliegen gebracht, die Delegationen bei deren Fahrten durch die Stadt begleiten werden. Selbst Hubschrauber der US-Army trainierten Testlandungen an der Außenalster.

Doch schon bevor der Gipfel losgegangen ist, wird deutlich, dass gewaltbereite Linksextremisten das Treffen nutzen wollen, die Staatsmacht herauszufordern. Schließlich gilt Hamburg neben Berlin als eine ihrer Hochburgen in Deutschland. Der aktuelle Bericht des Hamburger Verfassungsschutzes geht von 1100 Personen aus, die dieser Szene angehören. 650 davon seien gewaltbereit.

Berüchtigtes Schanzenviertel

Im Schanzenviertel – ein linkes Quartier rund um das seit 1989 von autonomen Kräften besetzte frühere Theater "Rote Flora" – wird seit Wochen auf Plakaten Widerstand gefordert. Im Internet überschlagen sich die Drohungen. Da wird dazu aufgerufen, den Hamburger Hafen – immerhin Europas drittgrößter Containerhafen – zu blockieren oder gleich die gesamte Hansestadt zu stürmen. "Wir glauben, es ist an der Zeit für die radikale Linke weiter zu gehen, Neues auszuprobieren", drohen Gipfelgegner.

Aktivisten stellen dabei unverblümt das Gewaltmonopol des Staates in Frage. "Ich wiederhole mich, wenn ich an der Stelle jetzt sage, dass ich für ein politisches Spektrum stehe, das sich von Gewalt nicht distanziert", sagt Andreas Blechschmidt. Er hat für heute Abend die Demonstration "G20 – Welcome to Hell" angemeldet. Bis zu 8000 gewaltbereite Extremisten aus ganz Europa werden erwartet.

"Es wird kein ruhiges Hinterland geben"

"Wir haben kein Interesse, Menschen an ihrer Physis zu schädigen", so Blechschmidt und spricht stattdessen lieber von "Widerstand durch Sachbeschädigung". Allerdings seien in der politischen Auseinandersetzung bewusste Regelübertretungen notwendig.In einem derzeit zum G20-Gipfel kursierenden Faltblatt heißt es deutlich: "Wir wollen den praktischen Bruch mit der herrschenden Ordnung … den reibungslosen Ablauf der Gipfel-Inszenierung … stören und blockieren ... es wird kein ruhiges Hinterland geben."

Fast 40 Demonstrationen sind rund um den G20-Gipfel von der Stadt genehmigt worden. Zugleich aber gibt es auf einer Fläche von rund 38 Quadratkilometern – das sind etwa fünf Prozent des Hamburger Staatsgebietes – ein Demonstrations- und Versammlungsverbot.

Hilfe aus Österreich

Angesichts dieser Gemengelage haben die Sicherheitsbehörden mächtig aufgerüstet. Mehr als 3000 Einsatzfahrzeuge, elf Hubschrauber und eine Vielzahl von Wasserwerfern sollen bei der Absicherung des Gipfels helfen. Zudem sind auf einer Länge von 7,8 Kilometern Absperrungen geplant. Auch mehr als 100 Polizisten aus Österreich tun in diesen Tagen hier ihren Dienst, darunter Mitglieder der Spezialeinheit "Cobra". Selbst die Bundeswehr hilft mit – auch bei der Luftraum-Überwachung. Ein Landungsboot der Marine soll die Spitzenpolitiker, die am morgen Abend ein Konzert in der Elbphilharmonie besuchen, im Falle eines Falles evakuieren.

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