Jamaika-Koalition: Das sind die Hürden

Katrin Göering-Eckardt und Cem Özdemir.
Neben der "Obergrenze light" gibt es noch weitere Knackpunkte für Grüne, FDP und Union.

Mal wechselhaft, bewölkt – mitunter ziehen gewaltige Stürme über die Karibikinsel. Ob die Grünen den Trip nach Jamaika – dem Bündnis aus Union, Ökos und der FDP – wagen oder in gewohnten Gefilden bleiben, wird sich ab Mittwoch kommender Woche entscheiden, wenn die Gespräche starten.

Bevor die Planung losgeht, haben gestern zwei Partner, CDU und CSU, schon Sonderwünsche kundgetan: Maximal 200.000 Flüchtlinge sollen jährlich aufgenommen werden. Während die liberale FDP damit einen gute Grundlage für Sondierungsgespräche sieht, stoßen sich die Grünen an Details: Der Kompromiss enthalte "Punkte, die wir bisher klar abgelehnt haben", darunter weitere sichere Herkunftsländer und Abschiebe-Einrichtungen, sagte Parteichefin Simone Peter. Zuvor twitterte sie noch empört: "Wir lassen uns nicht zum Spielball der Union in der Asylfrage machen." Den Parteilinken spricht sie aus der Seele – sie mahnten kürzlich zur Vorsicht vor einem Jamaika-Deal: Die Partei dürfe ihr Profil nicht verlieren.

Bei anderen Ökos ist die Hemmschwelle deutlich geringer. Bereits vor Jahren stellten sie die Weichen in Richtung Regierungsbeteiligung und warfen Prinzipien über Bord. Etwa als die einstige Friedenspartei 1999 zum Ja für den Einsatz im Kosovo und 2001 für jenen in Afghanistan stimmte – um in der Koalition zu überleben.

Nun steht die Partei wieder an einem Punkt, der als Chance und Zerreißprobe gesehen wird. Um künftig mitregieren zu können, werden die Ökos streiten müssen. Nicht nur um die Flüchtlingsfrage, auch um die Zukunft der Verbrennungsmotoren. Geht es nach den Grünen, sollen ab 2030 alle Neuwagen abgasfrei sein. Die CSU will aber am Diesel festhalten und fühlt sich den bayrischen Autobauern verpflichtet. Es muss ein Kompromiss gefunden werden, der auch den Liberalen gefällt, sie lehnen Quoten, Subventionen und Verbote ebenso ab. Auch die Kohlefrage ist ein heikler Punkt. Während die Ökos Kraftwerke gleich vom Netz nehmen wollen, will die FDP dabeibleiben. Die Union liegt in der Mitte und befürwortet ein Ende der Braunkohle.

Weit steht man auch in puncto Europapolitik auseinander. Die FDP will Griechenland nicht in der Eurozone halten, pocht auf "finanzpolitische Eigenverantwortung aller Staaten". Geld gibt es nur gegen strikte Auflagen. Die Grünen seien ebenfalls nicht für bedingungslose Zahlungen, aber für ein solidarisches Investitionsprogramm in Europa.

Wo man sich näher steht: Alle vier Verhandler streben eine Bildungsoffensive an, wollen in Digitalisierung investieren und sind für ein Einwanderungsgesetz. Ein Jamaika-Trip wäre also schaffbar – Garantie für gute Stimmung gibt es nicht.

Kommentare