Trumps Rolle in der Katar-Krise

Trump und der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani.
Kurswechsel: Zuerst lobte der US-Präsident den Boykott gegen Katar, nun ist er um eine Einigung bemüht und rief den saudi-arabischen König an.

Eigentlich wollte Donald Trump seine ersten Auslandsreisen im Mai nutzen, um sich als Staatsmann zu profilieren. Er sollte als Vermittler, vielleicht sogar Friedensstifter in die USA zurückkehren. Stattdessen wickelte er in Saudi-Arabien Waffengeschäfte ab. Und mischte sich in die angespannte Lage im Nahen Osten ein, die er zuletzt mit ein paar Tweets anheizte. Aber alles der Reihe nach.

Am 20. Mai wurde der US-Präsident mit seiner Frau Melania in Riad von König Salman bin Abdelaziz Al-Saud begrüßt - und nicht nur mit allergrößtem Pomp und maximaler medialer Begleitung empfangen, sondern gleich drei Tage hofiert. Später war zu hören, wie der König mit Trump über den Krieg in Syrien sprach. Die Männer tauschten Tweets aus - Trump erklärte wie toll es sei, in Riad zu sein, während Salman davon schrieb, wie der Besuch die strategische Zusammenarbeit der beiden Staaten stärken werde. Und wie der saudische König wetterte auch der US-Präsident gegen den Iran und versprach den Saudis zugleich Waffengeschäfte in ungekannter Milliardenhöhe.

Waffen für Saudi-Arabien ...

Dem Versprechen ließ er auch Taten folgen: Am Nachmittag des ersten Tages seiner Visite unterzeichnete Trump eine Absichtserklärung für einen Deal über 110 Milliarden Dollar (knapp 100 Milliarden Euro). Über einen Zeitraum von zehn Jahren soll Riad Waffen im Wert von etwa 350 Milliarden Dollar aus den USA kaufen. Es handelt sich damit um einen der größten Waffendeals zwischen beiden Ländern. US-Außenminister Rex Tillerson sieht das mit Saudi-Arabien abgeschlossene Waffengeschäft vor allem als Nachricht an den saudischen Erzrivalen Iran. Es sende "eine starke Botschaft an unseren gemeinsamen Feind", sagte Tillerson bei einer Pressekonferenz mit seinem saudischen Kollegen Adel al-Dschubair. Und Trump selbst: "Das war ein riesiger Tag. Riesige Investitionen in die Vereinigten Staaten. Hunderte Milliarden Dollar Investitionen in die Vereinigten Staaten und Jobs, Jobs, Jobs", sagte er nach Angaben von mitreisenden Journalisten.

Apropos Sicherheit. Trump wollte bei seinem Besuch mit den islamischen Staaten auch eine Allianz gegen den Terrorismus schmieden. "Islamische Staaten müssen ganz vorne stehen im Kampf gegen Radikalisierung", sagte Trump beim US-islamischen Gipfel in Riad. Gleichzeitig betonte er: "Wir sind nicht hier, um gute Ratschläge zu erteilen." Vielmehr böten die USA in dieser "Schlacht zwischen Gut und Böse" ihre Partnerschaft an. Das Übel des Terrorismus könne nur gemeinsam überwunden werden. Die arabischen Staaten müssten sicherstellen, "dass Terroristen keinen sicheren Ort auf ihrem Staatsgebiet finden", sagte der US-Präsident.

... und für Katar

Was Trump bis zuletzt aber nicht erwähnte, ist, dass er auch Katars Emir, Scheich Tamim Bin Hamad Al-Thani, bei einem Treffen der beiden in Riad als "langjährigen Freund" lobte und mit ihm vor allem über ein Thema sprechen wollte: den Kauf von "jeder Menge wunderschöner militärischer Ausrüstung". Und hier wird es kompliziert. Denn, dass die Golfmonarchien entlang religiöser, ethnischer, politischer und weltanschaulicher Konflikte gespalten sind, vergaß der Präsident bei seinen Rüstungsdeals.

Zuletzt vertrat Saudi-Arabien seine Außen- und Militärpolitik wesentlich aggressiver. Und hat den Anspruch, im Nahen Osten allein die dominante Macht zu sein.

