Auch Hilfsorganisationen sollen Nordkorea verlassen

Nach den Botschaften hat Pjöngjang nun auch den Hilfsorganisationen im Land die Ausreise empfohlen.

Die nordkoreanische Regierung hat auch ausländischen Hilfsorganisationen nahe gelegt, das Land zu verlassen. Bei einem Treffen auf Einladung des Außenministeriums in Pjöngjang seien am Freitag nicht nur Diplomaten, sondern auch Vertreter internationaler Organisationen gebeten worden, eine Ausreise "ernsthaft zu prüfen", sagte der Programmmanager der Welthungerhilfe für Nordkorea, Gerhard Uhrmacher, der Deutschen Presse-Agentur.

"Wir haben die Feldbesuche, also die Fahrten in die Projekte im Land, zunächst einmal suspendiert", sagte Uhrmacher. "Wir wissen nicht ganz genau, was tatsächlich passieren könnte. Und darum möchten wir, dass unsere Leute zunächst in der Hauptstadt sind." Für die Welthungerhilfe mit Sitz in Bonn kommt eine Schließung ihrer Vertretung in Pjöngjang zunächst nicht infrage. Die Welthungerhilfe ist seit 16 Jahren in Nordkorea tätig und derzeit die einzige deutsche Hilfsorganisation in dem ostasiatischen Land. Sie führt dort sechs Projekte zur Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung, Abwasserentsorgung und Instandhaltung von Landmaschinen durch. Geleitet werden die Projekte von drei deutschen und einem spanischen Mitarbeiter. Daneben beschäftigt die Welthungerhilfe 30 Nordkoreaner.

Bereits am Freitag war bekannt geworden, dass mehreren Ländern nahe gelegt wurde, ihre Botschaftsmitarbeiter aus Sicherheitsgründen aus Pjöngjang abzuziehen. Bisher ist kein Land darauf eingegangen.

USA verschieben Raketentest

Aufgrund der anhaltenden Spannungen mit Nordkorea haben die USA einen in Kalifornien geplanten Raketentest verschoben. Der eigentlich für die kommende Woche angesetzte Test einer Interkontinentalrakete des Typs "Minuteman III" auf dem Vandenberg-Luftwaffenstützpunkt im US-Bundesstaat Kalifornien werde auf kommenden Monat verschoben, sagte am Samstag in Washington ein Vertreter des Verteidigungsministeriums.

Die Verschiebung des Raketentests sei von US-Verteidigungsminister Chuck Hagel angeordnet worden, sagte der Ministeriumsvertreter, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP. Grund für die Entscheidung Hagels seien Befürchtungen, dass der Test "als Zeichen missverstanden werden könnte, dass wir die gegenwärtige Krise mit Nordkorea verschärfen wollen", sagte der Vertreter des Verteidigungsministeriums. "Wir wollen Fehlinterpretationen oder Manipulationen verhindern."

Nordkorea provoziert seit Wochen

Nordkorea reiht seit einigen Wochen immer neue militärische Drohungen insbesondere gegen die USA und Südkorea aneinander. Erst am Donnerstag erklärte die nordkoreanische Armee, ein Atomangriff auf die USA sei genehmigt. Nach Berichten der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap, die sich auf ranghohe Regierungsvertreter in Seoul berief, verlegte Nordkorea inzwischen zwei Mittelstrecken-Raketen an seine Ostküste und installierte sie auf mobilen Abschussrampen. Sie könnten Yonhap zufolge jedes Ziel in Südkorea und Japan und möglicherweise sogar den US-Stützpunkt auf der Insel Guam im Pazifik erreichen. Die USA haben als Reaktion Tarnkappenbomber in die Region verlegt, bemühen sich aber, die Situation nicht weiter anzuheizen.

Schon vor rund drei Wochen ordnete Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un eine Steigerung der Produktion von Artilleriegeschützen und Granaten an. Laut Yonhap geht dies aus einer am Samstag vom nordkoreanischen Fernsehen ausgestrahlten Dokumentation hervor, die den Diktator Mitte März bei einem Treffen mit Arbeitern der Rüstungsindustrie zeige. "Wenn erst der Krieg ausbricht, müssen wir die Schlüsselpositionen des feindlichen Militärs und die Regierungseinrichtungen mit einem schnellen und überraschenden Schlag zerstören", sagte Kim demnach.

