Heikles Treffen mit umstrittenem Staatschef

Außenminister Sebastian Kurz über Ägyptens Präsidenten: "Nicht perferkt, aber wo ist die Alternative?"
Sebastian Kurz in Kairo. Trotz der Todesurteile hält der Außenminister am "politischen Dialog" fest.

Er ist nicht perfekt, aber wo ist die Alternative?" Für eine Einschätzung zu Ägyptens Präsidenten al-Sisi bedient sich Sebastian Kurz bei einem Zitat eines befreundeten EU-Außenministers, den er gestern am Flughafen Schwechat getroffen hat. Österreichs Außenminister ist auf einer heiklen Reise zu jenem al-Sisi, der vor drei Tagen für weltweite Empörung sorgte.

Dass diese Ägypten-Reise heikel wird, darauf war man im Außenministerium in Wien seit Längerem vorbereitet. Dass sie aber so heikel wird, das wurde erst zu Beginn dieser Woche klar: Der 2013 durch einen Militärputsch gestürzte Präsident Mohammed Mursi ist zum Tode verurteilt worden – gemeinsam mit mehr als 100 Mitangeklagten, in einem Prozess, der mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun hatte. Nicht nur Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, auch die USA und EU haben das Vorgehen massiv kritisiert. EU-"Außenministerin" Mogherini spricht von einem Bruch internationalen Rechts.

Genau diese Kritik hat Kurz nun im Gepäck. Nach Gesprächen mit Vertretern von Islam und koptischem Christentum stehen heute zwei schwierigen Treffen an: Kurz wird von al-Sisi und dessen Außenminister Sameh Shoukry empfangen, als erster hoher Vertreter eines EU-Landes nach den Todesurteilen.

"Bedarf an Versöhnung"

"Ägypten hat einen starken Bedarf an Versöhnung, diese Todesstrafen reißen weiter Gräben auf", sagte Kurz. Ägypten müsse sich "frei und friedlich entwickeln". Zugleich betonte er die Bedeutung, die das Land für die Region habe – und damit auch für die EU: "Ein wichtiger Partner im politischen Dialog."

Immerhin kämpft Ägypten an der Seite der USA gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) im Irak und in Syrien und hat kürzlich auch im Nachbarland Libyen Luftangriffe auf angebliche Stützpunkte von Terroristen geflogen. In einer Region, die zunehmend im Chaos versinkt, ist Ägypten ein unverzichtbarer Anker für Stabilität.

Das Militärregime al-Sisi steht aber schon seit der Machtübernahme im Juli 2013 im Brennpunkt internationaler Kritik. Es geht um die brutale Gewalt, mit der das Militär gegen Demonstrationen vorgeht, um Massenverhaftungen und ebenso massenhafte Verurteilungen von Regierungsgegnern und nicht zuletzt um neue Anti-Terrorgesetze, die dem Regime quasi Allgewalt über Medien und politische Parteien geben. Ein politischer Hintergrund, der für die EU jede Partnerschaft heikel macht.

Debatte in Berlin Auch in Berlin stellt man sich auf heikle Begegnungen mit al-Sisi ein. Bundespräsident Gauck und Kanzlerin Merkel wollen den Ex-General bei dessen Berlin-Besuch im Juni treffen. Parlamentspräsident Lammert hat eine Begegnung abgesagt. Begründung: Menschenrechtsverletzungen.

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