Die Arbeitsleistung blieb laut der Studie dadurch aber gleich. Die Isländer schaffen in 36 Stunden, was sie zuvor in 40 erledigten. „Mitarbeiter haben ihre Kaffeepausen und Mittagspausen gestrichen, sie mussten überdenken, wie die Arbeit geplant wird, welche Sitzungen kürzer sein könnten, welche online abgehalten werden können oder welche Entscheidungen stattdessen per E-Mail getroffen werden können“, sagt María Hjálmtýsdóttir, eine Aktivistin und Lehrerin aus Island.
Speziell für Frauen führte das Modell dazu, dass sie von Teilzeit auf Vollzeit aufstocken konnten – bei gleicher Arbeitszeit. „Und Vollzeitarbeitsplätze sind mit besserer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen für die gleichen Arbeitszeiten verbunden“, sagt sie.
Viele Männer gaben in der Studie auch an, davon zu profitieren, weil sie nicht mehr bis spät in die Nacht im Büro festsäßen – und endlich genauso viel Zeit mit Familie und Kindern verbringen wie ihre Frauen.
Die Wirtschaft wächst
Das Konzept scheint aufzugehen, denn 2023 hatte Island ein Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent und besitzt dazu noch eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten Europas.
Auch die psychische Gesundheit stieg: Wenn genug Zeit für ausreichend Schlaf, sportliche Aktivitäten und sogar die berüchtigte und romantisierte „Me-Time“ bleibt, wirkt sich das nicht nur auf das Gemüt, sondern auch auf die Arbeitsleistung aus, so die Studie. Die ausgewogene Work-Life-Balance kommt sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zugute.
„Die leichtere Rekrutierung, die bessere Bindung des Personals und die größere Zufriedenheit mit der Arbeit – das sind alles große Vorteile sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer“, sagt Guðmundur D. Haraldsson, einer der Co-Autoren der Studie, zum KURIER. Das spart laut Haraldsson den Unternehmen auf Dauer auch Kosten.
Wäre das in Österreich auch vorstellbar?
Derzeit gibt es die Möglichkeit in Kollektivverträgen, die Gesamtwochenarbeitszeit von 40 Stunden auf vier Tage mit bis zu 10 Stunden aufzuteilen. Für Philipp Brokes aus der Abteilung Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien wäre ein Modell wie in Island durchaus reizvoll: „Ich finde nicht, dass wir in Österreich zu wenig arbeiten oder zu viel arbeiten, sondern dass die Arbeitszeit sehr ungleich verteilt ist. Das führt zu einem extremen Auseinanderklaffen der Arbeitszeiten von Vollzeit- und Teilzeitkräften.“
In Österreich arbeitet die Hälfte aller Frauen in Teilzeit, Tendenz seit Jahren steigend, die Männer sind überwiegend in Vollzeit. Würde man die normale Arbeitszeit nicht bei 40 Stunden ansetzen, sondern auf 32 bis 36 Stunden reduzieren, „dann würde sich diese Arbeit natürlich ganz anders verteilen“, sagt Brokes. Und damit wäre beiden Geschlechtern geholfen.
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