Eskalation in der Karibik? Welche Folgen die US-Militäroperation haben könnte

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Drogenkrieg oder Regimewechsel? Welche Szenarien im Konflikt zwischen den USA und dem Maduro-Regime in Venezuela wahrscheinlich sind.

Von Tobias Käufer aus Buenos Aires

"Heute kündige ich die Operation SOUTHERN SPEAR an", lautet der Post von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth. Die Mission verteidige  "unser Heimatland, beseitigt Drogenterroristen aus unserer Hemisphäre und schützt unser Heimatland vor den Drogen, die unsere Bevölkerung töten. Die westliche Hemisphäre ist Amerikas Nachbarschaft – und wir werden sie schützen." Eine eindeutige Warnung an die Drogenhändler, die versuchen würden, das amerikanische Volk zu vergiften.

Was das bedeutet, ist nahezu jeden Tag auf dem offenen Meer zu beobachten: Bis zum Anfang vergangener Woche hatte das US-Militär bereits insgesamt 19 mutmaßliche Drogenboote attackiert, dabei sollen 76 Menschen auf offenem Meer getötet worden sein. Anfangs stammten die Boote offenbar ausschließlich aus Venezuela, inzwischen wird nach Erkenntnissen der Washington Post auch vor der mexikanischen Küste vor Acapulco oder im Pazifik auf Boote aus Kolumbien Jagd gemacht. Großbritannien hat nach einem Bericht von CNN einen Teil des Informationsaustauschs mit den USA aufgrund von Bedenken hinsichtlich Attacken auf die Drogenboote in der Karibik ausgesetzt. Offenbar scheut London mögliche juristische Konsequenzen wegen des völkerrechtlich umstrittenen Vorgehens der Amerikaner.

Inzwischen ist auch die USS Gerald R. Ford in der Karibik angekommen. Der 13 Milliarden US Dollar teure Koloss ist eine schwimmende Machtdemonstration der USA. Die Präsenz des größten Flugzeugträgers der Welt wirft die Frage auf, wie es nun in der Karibik weitergeht. Der ehemalige spanische Ministerpräsident José María Aznar glaubt: "Es geht nicht nur darum, den Drogenhandel zu bekämpfen, sondern einen Regimewechsel in Venezuela herbeizuführen“.

Drei Szenarien

"Das Regime von Nicolas Maduro steht für eines der brutalsten linksextremen Diktaturen in Lateinamerika. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watsch, Amnesty International oder das zuständige Büro der Vereinten Nationen machen Maduro für außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Mord verantwortlich. In den letzten zehn Jahren in denen Maduro zwei Wahlniederlagen zu Wahlsiegen fälschte oder ignorierte, haben acht Millionen Menschen Venezuela verlassen und die größte Migrationsbewegung des laufenden Jahrhunderts in der Region ausgelöst.

Nun erheben die Amerikaner den Vorwurf, Maduro sei der Kopf des Drogenkartells Soles, erklärten diese Gruppierung zu einer terroristischen Organisation und setzten 50 Millionen US Dollar als Kopfgeld auf die Ergreifung Maduros aus. Mit der Ankunft der USS Gerald R. Ford stellt sich die Frage, wie es nun weitergeht. Denkbar sind vor allem drei Szenarien:

  • Politik der Nadelstiche

Vom Flugzeugträger aus, der bis zu 75 Flugzeugen Platz findet, starten die USA Einsätze gegen Ziele in Venezuela. Denkbar wären Attacken auf militärische Einrichtungen, aber auch der Versuch gezielt Führungsfiguren des venezolanischen Regimes auszuschalten. Gleichzeitig hoffen die Amerikaner darauf, dass sich das venezolanische Volk erhebt und das Regime aus dem Amt jagt. Venezuelas Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Maria Corina Machado stellt sich ausdrücklich hinter die US-Strategie und spricht von entscheidenden Stunden, die vor Venezuela liege. Maduro habe den Krieg begonnen, Trump werde ihn beenden, sagt Machado.

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Streitkräften Venezuelas veröffentlichten ein Foto von einem in Russland hergestellten Buk M2E-Raketensystem.

  • Invasion

Eine Invasion von amerikanischen Truppen gilt als unwahrscheinlich. Zwar gilt die venezolanische Armee als hoffnungslos unterlegen, doch im Land sind auch kolumbianische Guerillagruppen aktiv, die kampf- und kriegserprobt sind und sich über den Drogenhandel finanzieren. Sie gelten als loyal gegenüber Maduro. Das macht eine Invasion für die Amerikaner zu einem schwer kalkulierbaren Risiko. Ob die Trump-Administration bereit ist, Bodentruppen einem solchen Risiko auszusetzen, bleibt abzuwarten

  • Guerillakrieg

Maduro hat inzwischen die Mobilisierung aller seiner Streitkräfte an. Reuters will erfahren haben, Venezuelas Armee bereite im Falle eines amerikanischen Angriffs eine "Guerilla“-Strategie, da "wir in einem konventionellen Krieg nicht einmal zwei Stunden überstehen würden“. In diesem Fall gäbe es umgekehrte Nadelstiche von der venezolanischen Seite.

 Großer Aufmarsch, wenige Optionen

Mit der zahlenmäßig starken militärischen Präsenz vor Ort haben die USA eine große Erwartungshaltung geschaffen. Eine große Mehrheit der Venezolaner hofft, dass die Amerikaner das Maduro-Regime zu fallen bringen. Auch in den USA erwarten die Trump-Anhänger nun irgendeine Aktion. Einfach wieder abziehen, wird so einfach nicht gehen. Ob es gelingt das Maduro-Regime zu stürzen, bleibt abzuwarten.

Bislang hat sich der politische Überlebenskünstler Maduro immer retten können. Zudem würden Bilder von getöteten venezolanischen Zivilisten, die es bei Kollateralschäden unweigerlich geben würde, zumindest in Lateinamerika durchaus Solidaritätseffekte mit Maduro auslösen und die Rechtmäßigkeit der Angriffe in Frage stellen. Der Schlüssel für einen Erfolg des Kampfes gegen die Maduro-Diktatur liegt bei den Venezolanern selbst. Gehen sie trotz der massiven Repression und Gewaltandrohung in Massen auf die Straße, könnte es einen Dominoeffekt geben an dessen Ende Maduro kippt.

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