Lampedusa ist vom Brenner weit weg

An der italienisch-österreichischen Grenze regiert noch die Ruhe.

Die drei Männer von der italienischen Sondereinheit erfüllen alle Klischees. Sie tragen dunkle Sonnenbrillen zu ihren dicken Schusswesten, ihre Maschinengewehre hängen genauso lässig um den Hals wie die Zigaretten aus den Mundwinkeln. "Prendiamo un’ caffè", sagt einer. Und schon führt die Patrouille sie raus aus dem Bahnhof Brenner, hinein in die nächste Bar.

Ist das die Ruhe vor dem Sturm? Vor dem Ansturm der Flüchtlinge?

Keine Hektik

Lampedusa ist dieser Tage vom Brenner noch sehr weit weg. Geografisch, aber auch gedanklich. Dass die Menschen jetzt gerade wieder zu Tausenden über das Mittelmeer kommen und an den Inseln im Süden Italiens stranden, lässt hier an der Grenze zwischen Italien und Österreich keine Hektik und Hysterie ausbrechen.

Natürlich ist in den Zeitungen jetzt wieder häufiger davon zu lesen, dass sich die nächste Flüchtlingswelle im Anrollen befindet. Wie inzwischen jedes Jahr in den Sommermonaten.

Aber das reicht nicht, um bei den alteingesessenen Obsthändlern neben der Kirche zum Gesprächsthema zu werden. Die interessiert vor allem ein anderer Menschen-Strom, der sich jetzt wieder von Norden in Richtung Brenner in Bewegung setzt. Die Sommermonate, in denen Millionen Deutsche über den Pass in den Italien-Urlaub fahren, sind für die geschäftstüchtigen Händler die wichtigste Zeit.

Leere Züge

Aus der Gegenrichtung kommt kaum jemand am Brenner an. Im Nachmittagszug aus Bozen sitzen nur wenige Flüchtlinge. Die beiden Carabinieri, die vor der Polizeiwache im Bahnhofsgebäude die Lage kontrollieren, können sich beruhigt weiter unterhalten. Offiziell dürfen sie keine Auskunft geben, aber so viel geben sie zu verstehen: Den großen Ansturm der Flüchtlinge erwarten sie noch nicht.

2015 waren hier die Menschen noch in Scharen zu Fuß über die Grenze gegangen. Entlang der Bundesstraße, häufig auch durch die Wälder. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass der Brenner eine schwierige Hürde ist. Die Italiener kontrollieren die Züge oft schon in Verona, spätestens in Bozen ist für die meisten Flüchtlinge Endstation. Im Dezember waren zwei Männer beim Versuch, auf der "Rollenden Landstraße" nach Deutschland zu gelangen, von Lastwagen überrollt worden.

Mehrere Checkpoints

Schauplatzwechsel, auf die österreichische Seite der Brenner-Grenze. Die Polizisten tragen andere Uniformen und keine Sonnenbrillen, in ihrer Gelassenheit unterscheiden sie sich aber nicht von ihren italienischen Kollegen. Man ist auf alles vorbereitet, schon seit einiger Zeit gibt’s neben dem alten Zollgebäude, in dem inzwischen Trachtenmode aus dem Zillertal verkauft wird, einen Checkpoint. Das österreichische Grenzmanagement-System, wie die Vorkehrung sperrig heißt, umfasst auch einen Kontrollpunkt auf der Autobahn nebenan. Bei Bedarf, so hat es auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter bereits mehrfach angekündigt, werde es zu Personenkontrollen kommen.

Der Ernstfall scheint noch weit weg zu sein. "Die Lage ist mittlerweile akut", ist immerhin in den Dolomiten zu lesen. Die größte Südtiroler Tageszeitung bezieht sich da aber auf ein anderes Problem, das die Region gerade bewegt. In der Touristen-Hochburg Kaltern treibt seit einiger Zeit ein Bär sein Unwesen.

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