IS-Terrorzelle in Deutschland ausgehoben

Symbolfoto.
Wie mehrere Medien berichten, plante die Zelle einen Anschlag in Deutschland.

Die deutschen Behörden haben laut einem Bericht von Spiegel online einen Terroranschlag in Deutschland verhindert. Demnach wurden am Donnerstag drei Männer einer "IS"-Terrorzelle festgenommen. Insgesamt sollte eine Gruppe aus vier Männern aus Syrien einen Anschlag in Deutschland begehen. Der vierte Verdächtige sitzt laut Spiegel in Frankreich in Untersuchungshaft. Das Ziel der Zelle soll die Düsseldorfer Altstadt gewesen sein.

Dort hätten sich zunächst zwei Selbstmordattentäter nahe der Heinrich-Heine-Allee in die Luft sprengen sollen. Ähnlich wie im November in Paris hätten anschließend weitere Terroristen Menschen erschießen sollen. Laut der Süddeutschen Zeitung sei bereits im April 2014 in der "IS"-Hochburg Rakka der Befehl erteilt worden, einen Anschlag in Deutschland zu verüben.

Vier-Mann-Zelle

Die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe hat laut Spiegel online mittlerweile bestätigt, dass vier Männer aus Syrien an dem Terrorplan beteiligt gewesen seien. Saleh A. und Hamza C., seien 2014 im Auftrag der "IS"-Führung aus Syrien in die Türkei gereist und 2015 über die Balkanroute nach Deutschland gekommen. Der dritte Terrorverdächtige, Mahmood B., soll in Deutschland rekrutiert worden sein. Komplettiert wurde die Gruppe durch den vierten Syrer, Abd Arahman A., der seit 2014 in Deutschland ist und früher für die syrische Terrororganisation Dschabhat al-Nusra als Sprengstoffexperte arbeitete.

Nach Informationen der Nachrichtenseite wurden drei der Terrorverdächtigen im Auftrag von Generalbundesanwalt Peter Frank festgenommen und waren im ganzen Bundesgebiet - Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Brandenburg - verteilt. Der in Frankreich in Untersuchungshaft sitzende Saleh A. sei nach den Anschlägen in Brüssel im Jänner nach Frankreich gereist und habe dort die Pläne der Terrorzelle offenbart. Die französischen Behörden informierten daraufhin ihre deutschen Kollegen.

Keine unmittelbare Gefahr

Laut den Karlsruhern Behörden liegen keine Hinweise dafür vor, "dass die Beschuldigten bereits mit der Umsetzung ihres Anschlagsplanes konkret begonnen hatten". Einen Zusammenhang mit der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft in Frankreich gebe es nicht.

Vorwurf

Den vier Männern wird nun die Verabredung zu einem Verbrechen vorgeworfen. Den drei in Deutschland Inhaftierten wird zudem die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Gegen den vierten Mann wird wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelt.

Gefährdungslage unverändert

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums in Berlin sagte, die Gefährdungslage sei "unverändert" hoch. Deutschland befinde sich weiterhin "ebenso wie andere europäische Staaten im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus".

Ist der islamistische Terrorismus ein rein europäisches Problem? Nein, aber in der westlichen Welt steht seit einiger Zeit Europa im Fokus. Dafür gibt es einige Gründe. Eine Annäherung.

Geographische Nähe und Rekrutierung

Alleine aus Belgien sollen zwischen 2012 und 2015 über 400 Menschen nach Syrien gereist sein und für den "Islamischen Staat" gekämpft haben. Das macht Belgien, im Verhältnis zur Bevölkerung, zur Dschihad-Hauptstadt Europas. Geht es nach den absoluten Zahlen, übernimmt Frankreich mit 1200 Personen diese Position.

Die Rekrutierung funktioniert zweifellos gut bei desillusionierten Muslimen bzw. Konvertiten.

Probleme mit radikalen Islamisten gibt es in beiden Ländern seit Langem. Der Name des Brüsseler Stadtteils "Molenbeek" ist zum Synonym dieses Problems geworden. Die Rückkehrer finden in ihrer Heimat ein Netz von Freunden und Unterstützern, die ihnen nicht nur Unterschlupf, sondern auch Waffen und Sprengstoff besorgen - sonst hätte sich Salah Abdeslam keine vier Monate dort verstecken können.

