Haushalt: London soll sich zur EU bekennen

Haushalt: London soll sich zur EU bekennen
Nach der missglückten Abstimmung zum EU-Haushalt bekommt Briten-Premier Cameron Druck aus Brüssel.

Die Europäische Union hat angesichts des Widerstands der britischen Regierung gegen den zukünftigen EU-Haushalt Klarheit von Großbritannien über seinen Verbleib in der EU verlangt. Haushaltskommissar Janusz Lewandowski forderte in der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagausgabe), Großbritannien müsse jetzt zeigen, wohin es langfristig gehören wolle.

"Entweder es sieht für längere Zeit seine Zukunft in der Europäischen Union oder nicht", sagte Lewandowski laut Vorabbericht. Die festgefahrenen Verhandlungen über den EU-Etat drohen an einem Veto aus Großbritannien zu scheitern.

Der britische Premierminister David Cameron hatte am Donnerstag bekräftigt, er werde nicht zögern, sein Veto einzulegen, sollte es in den Verhandlungen über den langfristigen EU-Haushalt nicht zu einer Einigung im Interesse Großbritanniens kommen.

Zahlreiche europakritische Abgeordnete von Camerons konservativer Partei hatten am Mittwoch mit der Opposition gestimmt und Kürzungen im EU-Haushalt gefordert. Die Regierung in London wollte dagegen die Ausgaben auf dem bisherigen Stand festschreiben.

Mehr Aufgaben, mehr Geld

"Das Spiel in der Europäischen Union heißt Kompromiss", sagte der Haushaltskommissar. "Aber natürlich gibt es Grenzen: Wir können nicht mehr Europa mit substanziell weniger Geld schaffen", sagte der Haushaltskommissar.

Lewandowski verteidigte seine Position gegen Kritik, die Kommission fordere für die EU mehr Geld, während gleichzeitig überall die Staatshaushalte zusammengestrichen würden. "Wir brauchen das Geld, weil die EU jetzt viel mehr Aufgaben hat. Denken Sie allein an die Erweiterung und ihre Folgekosten."

Hinzu kämen neue Aufgaben etwa beim Bau transeuropäischer Netze. "Deshalb ist mein Haushaltsentwurf der Versuch, mit gleichem Geld mehr Europa zu finanzieren. Mein Ausgangspunkt ist der Haushalt 2013 plus Inflationsausgleich", sagte Lewandowski.

Auf dem EU-Sondergipfel der 27 Staats- und Regierungschefs Ende November soll eine Einigung über den Finanzrahmen der Union für die Jahre 2014 bis 2020 beschlossen werden.

Fast täglich droht der Brite, den Beschluss über den mehrjährigen EU-Haushalt 2014–2020 zu blockieren, Ende November soll ein Sondergipfel das milliardenschwere Budget beschließen. Europas Granden wollen jetzt Cameron vom Veto abbringen: Am Donnerstag redete EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy mit ihm, nächste Woche gibt es ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel .

Euro, Schengen-Reisefreiheit, Fiskalpakt oder EU-Finanzierung: Es gibt viele Bereiche, bei denen London nicht mitmacht oder Sonderrechte hat. 1984 bekam die Eiserne Lady Margaret Thatcher mit ihrem Schlachtruf "I want my money back" den Briten-Rabatt zugestanden. 2012 gibt es krisenbedingt kein Geld zu verteilen oder politische Zugeständnisse zu machen.

Seit Anfang Oktober ist der permanente europäische Rettungsschirm ESM in Kraft, der Schuldenstaaten Hilfen bis zu 500 Milliarden Euro geben kann.

Was den ESM-Managern in Luxemburg gegen den Strich geht, ist die Mitentscheidung der Abgeordneten in manchen Ländern, auch in Österreich. Sie fürchten, dass das Parlamentsprozedere rasche ESM-Beschlüsse über Bankenhilfen oder Anleihenkäufe am Sekundärmarkt verzögert und Insider-Informationen publik werden könnten.

ESM-Aktivitäten werden in Österreich streng von einem ESM-Unterausschuss des Nationalrates beobachtet. Kauft der ESM Anleihen oder rettet eine marode Bank, kann künftig Finanzministerin Maria Fekter den ESM-Ausschuss sofort einberufen, die Abgeordneten stimmen dann über dieösterreichische Position ab.

Ein Mitentscheidungsrecht haben nationale Parlamentarier auch über Sparprogramme für Länder, die unter den Rettungsschirm flüchten. Für die Mitglieder des ESM-Ausschusses gilt absolute Geheimhaltung, um ja keine Insider-Informationen auszuplaudern und so die Finanzmärkte zu beeinflussen. Aus diesem Grund werden gerade neue Verhaltensregeln verhandelt. Hält sich ein Politiker nicht daran (er/sie darf nicht einmal sagen, wann und wo die Sitzung stattfindet) , wird die Immunität sofort außer Kraft gesetzt, Haftstrafen drohen.

Jan Krainer , Mitglied des ESM-Ausschussses, verteidigt die Mitsprache nationaler Abgeordneter: "In der Demokratie müssen Entscheidungen für alle Bürger transparent und nachvollziehbar sein."

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