SPD zittert sich zur „Groko“

Die SPD-Spitze unter Parteichef Sigmar Gabriel stellt einen Forderungskatalog von zehn Punkten auf.
SPD-Chef Gabriel überwindet Widerstand der Linken gegen Große Koalition.

Als am Donnerstag Unions- und SPD-Führung sich auf Koalitionsverhandlungen einigten, galt der SPD-Parteikonvent am Sonntag zu deren Absegnung als Formalakt. Doch der Widerstand von Parteilinken und Basis war hartnäckiger, als es eine rein taktische Verzögerung zur Erhöhung des Eintrittspreises vermuten ließ. Und je lauter die Gegner der „Groko“, wie diese die Große Koalition verächtlich abkürzen, desto riskanter die finale Abstimmung der Genossen nach den Koalitionsverhandlungen.

Der 35-köpfige Parteivorstand hatte zuvor mit nur einer Gegenstimme von der Parteilinken dafür votiert. Und damit auch Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen. Die hat noch Anfang der Woche den Unmut in ihrem Land geschürt: Nach überwiegender Meinung der Hauptstadtpresse aus Taktik, um ihre Position gegenüber Parteichef Sigmar Gabriel zu stärken, dessen Schicksal am Zustandekommen der Großen Koalition hängt.

Mit dem Rückenwind Krafts versuchte die Parteilinke die Hürden für die zweite Koalition mit der Union von CDU-Chefin Merkel zu erhöhen. Schon die zehn „Kernpunkte“ des Parteivorstandes dafür lasen sich wie das Wahlprogramm der Sozialdemokraten, vermindert nur um die zwei Hauptforderungen von Steuererhöhungen und der Abschaffung des Kindergelds für nicht arbeitende Mütter.

Die Parteilinke wollte beide wieder zur Bedingung machen und weitere erheben. Deshalb mahnten Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig, dass die SPD dafür keine Mehrheit sondern den Auftrag von gerade 18 Prozent der Wahlberechtigten habe.

„Entweder der von uns versprochene Politikwechsel oder Opposition“, blieb der Tenor trotzdem in den sozialen Medien, wo die Linke einen Sturm auf die Seiten der Parteiführung, besonders von Gabriel, inszenierte. Höhnisch verwies die Basis auf seine und des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück Wahlkampfversprechen, in denen sie die Koalition mit Merkel ausgeschlossen hatten: „Nichts von dem, was Deutschland jetzt braucht, kann man mit Merkel umsetzen“, habe Gabriel vor gerade vier Wochen getönt.

Mindestlohn-Trophäe

Der Konvent der 235 Delegierten in der SPD-Zentrale in Berlin am Sonntag begann mit einer Stunde Verspätung. Weil die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, blieb offen, ob Gabriel und seine Leute nicht nur die programmatische Trophäen wie den „flächendeckenden einheitlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde“ bieten würden, sondern auch personelle. Das wäre etwa Merkels bisher streng vertrauliches Angebot, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Euro-Agenda wegzunehmen und einem SPD-„Super-Wirtschaftsminister“ zu geben.

Nach drei Stunden Beratung votierte der Konvent aber doch mit nur 35 Gegenstimmen für die Verhandlungen mit Merkels Union – ein klarer Erfolg Gabriels.

Allerdings regt sich inzwischen auch bei der Wirtschaft Widerstand: Der Wirtschaftsflügel opponiert verstärkt gegen den Mindestlohn und beruft sich auf die Warnung aller Wirtschaftsforscher vor massiven Arbeitsplatzverlusten.

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