Medien über Hollande: "Er knickt ein"

Frankreichs Medien über den "Thronverzicht" von Hollande
Hollande tritt bei der Wahl 2017 nicht an. Frankreichs Medien kommentieren den Verzicht äußerst unterschiedlich: Von Hollande "hat die Rolle des Präsidenten nie ausgefüllt" bis "er macht 'die Zukunft des Landes' zur Priorität".

Die Zeitungen kommentieren am Freitag den Verzicht des französischen Präsidenten Francois Hollande auf eine zweite Amtszeit (hier dazu mehr):

Le Figaro (Paris)

'Der herzzerbrechende' Versuch der Selbst-Rechtfertigung, ausgesprochen mit tonloser Stimme von einem Mann, der wie neben sich stand. Trauriger Epilog einer null und nichtigen Amtszeit: von Manuel Valls zum Ausgang gedrängt und mehr noch von der Offenkundigkeit eines persönlichen und politischen Desasters, das in der Fünften Republik (seit 1958) kein Beispiel kennt. Francois Hollande hat nicht mal versucht, den Anschein zu wahren. Wieder einmal hat er nichts entschieden: Er knickt ein. Er verlässt die Bühne so, wie er sie ausgefüllt hat: mit schiefer Krawatte, verloren in zu großen Kleidern. (...)

Frankreich hat bereits einen Schlussstrich gezogen. Es weiß genau, dass Francois Hollande gestern nicht darauf verzichtet hat, sich um eine zweite Amtszeit zu bewerben. In Wahrheit ist er nie Präsident gewesen."

Libération (Paris)

"Es ist ehrenhaft. Er war sicher, dass seine Kandidatur die Linke behindern würde, dass sie das Land in eine gefährliche Auseinandersetzung gestürzt hätte. Deswegen verzichtet Francois Hollande (...). Er wollte keinen harten, brutalen, brudermörderischen Kampf innerhalb einer bereits zerrissenen politischen Familie, in einem von Unsicherheit geplagten Land. Selten sind Politiker so hellsichtig, dass sie sich zum Wohle eines größeren Interesses, einer notwendigen Solidarität, einer Idee freiwillig von der Macht zurückzuziehen. (...) Man wird sich an die Eleganz dieses Schrittes erinnern. Aber schnell wird ein kühlerer Blick auch auf seine Bilanz fallen."

La Croix (Paris)

"Statt sich an die Macht zu klammern, macht er 'die Zukunft des Landes' zur Priorität. Und auch wenn er es nicht wirklich zugibt, beugt er sich den Konsequenzen eines Versprechens, das er nicht halten konnte: die Arbeitslosigkeit schnell und deutlich zu senken. Das politische Wort gewinnt damit an Glaubwürdigkeit. Jetzt wird die Zeit kommen, um die Bilanz des Handelns von François Hollande zu ziehen. Eine enttäuschende Bilanz, manchmal bedauernswert und in manchen Punkten sogar hart zu kritisieren. Man kann dem Präsidenten der Republik aber nicht die Würde absprechen, die er am Donnerstagabend bewiesen hat."

Ouest-France (Rennes)

"Nachdem er eine Bilanz gezeichnet hat, von der jedes Element ein Wahlkampfargument hätte sein können (...), beweist Francois Hollande endlich Klarsichtigkeit und einen Mut, der zugleich ein Eingeständnis des Scheiterns ist. (...) Bei bestimmten Themen - Autorität, Rechtsstaat, Finanzen - ist (Premierminister) Manuel Valls (für die Konservativen) schwieriger zu schlagen, einfach weil er näher an gewissen Positionen des Zentrums und der moderaten Rechten steht. Die Linke wird eine Art Hoffnung wiederfinden. Mit Francois Hollande war ihr gewiss, zu verlieren und den Franzosen die Wahl zwischen Francois Fillon und Marine Le Pen zu lassen."

La Repubblica (Rom)

Die Vorwahlen der Konservativen haben die Eliminierung von Nicolas Sarkozy gebracht - Hollande hatte gehofft, gegen ihn ein zweites Mal antreten zu können. Dies hat bestätigt, was die Umfragen seit Monaten sagen: Mehr als 75 Prozent der Franzosen wollen weder den aktuellen noch den alten Präsidenten haben. Hollande hat dieses Mal die Botschaft verstanden. Zudem war es nicht sicher, dass er die Vorwahlen der Sozialisten im Jänner gewinnen würde: Und bei der eigenen Partei eine Niederlage einzufahren, wäre eine unerträgliche Erniedrigung gewesen."

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