Das alles zeigt aber auch ein Problem, das niemand lösen kann: Die geographische Lage Europas und die Nähe zu Krisenstaaten im Nahen Osten. Es ist für potentielle Terroristen nicht schwer, nach Syrien und retour zu reisen. Zwischen Syrien und den USA liegt beispielsweise ein ganzer Ozean, zwischen Wien und Damaskus sind es 3000 Kilometer beziehungsweise laut Google Maps eine 32-stündige Autofahrt.

"Islamischer Staat" sucht die Öffentlichkeit

Seit dem Anschlag auf das Jüdische Museum Brüssel im Mai 2014 starben mehr als 180 Menschen nach terroristischen Aktionen. Bekannte sich nicht der "Islamische Staat" selbst dazu, holten sich die Attentäter zumindest ihre Inspiration von der Terrororganisation. Weltweit gibt es bisher über 75 Anschläge in zwanzig Staaten mit knapp 1300 Opfern.

Der "Islamische Staat" ist eine globale Terrororganisation geworden und versucht immer mehr, abseits von Syrien und dem Irak Fuß zu fassen. Dort haben sie seit Jänner 2015 ungefähr 22 Prozent des von ihnen kontrollierten Territoriums verloren, acht Prozent allein in den letzten drei Monaten. Sie suchen eine mediale Öffentlichkeit, damit sie langfristig nicht in der Versenkung verschwinden, analysiert das Time-Magazin.

Damit dies gelingt, müssen Medienmacher und -konsumenten dort erreicht werden, wo diese ihren Lebensmittelpunkt haben, also in der westlichen Welt. Anschlagsorte müssen bekannt und nahe sein, ansonsten verkümmert ein Anschlag zu einer Randnotiz. Das weiß auch der "Islamische Staat".

Flüchtlingskrise und Abgrenzungspolitik

Mehr als eine Million Flüchtlinge kamen im vergangenen Jahr nach Europa. Ein Glück für den "Islamischen Staat", denn mit der Ablehnung manch führender Politiker beziehungsweise mit der Ankündigung von zum Beispiel Polen oder Bulgarien, nur christliche Flüchtlinge aufnehmen zu wollen, sehen sich desillusionierte Muslime bestätigt und übergeben ihr Leben der Terrororganisation.

Zusätzlich will der "IS", dass Flüchtlinge und Terroristen von den Europäern in einen Topf geworfen werden. Und bisher haben sie erschreckend viel Erfolg damit.

Europas Einheit bröckelt

Durch die Terroranschläge und die Flüchtlingskrise bröckelt die Einigkeit Europas. Angela Merkels eckt mit ihrer Flüchtlingspolitik fast überall an. Und auch der Deal mit der Türkei wird kritisiert. Das Time-Magazin schreibt dazu: "Die Ängste der Europäer steigen beim Gedanken, dass weitere 76 Millionen Menschen aus einem muslimischen Land frei einreisen können" – ob diese Ängste nun berechtigt sind, sei dahingestellt. Sie sind da.

Plakativ zeigt sich das Auseinanderdriften der europäischen Einheit aber beim Blick auf Schengen. Bereits seit letztem Sommer ziehen immer mehr Länder – darunter auch Österreich – die Grenzen zu den Nachbarn wieder hoch. Schengen ist und war das engagierteste Projekt der Europäischen Union und das Zeichen schlechthin für den Zusammenhalt.

EU-Ausstieg

Ein weiteres Anzeichen für den bröckelnden Zusammenhalt ist das Referendum über Englands EU-Austritt. Damit stehen die Briten aber nicht alleine da. Umfragen zufolge wollen 53 Prozent der Franzosen und mehr als 45 Prozent der Deutschen, Spanier und Schweden den Briten folgen und ebenfalls über einen EU-Austritt abstimmen lassen.

Das alles gibt dem "Islamischen Staat" allen Grund, Europa zu destabilisieren. Leider haben sie auch genug Möglichkeiten. Und deshalb ist Europa auch das Hauptziel für Terroranschläge der Terrororganisation.

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