Italien: Absturz von "Schreihals Grillo"

Immer noch wortgewaltig: Doch mehr als Provokationen und Schimpfkanonaden hat Grillo nicht zu bieten.
Die "Fünf-Sterne-Bewegung" des Komikers und Provokateurs zerfällt rasant.

Ich bin ein bisschen müde" – mit diesem Bekenntnis lässt der Gründer der Fünf-Sterne-Protest-Bewegung, Beppe Grillo, auf seinem Blog (www.beppegrillo.it) aufhorchen. Der Ex-Komiker schlägt fünf enge Vertraute vor, die künftig als Führungsteam seiner Partei fungieren sollen. Doch er stellt auch klar, dass er weiterhin "Garant" der von ihm gegründeten Bewegung bleiben wolle.

Grillos Kritiker reiben sich die Hände und verkünden bereits den Untergang des "Schreihalses" samt seines "MoVimento 5 Stelle" (M5S). Vom "Ende der Internet-Demokratie" ist die Rede. Grillo-Kenner vermuten hingegen einen "Gag" oder einen "Hilfeschrei" hinter dem vermeintlichen Rückzug des 66-jährigen Genuesen.

"Zweitklassiger Gag"

"Ich würde diesen Fast-Rückzug einen zweitklassigen Gag nennen. In der Zwischenzeit hat er schon wieder einen Rückzieher vom Rückzieher gemacht. Die Angst einer Niederlage treibt Alleinherrscher Grillo in die Verzweiflung", beobachtet der M5S-Kenner Francesco. "Die ,5 Weisen‘ sind nichts anderes, als was sie bisher waren, nämlich Statisten. So lange Schreier nur schreien und nicht bestimmen, sollen sie ruhig schreien. Würden sie aber die Macht zum Regieren bekommen, wäre es wohl anders. Das hat uns schon einmal ein bestimmter ,Adolf‘ gezeigt. Inzwischen haben selbst Grillos Anhänger verstanden, dass das zu einer Diktatur führen würde", so der erfahrene politische Beobachter.

Der wortgewaltige Polemiker provoziert bewusst mit Ausländerfeindlichkeit: Flüchtlinge sollen rigoros zurückgeschickt werden. Laut Grillo dürfen Kinder mit ausländischen Eltern nicht die italienische Staatsangehörigkeit bekommen, auch wenn sie in Italien geboren wurden. Ironie dabei: Grillos Ehefrau ist die Tochter eines Iraners. Auch Hetze gegen Roma und Sinti gehören zum Programm.

Populistische Parolen, Verschwörungstheorien, Schimpfwörter – das Beliebteste: "Vaffanculo" (Leck mich am A…) – prägen den Stil des Ex-Komikers. Die bewusst eingesetzte Körpersprache, die Grillo nach einer Schauspielausbildung gut beherrscht, sowie seine Forderung nach Auflösung der Gewerkschaften erinnern an Italiens Faschisten.

Autoritärer Stil

Das improvisierte M5S-Parteiprogramm bezeichnet der Unternehmer, Blogger und ehemalige Grillo-Wähler Donato Didonna als "explosive Mischung aus vernünftigen, fragwürdigen und nicht umsetzbaren Vorschlägen". Ein Verdienst Grillos sei es jedoch, dass es ihm gelungen sei, viele junge Leute, die von der herkömmlichen Politikerkaste nichts mehr wissen wollten, wieder für Politik zu interessieren, so Didonna.

Grillos autoritärer, bisweilen despotischer Führungsstil erstickt jegliche parteiinterne Diskussion. Wer es wagt, Grillo zu kritisieren, fliegt aus der Bewegung. Für Unmut sorgte zuletzt der Ausschluss von zwei M5S-Abgeordneten. Sie wurden per Internet-Abstimmung aus der populistischen Bewegung verbannt, weil sie angeblich einen Teil ihres Abgeordnetengehalts nicht der Partei überlassen hätten. Die beiden Beschuldigten wiesen die Vorwürfe vehement zurück.

Seit ihrem Einzug ins Parlament – nach dem überraschenden Wahlsieg im Februar 2013 – hat die Fünf-Sterne-Gruppierung 20 von insgesamt 143 "Grillini"-Abgeordneten verloren. Nach der Schlappe vor einer Woche bei den Regionalwahlen in der Emilia Romagna und in Kalabrien gerät die Protestbewegung noch stärker unter Druck. Bei landesweiten Wählerumfragen liegt Grillo seit Längerem weit abgeschlagen.

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