Syrien: USA beginnen mit Erkundungsflügen

Autobombe
Die Kämpfe im Irak und Syrien gehen indes weiter - Iran liefert Waffen an die Kurden.

Die USA haben laut Medienberichten mit Aufklärungsflügen über Syrien begonnen - damit sollen mögliche Luftangriffe auf die IS-Dschihadisten vorbereitet werden. Dabei sollten unter anderem Drohnen eingesetzt werden, sagte am Montagabend in Washington der Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte. Es sei aber noch nicht beschlossen worden, tatsächlich Stellungen der Extremisten in Syrien zu bombardieren, so NBC. Eine Entscheidung könne Ende der Woche fallen.

Das Weiße Haus in Washington bestätigte die Berichte nicht. Allerdings sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur dpa: "Wir schränken unsere Optionen nicht durch geografische Grenzen ein, wenn es um unsere zentrale Mission geht, unsere Bürger zu beschützen." Ziel sei es, mehr Informationen über die IS-Extremisten zu sammeln, berichtete das Wall Street Journal am Montag unter Berufung auf hochrangige Regierungsbeamte. Nach US-Medienberichten hatte Präsident Barack Obama am Wochenende solche Flüge genehmigt. Eine Genehmigung von der syrischen Regierung solle nicht eingeholt werden.

Waffen aus dem Iran

Der kurdische Präsident Massoud Barzani hat am Dienstag indessen offiziell bestätigt, Waffenlieferungen aus dem Iran erhalten zu haben. "Wir haben um Waffen gebeten und der Iran war der erste Staat, der uns Waffen zur Verfügung gestellt hat", erklärte Barzani in Beisein des iranischen Außenministers Javad Zarif bei einer Pressekonferenz in Erbil, der Hauptstadt der nordirakischen Kurdenregion.

Bisher war zwar angenommen worden, dass der Iran Kurden im Kampf gegen die radikalsunnitische Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterstützt, eine offizielle Bestätigung gab es jedoch nicht.

Autobombe fordert acht Todesopfer

Eine Autobombe in einem schiitischen Viertel der irakischen Hauptstadt Bagdad hat am Dienstag acht Menschen getötet und 20 weitere verletzt. Das sagten Polizei und Hilfskräfte nach dem Anschlag in dem Stadtteil Neu-Bagdad.

Erst am Montag war es zu einer Serie von Detonationen in der Hauptstadt gekommen, bei denen mehr als 20 Menschen starben. Nach Polizeiangaben dürfte die Zahl der Toten nach dem Anschlag am Dienstag noch ansteigen.

Zusammenarbeit mit dem Westen

Syriens Außenminister Walid al-Muallem warnte, dass jeder Bruch der Souveränität des Landes als Aggression angesehen werde. Er erklärte in Damaskus jedoch, seine Regierung sei im Kampf gegen den Terrorismus zur Zusammenarbeit auch mit westlichen Ländern wie den USA bereit, wenn die Weltgemeinschaft "die Führung und Unabhängigkeit" Syriens respektiere.

Obama hat nach Angaben des Weißen Hauses noch keine Entscheidung über einen Militärschlag gegen die IS-Terrormiliz in Syrien getroffen. Der Präsident würde nicht zögern, militärische Gewalt einzusetzen, um Amerikaner zu beschützen, sagte sein Sprecher Josh Earnest am Montag in Washington. Es gebe aber keine Beweise, dass IS-Extremisten einen Plan für einen Terroranschlag auf amerikanischem Boden hätten.

Das Verteidigungsministerium bereite sich auf Möglichkeiten vor, weiter gegen die Terrorgruppe vorzugehen. Earnest schränkte jedoch ein: "Man sollte nicht unbedingt zu dem Schluss kommen, dass harte Militäraktionen in Syrien notwendig sind, um näher an das Ziel heranzukommen oder es zu erreichen." Man verfüge auch über andere Werkzeuge als militärische. Noch in der vergangenen Woche hatten US-Militärs Luftschläge gegen die Extremisten auch in Syrien nicht ausgeschlossen, so wie sie derzeit im Irak unternommen werden.

Zulauf an IS-Terrormiliz

Unterdessen erhalten die IS-Jihadisten, die im Irak und in Syrien große Gebiete erobert haben, immer mehr Zulauf. Nach ihren jüngsten Erfolgen hätten sich allein am Wochenende in Syrien mehr als 300 Männer anderer Oppositionsmilizen den Extremisten angeschlossen, meldete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay warf dem IS vor, nach der Eroberung der irakischen Stadt Mossul dort rund 670 Häftlinge wegen ihres Glaubens ermordet zu haben.

