Iran: Reformer Rohani in Führung

Von 2003 bis 2005 leitete Hassan Rohani als Chef-Atomunterhändler den wichtigsten außenpolitischen Knotenpunkt mit dem Westen.
Der Gottesstaat wählt - Reformer Rohani liegt in Führung. Ein Gespräch über den Iran als Rechtsstaat.

Die Tage Mahmoud Ahmadinejads als Präsident des Iran sind gezählt. Er durfte bei der am Freitag begonnenen Wahl nach acht Jahren Amtszeit nicht mehr antreten. Wen die rund 50 Millionen Wahlberechtigten zum Nachfolger erwählen, wird eine Stichwahl entscheiden. Von sechs Kandidaten haben vier große Chancen, darunter der Hardliner Said Dschalili, der auf die Stimmen der Islamisten zählen kann.

Auch der Reformer Hassan Rohani gilt als aussichtsreich (siehe unten). Auf ihn zählen vor allem viele junge Iraner. Es sind jene, die nach der vergangenen Wahl vor vier Jahren ihren Frust auf die Straßen trugen. Hunderttausende demonstrierten tagelang gegen das Ergebnis, doch die Proteste wurden brutal niedergeschlagen.

Iran: Reformer Rohani in Führung
Anwalt Mohammed Mostafaei
Der AnwaltMohammed Mostafaeiverteidigte damals Demonstranten und Menschenrechtskämpfer. Nachdem er selbst mehrmals willkürlich verhaftet worden war, gelang ihm die Flucht nach Europa. Mit dem KURIER sprach er über

... die Präsidentschaftswahlen Man kann nicht von echten Wahlen sprechen, da nur die Kandidaten zugelassen wurden, die der religiösen Führung gepasst haben. Religionsführer Khamenei ist mithilfe eines eigenen Thinktanks sehr geschickt vorgegangen. Der zukünftige Präsident ist so weitgehend vorbestimmt.

... die Bedeutung der Wahlen Ein Präsident hat ohnehin nicht viel zu sagen im Iran. Die entscheidenden Figuren sind der Revolutionsführer, die Revolutionsgarden und die Sicherheitskräfte. Ihre einzige Sorge ist, dass sie genug Menschen zu den Urnen bringen, um die Wahl nicht zur Blamage werden zu lassen.

... die Haltung vieler Wähler Die Menschen gehen zu den Urnen, nicht weil sie von einem Kandidaten überzeugt sind, sondern einfach weil sie die Hoffnung haben, dass sich die Situation wenigstens ein bisschen verbessert. Genau deshalb hat das Regime ja 2005 Ahmadinejad aus dem Hut gezaubert, und die Menschen haben tatsächlich auf ihn gehofft.... die Möglichkeit von Protesten Es ist kaum möglich, etwas zu unternehmen, die Unterdrückung ist so stark und so omnipräsent, dass ernsthafte Proteste im Iran eigentlich nicht möglich sind. Es wird ja alles sofort niedergeschlagen. Die Opposition ist nicht verschwunden, sie kann aber nur wenig unternehmen. Auch die Medien sind ja ganz in der Hand des Systems. Es gibt keine freie Presse. Manche Zeitungen sind gänzlich im Dienst des Regimes, andere halten sich politisch total zurück aus Angst vor Repressalien.

... Rechtsstaatlichkeit im Iran Der Iran ist kein Rechtsstaat. Das Regime steht immer oberhalb des Gesetzes. Es herrscht Korruption und Willkür. Alle Gefangenen nach den letzten Protesten sind eigentlich gegen das Gesetz des Iran verhaftet worden.

Natürlich sind sie alle politische Gefangene, nur dieser Begriff wird im Iran nicht verwendet, da die Angeklagten sonst ein Recht auf einen öffentlichen Prozess und Geschworene hätten. Also nimmt man Gründe wie „Propaganda gegen den Iran“, „Propaganda gegen den Islam“ oder einfach „Gefährdung der Sicherheit“.

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