Iran: Sanfte Worte, harte Fronten

Start der Verhandlungen in Genf mit großen Hoffnungen, aber ebenso großen Gegensätzen.

Keine hasserfüllten Freitagspredigten, keine diplomatischen Worthülsen: Irans neue Politikerriege fasst ihre Pläne am liebsten in Kurzmeldungen mit maximal 140 Zeichen Länge. Das Internet-Forum Twitter – im Iran eigentlich verboten – ist seit Wochen das Mitteilungsorgan von Präsident Hassan Rohani und seinen engsten Mitarbeitern – vor allem wenn es um den Streit um das iranische Atomprogramm geht. Auf Twitter schickten Rohani und Außenminister Javad Zarif erste versöhnliche Bemerkungen in Richtung Westen und ließen bald konkrete Gesprächsangebote folgen.

Und jetzt, zum Start der ersten Verhandlungsrunde in Genf erhöhte Zarif noch einmal die Neugier auf das iranische Angebot, mit dem man den Gesprächspartnern – die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates plus Deutschland – entgegentreten will. Man käme mit etwas ganz Neuem, twitterte er, aber „keine Spekulationen, wenn Sie sich irgendwie zurückhalten können“.

Neues überfällig

Etwas Neues wäre im Streit um das iranische Atomprogramm überfällig. Seit die UN-Atombehörde IAEO in Wien 2002 die ersten Beweise für das bis dahin geheime Atomprogramm des Iran vorgelegt hat, treten die Verhandlungen auf der Stelle. Während USA und EU mit immer härteren Wirtschaftssanktionen den Druck zu erhöhen versuchen, treibt die religiöse Führung in Teheran das Atomprogramm nur noch schneller voran.

Zentraler Streitpunkt ist die sogenannte Anreicherung von Uran. Der Iran, der eigene Vorkommen besitzt, besteht darauf, das spaltbare Material selbst zu produzieren. Die für friedliche Nutzung, also für Atomkraftwerke, notwendige Konzentration hat man dabei längst überschritten. Das Uran, das jetzt in iranischen Zentrifugen angereichert wird, kommt der Tauglichkeit zum Bau von Atombomben immer näher. Grund genug für den Westen, die iranischen Beteuerungen, man plane nur friedliche Nutzung der Atomkraft, zunehmend weniger zu glauben.

Die wichtigste Forderung, mit der vor allem die USA nach Genf gekommen sind, ist daher eine konsequente Beschränkung und Reduktion der Urananreicherung. Die Anzahl an Zentrifugen muss verringert, die Bestände an angereichertem Uran müssen von der IAEO strengstens kontrolliert, Teile davon im Ausland gelagert werden.

Rote Linie

Doch dazu ist Teheran – zumindest vorerst – nicht bereit. Die Auslieferung der Vorräte von angereichertem Uran an andere Staaten sei die „rote Linie“, die man nicht überschreiten werde, machte der leitende Atomverhandler, Abbas Araqchi, deutlich. Die Urananreicherung sei ein Recht eines souveränen Staates, und auf die werde man nicht verzichten. Man sei aber bereit über die Menge des Uran und über den Umfang des Programms zu verhandeln.

So groß sind die Differenzen, dass Verhandler in Genf vorerst mit keinem Durchbruch rechnen, auch wenn beide Seiten um versöhnliche Töne bemüht sind. Das Fenster für Diplomatie sei „weit geöffnet“ meinte etwa US-Außenminister John Kerry vor seiner Abreise nach Genf. Und Atomverhandler Araqchi wollte im Falle einer Einigung auf beiden Seiten nur Gewinner erkennen. Seine Seite jedenfalls komme mit „realistischen und ausgeglichenen Vorschlägen“. Der Westen habe „keine Ausrede mehr“.

Vor der neuen Verhandlungsrunde über Irans Atomprogramm ist ein pikantes Detail vor der Delegation aus Teheran versteckt worden: Das Marmorrelief eines nackten Mannes mit gut sichtbarem Penis vor dem Eingang des Verhandlungssaals im UN-Gebäude in Genf wurde hinter einem weißen Vorhang verborgen, wie die Zeitung Tribune de Genève am Montag enthüllte. Die Zeitung mutmaßte, der Gastgeber nehme damit Rücksicht auf die Gesandten des islamischen Staates, in dem das Zeigen von nackter Haut auch bei Männern nicht toleriert wird.

Die Schweizer Regierung als Ausrichter der Gespräche sagte auf Nachfrage lediglich, es sei ein "neutraler" Hintergrund geschaffen worden. Am Dienstag startet im Ratssaal im Palast der Nationen in Genf die lang erwartete nächste Verhandlungsrunde im sogenannten 5+1-Format: Vertreter der fünf ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder und Deutschlands setzten sich mit der iranischen Delegation an den Verhandlungstisch, um auf eine Lösung im Atomkonflikt hinzuarbeiten.

Die britische Regierung schenkte das Relief "Die Erschaffung des Menschen" 1938 dem Völkerbund, der Vorgängerorganisation der Vereinten Nationen. Das überlebensgroße Kunstwerk des Bildhauers Eric Gill ist angelehnt an Michelangelos "Die Erschaffung Adams".

Kommentare