Hahn glaubt, Türkei-Deal hält auch ohne Visa-Freiheit

Hahn glaubt, Türkei-Deal hält auch ohne Visa-Freiheit
Ankara braucht Millionen aus dem Abkommen, sagt EU-Kommissar Johannes Hahn. Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei will er nicht abbrechen.

EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn geht davon aus, dass die Türkei auch ohne Visa-Freiheit am Flüchtlingsabkommen mit der EU festhalten wird. "Der Flüchtlingsdeal ist getrennt zu sehen von der Visa-Liberalisierung", sagte Hahn in einem Interview mit dem Handelsblatt. Die Europäer sollten sich nicht "ins Bockshorn jagen lassen und Konditionalitäten herstellen, die es gar nicht gibt".

"Türkei profitiert genauso stark"

Die Türkei profitiere von dem Abkommen genauso stark wie die EU, sagte Hahn und verwies auf die von der EU bereitgestellten Finanzmittel zur Versorgung der rund 2,7 Millionen Flüchtlinge in der Türkei. Darauf wolle Ankara "bestimmt nicht verzichten."

In dem im März zwischen der EU und Ankara geschlossenen Abkommen ist eine Zahlung von drei Milliarden Euro für 2016 und 2017 vorgesehen. Ist das Geld aufgebraucht, soll über weitere drei Milliarden entschieden werden. Laut Angaben der EU-Kommission sind bisher bereits 2,2 Milliarden an die Türkei geflossen.

Der von Angela Merkel federführend ausgehandelte Flüchtlings-Deal sieht vor, dass die Türkei auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommende Flüchtlinge zurücknimmt. Im Gegenzug dazu stellte die EU auch eine Visafreiheit für türkische Bürger in Aussicht. Die Voraussetzungen dafür sehen viele EU-Politiker auch wegen der repressiven Reaktion des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf den Putschversuch im Juli aber als nicht erfüllt an.

Ankara hatte zuletzt gedroht, das Abkommen platzen zu lassen, wenn der Visazwang nicht bis Oktober fällt.

Gegen Ende der Beitrittsverhandlungen

Hahn sprach sich zudem dagegen aus, die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei abzubrechen, wie es Bundeskanzlerin Christian Kern (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) kürzlich gefordert hatten. Er sei sich mit den 27 anderen EU-Staaten darin einig, "dass wir mit der Türkei im Gespräch bleiben sollten, solange Ankara das auch will", so Hahn. Auf die Frage, ob ein Beitritt der Türkei wie von Ankara angestrebt bis 2023 realistisch sei, sagte er jedoch: "Aus heutiger Sicht: nein."

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