Der Leiter der Menschenrechtler, Rami Abdel Rahman, sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Terrormiliz IS habe in Syrien inzwischen rund 50.000 Kämpfer. Etwa 20.000 von ihnen kämen aus dem Ausland - vor allem aus dem arabischen Raum und aus Europa. Allein seit Juli sollen sich etwa 6.300 Kämpfer der Terrormiliz IS angeschlossen haben.

Der IS beherrscht im Norden und Osten Syriens rund ein Drittel der Fläche des Landes. Auch im Nachbarland Irak kontrolliert er im Norden und Westen riesige Gebiete. Kämpfer und militärische Ausrüstung der Sunnitenmiliz können die Grenze ungehindert passieren.

Lyricist Jinn" galt vor zwei Jahren als Aufsteiger in Londons Rap-Szene. Zehntausende klickten die Videos des 24-jährigen gebürtigen Ägypters auf YouTube an, sogar die BBC spielte seine Songs. Deren Inhalt, typisch für Rap-Songs: Kriminalität, Gewalt, desolate Familien. Doch bald veränderten sich die Texte. "Lyricist Jinn" hetzte gegen Menschen, die ihr Geld lieber für Alkohol oder Clubbings ausgeben als für ihre Familien; im heurigen März sang er: "Verletzt meine Brüder und ich fülle euch mit Blei."

Den Clip muss der junge Mann in Syrien ins Netz gestellt haben – dort hält er sich seit 2013 auf. Sein bisher letzter Auftritt war vermutlich in dem Video des "Islamischen Staats" (IS), das die Welt schockierte: "Lyricist Jinn" soll der Mörder des US-Journalisten James Foley sein.

Stimmenexperte

Das auffälligste Merkmal des vermummten Mannes, dem Medien den Namen "Dschihadi John" gaben: ein Londoner Akzent. Der führte Ermittler zu "Lyricist Jinn", bürgerlicher Name: Abdel-Majed Abdel Bary. Ein Stimmenexperte spricht laut der Zeitung The Independent von einer "großen Wahrscheinlichkeit", dass es sich bei Abdel Bary und Foleys Mörder um denselben Mann handelt.

Abdel Bary war 1993 nach Großbritannien gekommen, wo seine Familie Asyl erhielt. Im Londoner Stadtteil Maida Vale lebte er mit seiner Mutter und sechs Geschwistern in einem Haus, das gut eine Million Euro wert sein soll. Der Vater war laut Independent ein Weggefährte Osama bin Ladens und soll eine Schlüsselrolle bei den Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia and Tansania 1998 gespielt haben. 2012 wurde er an die USA ausgeliefert.

Gleiche Zielgruppe

Rapper wie Abdel Bary sind für islamistische Gruppen Gold wert, auch wenn sie selbst sich nicht dem Dschihad anschließen – denn ihre Zielgruppen überschneiden sich mit denen der Extremisten. Die Fans haben oft Migrationshintergrund, sind sozial benachteiligt, haben Erfahrung mit Gewalt und Kriminalität, die Schule abgebrochen und sehen keine Perspektive für ihr Leben. Aufgehetzt durch radikale Texte, Gräuelvideos und Hassprediger entscheiden sich einige für ein Leben als Terrorist: Mehr als 2000 Europäer sollen in Syrien und im Irak kämpfen, mehr als 500 davon aus Großbritannien.

Ein solcher Kämpfer ist auch der 39-jährige Deutsche Denis Cuspert. Mit seiner Mutter und seinem Stiefvater, einem US-Soldaten, wuchs der Sohn eines Ghanaers in Berlins sozialen Brennpunkten auf. Als Jugendlicher saß er mehrere Haftstrafen ab. 2002 begann Cuspert als "Deso Dogg" zu rappen. Wenige Jahre später konvertierte er zum Islam. 2010 beendete er seine Musikkarriere, um als Prediger durchs Land zu touren. In Kampfliedern sang er u.a. "Scheich Osama, der schönste Märtyrer dieser Zeit". Mit dem österreichischen Dschihadisten Mohamed M. gründete Cuspert 2011 die später verbotene Gruppierung "Millatu Ibrahim". Er hatte auch Kontakt zum deutschen Hassprediger Pierre Vogel, der immer wieder die Nähe zu Rappern sucht.

Nach einem Haftbefehl verließ Cuspert 2012 seine schwangere Freundin und reiste nach Syrien, wo er sich schließlich dem IS anschloss. Mittlerweile gilt Abu Talha al-Almani, so sein Kampfname, als treibende Kraft des "Al Hayat Media Centers", verantwortlich für die Propaganda des IS.

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