Griechischer Finanzminister Varoufakis tritt zurück

Varoufakis sagt "Nein" - der griechische Finanzminister legte am Montag sein Amt zurück.
"Minister No More": Überraschender Rücktritt nach Sieg bei Referendum.

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis tritt zurück. Das teilte er am Montag nach dem Referendum mit, bei dem das griechische Volk die Sparauflagen der Gläubiger mit großer Mehrheit abgelehnt hatte.

Einige Mitglieder der Eurogruppe hätten ihm klar gemacht, dass sie es vorziehen würden, wenn er nicht mehr an ihren Treffen teilnehmen werde, erklärte Varoufakis am Montag auf seinem Internetblog. Sein Abschied sei von Ministerpräsident Alexis Tsipras als "potenziell hilfreich" betrachtet worden, weshalb er "heute" das Finanzministerium verlasse.

Dass Varoufakis unter seinen Kollegen auf EU-Ebene schlecht gelitten war, war ein offenes Geheimnis. Sein Rücktritt kommt dennoch überraschend, hatte der 54-Jährige diesen im Vorfeld des Referendums doch eigentlich für den Fall angekündigt, dass die Griechen mit "Ja" stimmen würden.

"Ich werde die Abscheu der Gläubiger mit Stolz tragen", schrieb Varoufakis weiter. Erst am Samstag hatte er in einem Interview den Geldgebern "Terrorismus" vorgeworfen und sie beschuldigt, auf ein Ja bei der Volksabstimmung zu drängen, um die Griechen "weiter demütigen" zu können.

Der Nachfolger von Yanis Varoufakis soll noch am Montag nach einem Treffen der griechischen Führung ernannt werden. Das Treffen beginnt einem Regierungssprecher zufolge um 09.00 Uhr (MESZ). Mögliche Nachfolger sind Wirtschaftsminister Georgios Stathakis und der Koordinator der Gespräche mit den Gläubigern, Euclid Tsakalotos.

Weitere Krisentreffen geplant

Das klare Nein (offizielles Endergebnis: 61,31 Prozent) der Griechen zu den Sparvorgaben der Gläubiger hat noch in der Nacht auf Montag eine intensive EU-Krisendiplomatie ausgelöst. EU-Ratspräsident Donald Tusk berief nach Bekanntwerden des Abstimmungsergebnisses einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder für den morgigen Dienstag (18.00 Uhr) ein.

EU-Kommissionschef Juncker will heute mit Spitzenvertretern der EU-Institutionen über das weitere Vorgehen beraten. Es sei eine Telefonkonferenz mit EU-Gipfelchef Tusk, Eurogruppenchef Dijsselbloem und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, geplant, teilte die EU-Kommission nach dem Referendum mit.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande wollen bereits am Montag in Paris über die Konsequenzen beraten. "Beide sind sich darin einig, dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist", hieß es am Sonntagabend in einer Erklärung des Bundespresseamtes.

Deutliches "Nein!"

Bei dem Referendum war eine überraschend deutliche Mehrheit der Griechen der Linie von Regierungschef Alexis Tsipras gefolgt und hatte sich gegen die Spar- und Reformvorschläge der internationalen Geldgeber ausgesprochen. Nach Auszählung aller Stimmzettel stimmten 61,31 Prozent mit "Nein", wie das Athener Innenministerium am frühen Montagmorgen mitteilte. Nur 38,69 Prozent sprachen sich am Sonntag dafür aus, unter den Konditionen der Geldgeber weiter zu verhandeln.

Dabei hatte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker im Einklang mit der Bundesregierung bis zuletzt die griechische Bevölkerung mit eindringlichen Worten aufgefordert, den Sparvorgaben der Gläubiger zuzustimmen, um eine griechische Staatspleite zu verhindern.

Tsipras fordert Zugeständnisse

Tsipras forderte nach dem Erfolg beim Referendum Zugeständnisse der internationalen Geldgeber. Sein Land sei weiter zu Reformen bereit, dringend notwendig seien aber Investitionen sowie die Umstrukturierung der Schulden, sagte Tsipras am Sonntagabend in einer Fernsehansprache. An seine Landsleute gewandt betonte Tsipras: "Das Mandat, das Sie mir erteilt haben, ruft nicht nach einem Bruch mit Europa, sondern verleiht mir eine größere Verhandlungsmacht."

Unter den Euro-Staaten gab es unterschiedliche Reaktionen auf das griechische Referendum. Die italienische Regierung sprach sich für neue Verhandlungen aus. "Jetzt ist es richtig, wieder damit anzufangen, eine Vereinbarung zu suchen", erklärte Außenminister Paolo Gentiloni. Bereits im Tagesverlauf hatte Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron gefordert, es gehe darum, einen guten Kompromiss zwischen den notwendigen Reformen und der Solidarität mit dem von der Staatspleite bedrohten EU-Land zu finden.

Angesichts der wachsenden sozialen Not in Griechenland erwartet EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, dass die Europäische Union schon am Montag oder Dienstag ein "humanitäres Hilfsprogramm" für das Euro-Krisenland auflegt.

Feierlaune nach Referendum

In Athen feierten kurz nach Schließung der Wahllokale Tausende Gegner des Reformprogramms auf den Platz vor dem Parlament. Viele Griechen machen die Gläubiger aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank und deren Sparvorgaben für die dramatische Lage im eigenen Land verantwortlich.

Der Euro, der nach dem Nein der Griechen zu den Sparauflagen in der Nacht nachgegeben hatte, ist Montagfrüh nach der Rücktrittsankündigung des griechisches Finanzministers Yanis Varoufakis wieder leicht gestiegen. Eine Zusammenfassung zu den Reaktionen der Börse finden Sie hier.

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