Die Lage auf der koreanischen Halbinsel gilt seit dem dritten Atomtest in Nordkorea im Februar als extrem gespannt. Pjöngjang hatte als Reaktion auf die Ausweitung von UN-Sanktionen und südkoreanisch-amerikanische Militärmanöver den Waffenstillstandsvertrag von 1953 aufgekündigt und den "Kriegszustand" im Verhältnis zu Südkorea ausgerufen. Seit den 1950er Jahren befinden sich die Nachbarn formell weiter im Krieg.

Botschaften gewarnt

Am Freitag hatte die nordkoreanische Führung zudem nach Angaben mehrerer Außenministerien die Botschaften in Pjöngjang aufgefordert, eine Evakuierung zu prüfen. Die Botschafter der von einer Warnung Nordkoreas betroffenen EU-Länder trafen einander am Samstag in Pjöngjang. Laut britischer Regierung handelte es sich bei dem Botschafter-Treffen um ein Routinetreffen.

Von den 25 EU-Staaten unterhalten Deutschland, Großbritannien, Schweden, Polen, Rumänien, Bulgarien und Tschechien diplomatische Vertretungen in dem abgeschotteten Land. Österreich hat keine eigene Vertretung in Nordkorea, die Agenden für die "Demokratische Volksrepublik Korea" werden von der Vertretung in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul betreut.

Drohne nach Nordkorea

Nach japanischen Berichten erwägt das US-Militär angesichts der angespannten Lage die Stationierung einer Aufklärungsdrohne in der Krisenregion. Der unbemannte Flugkörper vom Typ "Global Hawk", der in großer Höhe operieren kann, solle auf einem US-Stützpunkt in Japan stationiert werden, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo.

Militärtreffen verschoben

Vor dem Hintergrund der Spannungen auf der koreanischen Halbinsel haben Südkorea und die USA ein für Mitte April in Washington geplantes Militärtreffen vertagt. Ein Sprecher des südkoreanischen Generalstabs sagte am Sonntag, die Entscheidung zur Verschiebung des Treffens sei auf Wunsch Seouls "wegen der derzeitigen besonderen Lage unserer nationalen Verteidigung" getroffen worden.

Bei dem Treffen am 16. April wollten US-Generalstabschefs Martin Dempsey und sein südkoreanischer Kollege Jeong Seung-jo unter anderem ihre Vorgehensweise gegenüber Nordkorea koordinieren. Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap meldete, Seoul befürchte während der Abwesenheit seines Generalstabschefs einen militärischen Übergriff Nordkoreas.

China fordert Dialog

China hat sich "ernsthaft besorgt" über die weitere Eskalation der Korea-Krise gezeigt und alle Beteiligten zum Dialog aufgefordert. China glaube, dass die Spannungen durch Dialog gelöst werden könnten, "egal wie sich die Lage ändert". Das sagte Außenminister Wang Yi in einem Telefonat mit UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, wie ein Ministeriumssprecher am Sonntag in Peking mitteilte. China sei gegen "provozierende Worte und Taten von irgendeiner Partei". Das Land - traditionell ein Verbündeter des stalinistischen Regimes in Pjöngjang - wolle vielmehr den Sechs-Nationen-Dialog mit Nordkorea, den USA, Südkorea, Japan und Russland wieder aufnehmen. Nach Angaben des Sprechers arbeitet die chinesische Botschaft in Pjöngjang normal.

Zwei Mal drohte Diktator Kim Jong Un den USA bereits mit einem Atomschlag. Was, so fragt sich die ganze Welt, führt das Regime in Pjöngjang im Schilde, und wie hoch ist die Kriegsgefahr wirklich? Der KURIER versucht die wichtigsten Fragen der jüngsten Nordkorea-Krise zu beantworten.

Will Nordkoreas Diktator Kim Jong Un Krieg? Gegen wen und warum?

Selbst in den USA, Hauptziel der martialischen Drohungen aus Nordkorea, bleibt man gelassen. Aller Kriegsrhetorik zum Trotz hat Nordkorea auf dem Boden der realen Tatsachen bisher keine militärischen Schritte gesetzt, die einen tatsächlichen Raketenangriff erkennen lassen würden. „Das Risiko gefährlicher Zwischenfälle ist groß“, sagte ein Berater von US-Präsident Obama, „aber die US-Regierung geht davon aus, dass Nordkorea nicht in den Krieg ziehen wird. Das wichtigste und erste Ziel des Regimes in Pjöngjang ist es, sein System zu erhalten.“ Ein Krieg, den Nordkorea nie gewinnen könnte, wäre auch das Ende der Kim-Diktatur.

