Israel-Wahl: Netanyahu knapp vorne

Das rechte Bündnis Likud-Beitenu ist erneut stärkste Kraft im Land - trotz Verlusten.

Es war der prognostizierte Sieg, doch er fiel ganz bitter aus: Israels Premier Benjamin Netanyahu und sein Likud-Block gingen im Wahlbündnis mit Ex-Außenminister Avigdor Lieberman („Unser Haus Israel“) bei den Parlamentswahlen am Dienstag zwar als Erste durchs Ziel und errangen nach offiziellen Angaben nur 31 der 120 Sitze in der Knesset. Allerdings: Das bedeutet einen Verlust von elf Sitzen. Damit kam Netanjahu und Lieberman jeder vierte Wähler abhanden. Eine neuerliche Regierungsbildung wird äußerst schwierig.

Die wahren Sieger

Die Überraschung schlechthin lieferte die erst im Vorjahr gegründete liberale Partei des früheren TV-Journalisten Yair Lapid. Mit seiner Gruppierung „Es gibt eine Zukunft“ schaffte er aus dem Stand den Sprung auf den zweiten Platz und dürfte mit 19 Mandaten knapp ein Sechstel der Parlamentssitze einnehmen. Und auch die neu formierte Arbeitspartei konnte ein sensationelles Comeback verbuchen. Unter der Führung von Shelly Yacimovich kommt sie auf 15 Mandate.

Einen Achtungserfolg landete der politische Senkrechtstarter Naftali Bennett. Der Spitzenkandidat der ultra-rechten, national-religiösen Partei „Jüdisches Heim“ durfte mit rund einem Dutzend Mandate rechnen. Der erst 40-jährige Selfmade-Millionäre war einst im Stab Netanyahus, ehe er seine eigenen Wege ging und bei diesem Urnengang den vierten Platz errang.
Ex-Außenministerin Tzipi Livni kam mit ihrer ebenfalls neu ins Leben gerufenen Partei „Bewegung“ auf sechs Parlamentssitze, genauso viele wie die erstarkte links-liberale Meretz-Partei.

In der Knesset wird es damit ein Patt zwischen dem religiösen rechtsnationalistischen Lager und Parteien der politischen Mitte und links davon sowie der arabischen Parteien geben: beide verfügen über je 60 Mandate. Als Chef des stärksten Blocks dürfte Netanyahu jedoch die Regierungsbildung übernehmen.

Last-Minute-Appell

Der Premier dürfte schon im Laufe des Wahltages vom drohenden Verlust vieler Likud-Stimmen erfahren haben. In einem beispiellosen, dramatischen Appell kurz vor Schließung der Wahllokale richtete er sich via Facebook nochmals an potenzielle Sympathisanten: „Die Regierung des Likud ist in Gefahr, lasst bitte alles stehen und liegen und wählt uns.“ Doch die Last-Minute-Aktion kam offenbar zu spät.

Sollte Netanyahu wieder Premier werden, wäre es seine zweite Amtszeit in Folge. Insgesamt seine dritte. Was es ihm nicht leicht macht: Sein Likud ist – bis auf kurze Pausen – seit mehr als drei Jahrzehnten an und in der Regierung. Doch erst jetzt versteht er sich als Regierungspartei. Denn selbst bei Jüngeren wahrte sich der Likud bis heute sein ewig-oppositionelles Image aus den 50er-Jahren. An Herausforderungen mangelt es der neuen Regierung nicht. Vom dahintümpelnden Friedensprozess mit den Palästinensern, dem Bürgerkrieg in Syrien, über die Bedrohung durch den Iran bis hin zum riesigen Haushaltsdefizit und der immer schwieriger werdenden sozialen Lage vieler Israelis reichen die Probleme.

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