Fluchtwelle und Anschlagsserie in Bagdad

Ihr Sohn wurde einer Autobombe in Bagdad getötet.
Mindestens zwölf Menschen starben bei Selbstmordattentate in Bagdad - Christen flüchten.

Bei einer Anschlagsserie in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am Samstag mindestens zwölf Menschen getötet worden. Zudem wurden etwa 40 Menschen verletzt, als vier Autobomben in verschiedenen Vierteln der Stadt nahezu zeitgleich detonierten, wie die Polizei mitteilte.

Mindestens sieben Menschen sind bei einem Selbstmordanschlag getötet worden, als sich der Attentäter an einem Kontrollposten in einem überwiegend von Schiiten bewohnten Stadtteil in die Luft gesprengt habe, sagte ein Krankenhausmitarbeiter. Die Verantwortung für den Anschlag übernahm zunächst niemand.

Instabile Lage im Irak

Die sunnitische Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) hat in der Vergangenheit mehrere ähnliche Anschläge in der Hauptstadt verübt, zuletzt nach eigenen Angaben am Donnerstag. Die ehemals als ISIS bekannte Gruppe hat im Norden des Irak große Landesteile erobert. Außerdem ist sie auch im benachbarten Syrien auf dem Vormarsch. Am Donnerstag etwa nahm sie dort ein Gasfeld ein. Dabei töteten die Islamisten 270 Soldaten, Wachleute und Angestellte, wie die Syrische Beobachterstelle für Menschenrechte am Samstag mitteilte. Mindestens 40 Kämpfer des Islamischen Staats seien ebenfalls ums Leben gekommen.

Die Lage im Irak ist derzeit äußerst instabil. Seit der Parlamentswahl im April ist das Land politisch blockiert. Zudem eroberte die sunnitischen Dschihadisten-Organisation Islamischer Staat weite Teile des nördlichen und westlichen Iraks, während die Kurden eine Abspaltung von Bagdad anstreben.

Keine Christen in Mossul

Aus der nordirakischen Stadt Mossul sind laut Informationen der chaldäischen Kirche alle christlichen Familien geflohen. Sie beugten sich dem Druck der islamistischen Miliz IS unter der Führung des selbst ernannten Kalifen Ibrahim, wie der Pfarrer der chaldäisch-katholischen Gemeinde in Stuttgart, Sizar Majeed, am Freitag laut Kathpress mitteilte.

In einem auf Arabisch verfassten und auf Freitag datierten Ultimatum hatte Ibrahim die Christen aufgefordert, entweder Tribut an IS zu zahlen oder zum Islam überzutreten. Ansonsten drohe ihnen der Tod durch das Schwert.

Nach Angaben Majeeds flohen die christlichen Familien in Richtung der Kurdenhauptstadt Erbil, rund 40 Autominuten von Mossul entfernt. Einige Familien versuchten dem Pfarrer zufolge zunächst, in christlichen Dörfern bei Mossul unterzukommen. Jedoch seien auch deren Einwohner aus Furcht vor IS nach Erbil geflüchtet. Die Lage in Erbil werde immer angespannter, weil die Stadt nicht auf eine Flüchtlingswelle in diesem Ausmaß vorbereitet sei. Zudem erschwerten kulturelle Unterschiede zwischen den kurdisch sprechenden Einwohnern Erbils und den chaldäisch oder arabisch sprechenden Flüchtlingen die Lage. Pfarrer Majeed bat alle Christen, für die Betroffenen im Irak zu beten.

Bestätigung für diese Aussagen kamen am Freitag vom chaldäisch-katholischen Patriarchen Louis Sako. "Erstmals in der Geschichte des Irak gibt es keine Christen in Mossul mehr", so der Kardinal. 25.000 Christen hätten sich am Vortag, Donnerstag, noch in Mossul aufgehalten, da besonders die ärmsten Familien nach Ende der Kämpfe um die Stadt wieder vorübergehend zurückgekehrt seien. Zeugen zufolge sei das Ultimatum am Freitag über Lautsprecher der Moscheen verkündet worden. Laut Sako seien die Christen darin auch dazu aufgefordert worden, nur die Kleidung am Körper und kein Gepäck beim Verlassen der Stadt mitzunehmen, zudem würden ihre Häuser nun dem Islamischen Staat gehören.

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