Warum kämpft das bitterarme Nordkorea darum, Atomwaffen zu besitzen?Seit Jahrzehnten sieht das Regime darin eine Art Lebensversicherung. Als Nuklearstaat , so das Kalkül, sei man vor Angriffen und Invasionen geschützt. Von seiner Atompolitik wird das Regime deshalb trotz aller UN-Sanktionen nicht abrücken.

Warum stößt Nordkoreas Führung immer neue Drohungen aus, was will Pjöngjang wirklich?

Die alljährlichen, bis Ende April dauernden Manöver südkoreanischer und amerikanischer Truppen haben in Pjöngjang schon bisher immer wütende Kriegsrhetorik ausgelöst – nie allerdings so heftig wie derzeit. Zudem wurde Nordkorea heuer mit den bis dato strengsten UN-Sanktionen belegt, was Nordkorea ebenfalls schwer erzürnte. Mit martialischen Gebärden nach außen könnte der erst seit 16 Monaten amtierende Jung-Diktator zudem seine Stellung im Inneren festigen, vermuten Experten in Seoul – zumal es im Vorjahr auch Kritik des allmächtigen Militärs an Kim Jong Un gegeben haben soll. Dieser hatte die Armeespitze abberufen und mit seinen Getreuen nachbesetzt. Südkoreanischen Geheimdienstberichten zufolge ließ der Diktator daraufhin seine Häuser monatelang mit gepanzerten Wagen umstellen und seinen Personenschutz massiv verstärken.

Spüren auch die Nordkoreaner die Spannungen?

Nordkoreas Medien schüren unablässig die Angst vor einer Invasion der „amerikanischen Imperialisten“. Doch daran sind die Menschen gewöhnt. Deutlich zugenommen haben hingegen im Vormonat die Luftschutzübungen für Zivilisten. Teilzunehmen ist Pflicht – auch wenn man dafür stundenlang in eiskalten Bunkern sitzen muss.

Bedeutet die Ernennung eines neuen Premiers ein Signal für Wirtschaftsreformen?

Tatsächlich hatte der nun wieder eingesetzte Ministerpräsident Pak Pong Ju schon einmal erfolgreich Wirtschaftsliberalisierungen durchgesetzt, ehe er wieder abgesetzt worden war. Will Pjöngjang nun aber Reformen angehen, braucht das Land Frieden – und massive internationale Wirtschaftshilfe. Gegen Reformen spricht auch Nordkoreas Blockade seines eigenen, bisher erfolgreichsten Wirtschaftsmodells: Die von Südkorea finanzierte Sonderwirtschaftszone Kaesong ist seit drei Tagen gesperrt. Wird sie, wie Nordkorea nun droht, ganz gesperrt, entgehen dem Regime jährlich Einnahmen von 100 Mio. Dollar.

Gibt es einen Weg, Nordkorea friedlich einzubremsen?

So lange Nordkorea seine selbst gewählte Abschottung von der ganze Welt weiter pflegt, hat nur sein Nachbar China – begrenzten – Einfluss. Über Peking laufen die einzigen noch offenen Finanzflüsse, ohne Chinas Ölexporte würden Nordkoreas Energieversorgung und Industrieproduktion zusammenbrechen. Doch Chinas primäres Interesse an Nordkorea ist eine stabile Nachbarschaft. Maßnahmen, die das Regime in Pjöngjang schwächen oder gar stürzen könnten, wird China nicht setzen.

Eine Schweizer Firma hat 2012 rund 150 Waffen an Nordkorea verkauft, darunter 110 Patronengewehre, 20 Patronenpistolen und 17 Luftpistolen. Das berichtet die Neue Zürcher Zeitung online und beruft sich dabei auf die Handelsbilanz zwischen der Schweiz und Nordkorea für das Jahr 2012. Außerdem wurden Gewehr-, Pistolenteilen und Waffenzubehör verkauft. Das Ganze soll 170 000 Franken gebracht haben. Bei den Waffen handelte es sich um Sportgewehre und Sportpistolen, so die Neue Zürcher Zeitung. Sie seien ausschließlich für sportliche Zwecke und nicht für den militärischen Gebrauch bestimmt gewesen.

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