Konservative wieder an der Macht

Die Regierungspartei erlitt bei der Parlamentswahl eine schwere Niederlage - Hardliner Abe wird erneut Premier.

Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Japan hat die Demokratische Partei (DPJ) von Regierungschef Yoshihiko Noda ersten Prognosen zufolge eine klare Niederlage erlitten. Die Liberaldemokraten (LDP) des früheren Ministerpräsidenten Shinzo Abe hätten bei dem Urnengang am Sonntag bis zu 310 der 480 Parlamentssitze errungen, berichteten mehrere Fernsehsender nach Schließung der Wahllokale unter Berufung auf Nachwahlbefragungen.

Den Prognosen zufolge kam die DPJ nur auf 55 bis 77 Sitze. Die mit der LDP verbündete Komeito-Partei konnte den Nachwahlbefragungen zufolge mit 27 bis 35 Mandaten rechnen. Alle Sender waren sich einig, dass die LDP drei Jahre nach ihrer Abwahl an die Macht zurückkehren wird. Die LDP war in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg fast durchgehend an der Macht gewesen war.

Bei den Wahlen 2009 hatte die DPJ bei einem historischen Wahlsieg 308 Mandate errungen. Die DPJ-Regierung erfüllte aber auch nicht die in sie gesetzten Erwartungen und verfing sich wie ihre Vorgänger in internen Machtkämpfen und Affären. Die Legislaturperiode wurde vor allem geprägt durch die Tsunami- und Erdbebenkatastrophe von März 2011.

Außenpolitischer Hardliner

Das Comeback des außenpolitischen Hardliners Shinzo Abe (58) als Ministerpräsident Japans bedeutet für seine Kritiker einen Rückfall in eine alte Ära. Selbst für viele in seiner eigenen Liberaldemokratischen Partei LDP kam die Wahl als Parteichef überraschend, wenn nicht als Schock. Denn der eigentliche Favorit war der als moderat geltende Ex-Verteidigungsminister Shigeru Ishiba.

Die Rückkehr des Atombefürworters Abe zeigt, dass in der LDP das rechte Lager dominiert. Die LDP ist jene Partei, die Japan zum Schuldenstaat machte und verantwortlich ist für eine Atompolitik, bei der jahrzehntelang Sicherheitsfragen vernachlässigt wurden. Dennoch hält sie weiter an der Atomkraft fest.

Skandale

Abes erste Amtszeit war alles andere als glanzvoll. Skandale um seine Minister, von denen gleich mehrere zurücktraten und sich einer umbrachte, ließen Zweifel an seinen Führungsqualitäten aufkommen.

Sein plötzlicher Rücktritt 2007 nach nur einem Jahr im Amt wegen stressbedingter Verdauungsstörungen stieß damals auf breite Kritik und ließ Abe als schwach erscheinen.

Kritikern gilt Abe als rechter Populist, der sein Fähnchen gern in den Wind hängt. Andere billigen ihm jedoch zu, pragmatisch zu handeln. Seine anfängliche Popularität hatte sich Abe mit seiner harten Haltung gegenüber Nordkorea in der Frage der Entführung von Japanern in den 70er und 80er Jahren erworben. Als Pjöngjang 2006 Raketen testete, regte Abe an, über einen Erstschlag gegen nordkoreanische Raketenbasen nachzudenken.

Zu Beginn seiner damaligen Amtszeit hatte Abe zunächst eine Annäherung an China und Südkorea versucht, nachdem die Beziehungen zu den Nachbarstaaten unter seinem Vorgänger stark gelitten hatten.

Abe unterließ damals einen Besuch im umstrittenen Yasukuni-Schrein für Japans Kriegstote, in dem auch Kriegsverbrecher geehrt werden. Das bedauert Abe jedoch später.

Sexsklaverei

2007 sorgte Abe für einen internationalen Aufschrei, als er es ablehnte, die vom japanischen Militär im Zweiten Weltkrieg erzwungene Sexsklaverei anzuerkennen und sich dafür zu entschuldigen. Als Premier setzte er damals eine Erziehungsreform durch, um den Kindern wieder verstärkt Vaterlandsliebe zu vermitteln. Ein Thema, mit dem er jedoch an den Interessen des größten Teils seiner Bevölkerung vorbeizielte.

Im aktuellen Inselstreit mit China profiliert sich Abe als Hardliner und unerbittlicher Beschützer seines Landes. Abe ist für eine Revision der pazifistischen Verfassung von 1946, bei der die Amerikaner Feder führten. Er will Japan an der Seite der Schutzmacht USA militärisch und außenpolitisch wieder zu einer auf der internationalen Bühne selbstbewussten, starken Nation machen.

Abe will auch die Selbstverteidigungsstreitkräfte stärken. Er befürwortet das Recht auf kollektive Selbstverteidigung, also in Konflikten für einen Verbündeten - wie die USA - zu kämpfen, selbst wenn Japan nicht direkt angriffen wird.

Abes Großvater Nobosuke Kishi war nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten als mutmaßlicher Kriegsverbrecher verhaftet worden; ein Prozess wurde ihm nie gemacht. 1957 wurde er dennoch Ministerpräsident. Sein Enkel Abe wird nun der zweite japanische Politiker der Nachkriegszeit nach Shigeru Yoshida sein, der ein zweites Mal das Amt des Regierungschefs übernimmt.
 

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