Libyen: "Geheime Papiere ausgetauscht"

Libyen: "Geheime Papiere ausgetauscht"
Trotz Immunität halten die neuen Machthaber eine Delegation des Internationalen Strafgerichtshofes fest, weil diese Saif al-Islam geholfen haben sollen.

Gaddafi ist weg, doch Recht und Gesetz sind in Libyen noch nicht garantiert. Die neuen Machthaber halten Vertreter des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) fest, obwohl sie Immunität genießen. Und sie verweigern den Zugang zu ihnen. Die Delegation ist am Mittwoch nach Libyen eingereist, um Saif al-Islam Gaddafi in Al-Sintan im Gefängnis aufzusuchen, teilte das Den Haager Gericht am Samstagabend mit. Vier Mitarbeiter des Weltstrafgerichts würden seit Donnerstag festgehalten und der Kontakt zu ihnen sei abgebrochen.

Offenbar stehen die vier Mitarbeiter unter dem Verdacht, dem inhaftierten Diktatorsohn geholfen zu haben. Zu der Delegation gehört auch die australische Anwältin Melinda Taylor.

"Nach der Durchsuchung des Gerichtsteams fanden die Revolutionäre Briefe, die ihnen von Saif al-Islam gegeben worden waren, um sie einem seiner Helfer zu übermitteln", erklärte der Milizkommandeur Ajmi al-Uteiri in Al-Sintan dem Nachrichtensender Al Jazeera. "Bei dem Besuch (im Gefängnis) wurden geheime Dokumente ausgetauscht, darunter ein von Saif al-Islam blanko unterzeichnetes Papier." In den Dokumenten erkläre der Gaddafi-Sohn, dass es keine rechtmäßige Regierung in Libyen gebe und er schlecht behandelt werde.

Der Milizkommandeur erklärte, Taylor sei nicht im Gefängnis, sondern stehe unter Hausarrest. Ein Vertreter des Außenministeriums in Tripolis sagte, Libyen werde vom Gerichtshof die Aufhebung der Immunität der Australierin verlangen, um danach den Fall zu untersuchen. Das australische Außenministerium bemüht sich um konsularische Hilfe für Taylor und um Klarstellungen der libyschen Regierung.

Saif al-Islam Gaddafi ist ein Sohn des gestürzten und getöteten Machthabers Muammar al-Gaddafi. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Die neuen Machthaber wollen ihn im Lande richten und nicht an ein internationales Gericht überstellen.

IStGH-Präsident Sang-Hyun Song forderte Libyen zur sofortigen Freilassung der vier Mitarbeiter auf. "Wir sind sehr besorgt um die Sicherheit unserer Mitarbeiter, zu denen es überhaupt keinen Kontakt gibt." Er erinnerte daran, dass die Delegation in offiziellem Auftrag des Gerichts unterwegs sei und Immunität genieße. Libyen sei nach der Resolution 1970 des UN-Sicherheitsrates zudem verpflichtet, umfassend mit dem IStgH zusammenzuarbeiten.

Der 39-Jährige Saif al-Islam Gaddafi war im November 2011 im Süden Libyens nahe der Grenze zum Niger gefasst worden. Sein Vater war einen Monat zuvor bei der Einnahme seiner Heimatstadt Sirte von Rebellen getötet worden. Der IStGH hatte internationale Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Saif al-Islam Gaddafi, seinen Vater und dessen Geheimdienstchef erlassen.

Mindestens 17 Tote bei Kämpfen

Neben der Festnahme kam es bei Gefechten zwischen Milizen und Stammeskämpfern im Südosten Libyens zu mindestens 17 Toten. Kämpfer der schwarzafrikanischen Minderheit der Tabu hätten in Kufra ein Milizbüro angegriffen, berichtete die unabhängige libysche Agentur Solidarity Press am Sonntag. Unter den Toten seien 15 Stammeskämpfer und zwei Männer der (eigentlich aufgelösten) Miliz Bataillon Libyscher Schild.

Die auch mit Panzern geführten Gefechte hätten am Freitag begonnen. Vertreter der Sicherheitskräfte erklärten, die Feindseligkeiten seien mit einem Angriff auf einen Kontrollposten außerhalb Kufras eingeleitet worden. Die Stadt mit 40.000 Einwohnern war im Februar Schauplatz heftiger Gefechte zwischen den Tabu und dem arabischen Stamm der Swai gewesen.

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