EU-Innenminister wollen Frontex stärken

Innenministerin Mikl-Leitner erwartet ein Pilotprojekt zur Flüchtlingsverteilung. Balkan-Taskforce könnte kommen.

Angesichts wachsender Flüchtlingsströme will die EU die Grenzschutzagentur Frontex stärken. Der lettische Innenminister Rihards Kozlovskis sagte am Donnerstag in Brüssel, es gebe Pläne so wie für das Mittelmeer eine spezielle Balkan-Taskforce der EU zu schaffen. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erwartet, dass ein EU-Pilotprojekt zur Flüchtlingsverteilung vor dem Sommer startet.

"Ich gehe davon aus, dass wir diesen Pilot-Vorschlag vor dem Sommer auf dem Tisch liegen haben", sagte Mikl-Leitner. Grundlage für das EU-Pilotprojekt soll die österreichische Asylinitiative "Save Lives" sein. Sie sieht erstmals einen Verteilungsschlüssel vor, nachdem Flüchtlinge auf die EU-Staaten aufgeteilt werden sollen. Derzeit prüft die EU-Kommission das Projekt.

Als Kriterien wurden von Diplomaten Wirtschaftsleistung (BIP), Asylantragszahlen und die Bevölkerungsgröße genannt. In einem ersten Pilotprojekt sollen 5.000 Syrien-Flüchtlinge unter den EU-Staaten verteilt werden.

"Wir müssen die Kapazitäten von Frontex verstärken", sagte Kozlovskis. Es sei offensichtlich, dass der Migrationsdruck nicht weniger sondern zunehmen werde.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere sagte: "Wir haben die Verpflichtung, unsere Grenzen zu sichern, und wir können nicht zusehen, wenn Menschen ertrinken. Daraus resultiert ein schweres Dilemma." Wenn man Menschen ohne weitere Maßnahmen rette, sei dies "eine Einladung an kriminelle Menschenhändler". Deshalb müsse die EU stärker mit Herkunfts- und Transitländern zusammenarbeiten. Aufnahmezentren in Afrika in Zusammenarbeit mit dem UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR könnten eine Lösung sein.

Dabei müsse nicht nur die Entwicklung im Mittelmeer diskutiert werden, sondern auch die "sehr erheblich gestiegene Zahlen" von Asylbewerbern aus den Westbalkanstaaten, sagte De Maiziere.

Thema Kosovo

Mikl-Leitner plädierte dafür, die EU-Grenzschutzagentur Frontex in Hinblick auf sensible Grenzübergänge auf der Balkan-Route zu stärken, etwa an der serbisch-ungarischen Grenze und an der serbisch-mazedonischen Grenze. Durch gemeinsame Maßnahmen sei es gelungen, die Massenauswanderung aus dem Kosovo zu stoppen. Anfang Februar habe es noch 500 Asylanträge aus dem Kosovo in Österreich gegeben, vergangene Woche nur mehr 46. Dies sei "ein merklicher Rückgang". Österreich, Deutschland, Ungarn, Frankreich und Belgien wollen nach Angaben der Innenministerin analog zum Mittelmeer eine Task-Force mit Experten der EU-Staaten und der Kommission für den Balkan einrichten, um in Zukunft rascher vorgehen zu können.

Forderungen des EU-Parlaments nach einer Visa-Abschaffung für Kosovaren erteilte Mikl-Leitner eine Absage. "Eine Massenauswanderung stoppt man nicht mit einer Visa-Liberalisierung, da braucht es wesentlich mehr." Der Kosovo müsse weitere Schritte gegen die Korruption setzen und Zukunftsperspektiven für wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeitsplätze schaffen. Österreich sei bereits an EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn und Avramopoulos herangetreten, damit die EU beim Aufbau des Landes helfe.

Thema Griechenland

De Maiziere sagte, er wolle auch die griechische Regierung um ihre offizielle Position in Sachen Migration fragen. Verteidigungsminister Panos Kammenos hatte unlängst Berlin gedroht, bei einem Zusammenbruch der griechischen Wirtschaft, würde Athen massenhaft Migranten nach Deutschland schicken. Es wäre "sehr ungewöhnlich", wenn die Migration mit der griechischen Schuldenfrage vermischt würde, und Deutschland würde "eine sehr klare Antwort" darauf geben, sagte De Maiziere.

Griechenland soll bei dem EU-Innenministerrat seinen Asyl-Aktionsplan für das laufende Jahr vorstellen. Außerdem beraten die EU-Innenminister über den Kampf gegen den Terrorismus. Mikl-Leitner kündigte eine Kooperation des Innenministeriums mit dem internationalen Internet-Konzern Google und seiner Plattform Youtube an. "Ziel ist es, Gewaltvideos von Terroristen und Radikalen so schnell wie möglich aus dem Netz zu entfernen", so die Ressortchefin. De Maiziere äußerte die Erwartung, dass Verhandlungen über ein europäischen Fluggastdatenabkommen (PNR) mit dem EU-Parlament im Juni starten könnten.

Frontex alarmiert wegen möglicher Einschleusung von IS-Kämpfern

Frontex ist indes außerdem alarmiert angesichts von Drohungen der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS), als Flüchtlinge getarnte Kämpfer nach Europa zu schicken. "Die Gefahr der Einreise solcher Kämpfer besteht grundsätzlich an allen EU-Außengrenzen", sagte Frontex-Chef Klaus Rösler der Zeitung Die Welt.

Bisher sei allerdings noch kein solcher Fall festgestellt worden. Dennoch müsse etwa mit den italienischen Behörden überlegt werden, "wie es zum Beispiel gelingen kann, nach der Ankunft in Sizilien schneller die Identität eines Flüchtlings festzustellen". In diesem Zusammenhang sprach sich der Frontex-Chef auch für die vom deutschen Innenminister Thomas de Maiziere geforderte Einrichtung von Flüchtlingszentren in den Transitländern aus. "Jede Maßnahme, die zur geregelten Steuerung von Migrantenströmen beiträgt, ist in unserem Interesse. Das würde es auch uns erleichtern, uns auf die kriminellen Machenschaften zu konzentrieren", sagte Rösler der Welt.

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