Holocaust-Gedenktag: Als Adolf Eichmann um Gnade bat

Israel veröffentlicht Gnadengesuch des deutschen NS-Verbrechers.

Israel hat am Mittwoch ein Gnadengesuch des zum Tode verurteilten deutschen NS-Verbrechers Adolf Eichmann an den damaligen israelischen Präsidenten veröffentlicht. Yitzhak Ben Zvi lehnte das Gesuch vom 29. Mai 1962, in dem Eichmann seine Rolle in der NS-Vernichtungsmaschinerie herunterspielte, ab. Er wurde wenige Tage später hingerichtet.

Hier einige Auszüge aus dem handschriftlichen Brief, der auch in maschinenschriftlicher Version vorliegt:

"Den Richtern ist in der Beurteilung meiner Person ein entscheidender Irrtum unterlaufen, da sie sich nicht in die Zeit und in die Lage versetzen können, in der ich mich während der Kriegsjahre befunden habe. (...)

Es ist nicht richtig, dass ich so eine hochgestellte Persönlichkeit gewesen wäre, dass ich die Verfolgung der Juden selbstständig hätte betreiben können, und betrieben hätte, gegen eine solche Machtfülle spricht deutlich die von den Richtern im Urteil übergangene Tatsache, dass ich niemals einen solchen Dienstrang hatte, der mit so entscheidenden, selbstständigen Befugnissen hätte verbunden sein müssen. So habe ich aber keine einzige Anordnung im eigenen Namen gegeben, sondern stets nur "im Auftrag" gehandelt. (...)

Es ist auch nicht richtig, dass ich mich niemals von menschlichen Gefühlen hätte beeinflussen lassen. Ich habe gerade unter dem Eindruck der erlebten unerhörten Greuel, sofort um meine Versetzung gebeten (...)

Ich erkläre nochmals, wie bereits vor Gericht geschehen: Ich verabscheue die an den Juden begangenen Greuel als größtes Verbrechen und halte es für gerecht, dass die Urheber solcher Greuel jetzt und in Zukunft zur Verantwortung gezogen werden. (...)

Ich war kein verantwortlicher Führer und fühle ich daher nicht schuldig. Den Spruch des Gerichts kann ich nicht als gerecht anerkennen und bitte Sie, Herr Staatspräsident, von dem Gnadenrecht Gebrauch zu machen und anzuordnen, dass das Todesurteil nicht vollstreckt wird."

Juden-Deportation organisiert

Anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages wurden der in Schönschrift verfasste Brief Eichmanns und andere bisher als geheim eingestufte Dokumente bei einer Zeremonie in der Jerusalemer Residenz des Staatschefs für die Öffentlichkeit freigegeben.

Der einstige SS-Obersturmbannführer Eichmann hatte im Reichssicherheitshauptamt die Deportation der Juden in die Vernichtungslager organisiert. Er wurde 1960 von israelischen Agenten in Argentinien aufgespürt und nach Israel entführt. Dort wurde er zum Tode verurteilt.

Holocaust-Gedenktag: Als Adolf Eichmann um Gnade bat
QUALITY REPEAT A handwritten request for clemency by Adolf Eichmann, an architect of the Nazi Holocaust, is seen during a ceremony to mark 55 years since the Eichmann trial of at Israeli President Reuven Rivlin's residence in Jerusalem January 27, 2016. Israel made public on Wednesday the handwritten request for clemency by Adolf Eichmann, an architect of the Nazi Holocaust, who was executed by Israel in 1962 following a war crimes trial. In his letter to then-President Yitzhak Ben-Zvi, Eichmann said he was a "mere instrument" of leaders responsible for the killing of 6 million Jews in World War Two. His plea for his death sentence to be commuted was dated two days prior to his hanging. Release of the letter, written in ballpoint pen, coincided with International Holocaust Remembrance Day. REUTERS/Ammar Awad
Bei einer Gedenkveranstaltung 55 Jahre nach dem aufsehenerregenden Prozess gegen Eichmann sollten auch die Tochter des israelischen Chefanklägers Gideon Hausner und Rafael Eitan zugegen sein. Letzterer war als Agent des israelischen Geheimdienstes Mossad an der Entführung Eichmanns aus Argentinien beteiligt.

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