„Jeder Bürger zahlt seinen EU-Beitrag selbst“

Prominenter Wahlkampfhelfer der NEOS: Liberalen-Chef Verhofstadt
Der Vorzeige-Liberale Guy Verhofstadt bei NEOS zu Gast.

Ein politisches Schwergewicht, der Vorsitzende der Liberalen Fraktion im Europäischen Parlament und Belgiens Ex-Premier Guy Verhofstadt, hat am Freitag für das Wahlbündnis NEOS und das Liberale Forum in Wien geworben. Dem KURIER gab er vorab ein Interview.

KURIER: Herr Verhofstadt, warum haben sich Liberale in Österreich bisher nicht durchgesetzt?

Guy Verhofstadt: Seit Dekaden beherrschen SPÖ und ÖVP die Politik. Der Liberalismus wurde von der FPÖ in Geiselhaft genommen. Jetzt gibt es eine neue Chance für Österreichs Liberale.

Warum sollte jemand eine liberale Partei wählen?

Weil wir mit Reformen im Bildungs-, Pensions- und Wirtschaftsbereich den Jungen eine Zukunft geben. Weil wir die stärkste pro-europäische Kraft sind. Wir können die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie die hohe Arbeitslosigkeit nur mit mehr Integration lösen.

Die EU ist doch in einem jämmerlichen Zustand ...

Die Krise hat gezeigt, dass die EU kein nachhaltiges, funktionierendes System ist. Die Errungenschaft, wie Frieden in Europa, ist wichtig, für Junge reicht es aber nicht mehr. Wir leben in einer Welt mit Supermächten – die USA, China, Indien und einige andere – da kann ein kleiner Nationalstaat nichts mehr ausrichten. Entweder wir machen den großen Sprung nach vorne oder wir verlieren und müssen das europäische Projekt aufgeben. Die Vereinigten Staaten von Europa sind nötig. Anfang 2015 soll ein neuer Konvent zur Reform der EU starten.

Was schlagen Sie vor, um die EU zu retten und zu stärken?

Europäische Listen bei der EU-Wahl, eine europäische Armee und die direkte Finanzierung der EU durch die Bürger. Nicht eine nationale Regierung überweist den Mitgliedsbeitrag nach Brüssel, so wie bisher, sondern jeder Bürger zahlt selbst seinen Beitrag an Brüssel. Das schafft mehr Kontakt mit der EU und mehr Kontrolle.

Sie meinen eine EU-Steuer?

Nein. Es geht um den Betrag, den Länder auch jetzt bezahlen, nämlich ein Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes. Dabei soll es bleiben.

Werden Sie Spitzenkandidat der Liberalen bei der EU-Wahl?

Das ist möglich. Die Partei entscheidet das Anfang 2014.

Welche Rolle spielt die EU im Syrien-Konflikt?

In keiner außenpolitischen Frage gibt es in der EU eine Gemeinsamkeit. Assad muss ausgeschaltet werden. Er ist ein Diktator. Human Rights Watch sagt, dass seine Soldaten Giftgas eingesetzt haben. Meine Angst ist, dass eine politische Lösung, die Kontrolle der Chemiewaffen, die Botschaft an Assad ist, du kannst weiter töten, aber nur nicht mit chemischen Waffen. Das ist eine zynische Haltung. Vielleicht braucht es eine Militäraktion, um eine Lösung zu erreichen.

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