Das bekam nun das Golf-Emirat Katar zu spüren. Saudi-Arabiens Nachbar, reich an Gas, doch von der Fläche ungefähr so groß wie Oberösterreich. In einer konzertierten Aktion brachen die Ölmonarchie und seine Verbündeten Bahrain, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate am Montag, 5. Juni, alle Kontakte zu Katar ab - ein diplomatischer Affront und eine Strafmaßnahme, die die Region in eine tiefe Krise stürzt.

Begründet wurde dies unter anderem mit Verbindungen Dohas zu "Terrororganisationen". Zuletzt schlossen sich auch Jordanien und Mauretanien dem Boykott Katars an. Jordanien kündigte unter anderem an, die Lizenzen für den Ableger des katarischen Nachrichtensenders Al-Jazeera in Amman zu entziehen.

Und Trump? Aus Washington kamen am Montag zunächst neutrale Worte. Der Präsident wolle mit allen Beteiligten sprechen, um die Lage zu beruhigen, teilte das Weiße Haus mit. Die USA sind mit allen Konfliktparteien eng verbündet. In Katar befindet sich der größte US-Militärstützpunkt in der Region. Auf der Luftwaffenbasis Al-Udeid sind mehr als 10.000 US-Soldaten stationiert. Am Dienstag legte das US-Staatsoberhaupt aber nach und schlug sich eindeutig auf die Seite Saudi-Arabiens. "So gut zu sehen, dass sich der Saudi-Arabien-Besuch beim König und 50 Ländern schon auszahlt", twitterte er. Alle Hinweise dort hätten auf Katar gedeutet. "Vielleicht wird das der Anfang vom Ende des Terrorhorrors sein."

Überraschender Kurswechsel

Dienstagabend dann der Kurswechsel: Trump bemüht sich um eine Einigung. In einem Telefonat mit dem saudi-arabischen König Salman habe er die Notwendigkeit der Einheit der Golfstaaten betont, teilte das Weiße Haus in Washington mit. Die beiden hätten darüber gesprochen, dass die Finanzierung von Terrororganisationen und die Förderung des Extremismus durch alle Nationen in der Region verhindert werden müsse. Trump bekräftigte in dem Gespräch demnach, dass ein einheitlicher Golfkooperationsrat unabdingbar für die Bekämpfung des Terrorismus und die Förderung regionaler Stabilität sei.

"Fake News" als Auslöser

Der US-Sender CNN berichtete unterdessen unter Berufung auf US-Geheimdienstmitarbeiter, russische Hacker hätten eine "Fake News"-Geschichte bei der staatlichen Nachrichtenagentur Katars platziert, die Saudi-Arabien und andere Staaten zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Katar veranlasst habe. Dem Medienbericht zufolge reisten Experten der US-Bundespolizei FBI Ende Mai nach Katar, um den mutmaßlichen Cyberangriff zu untersuchen. Saudi-Arabien habe die gegen Katar verhängte diplomatische und wirtschaftliche Blockade dann teilweise mit dem falschen Bericht begründet.

Laut CNN gab die Regierung Katars an, dass der Medienbericht vom 23. Mai falsche Informationen hinsichtlich der katarischen Führung beinhaltete, die dem Iran und Israel gegenüber freundlich schienen. Überdies soll in dem Bericht in Frage gestellt worden sein, ob sich Trump im Amt halten könne. Katars Außenminister Scheich Mohammed Bin Abdulrahman al-Thani sagte CNN, das FBI habe den Hackerangriff und die "Fake News"-Geschichte bestätigt. "Was auch immer an Vorwürfen laut geworden ist, alles basiert auf Fehlinformationen", sagte er dem US-Sender.

Russland dementiert Hacks

Moskau hat indessen den Vorwurf zurückgewiesen, dass Russen die katarische Nachrichtenagentur gehackt hätten, um damit die Krise auf der arabischen Halbinsel zu provozieren. Er sei es Leid, immer auf solche "Banalitäten" reagieren zu müssen, für die es "keinen Beweis" gebe, sagte Andrej Krutskich, Putins Berater für Cybersicherheit, der Agentur Interfax.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief laut Elysee-Palast zur "Einheit und Solidarität" zwischen den Golfstaaten auf und zur Unterstützung "aller Initiativen, die eine Beruhigung begünstigen". Es sei wichtig, "die Stabilität in der Region zu erhalten". Die Krise um Katar könnte weitreichende Folgen im gesamten Nahen Osten haben und sich auch auf westliche Interessen auswirken. In dem Golf-Emirat befindet sich die größte US-Militärbasis im Nahen Osten. Sie gilt als bedeutend für den US-geführten Kampf gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS).

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