EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

Jeroen Dijsselbloem, Eurogruppenchef, hat den Auftrag zur Überprüfung des griechischen Hilfsantrags erteilt.
Eurozone stellt Athen Ultimatum bis Sonntag: Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hat den Auftrag erteilt.

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hat nach dpa-Informationen die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) damit beauftragt, den griechischen Antrag auf neue Rettungsgelder zu überprüfen. Die Institutionen werden nun die finanzielle Lage des akut pleitebedrohten Landes untersuchen. Dijsselbloem habe den Auftrag als Vorsitzender des Gouverneursrats des Eurorettungsschirms ESM gegeben, hieß es.

Zuvor hatte die griechische Regierung das Gesuch für eine Drei-Jahres-Plan am Mittwoch gestellt. Der Brief Griechenlands werde als "brauchbar" eingestuft, hieß es zunächst aus EU-Kreisen. Der Euro-Sondergipfel am Dienstag hat Griechenland ein Ultimatum gestellt. Sollte bis Sonntag keine Einigung über Eckpunkte eines neuen Hilfsprogrammes erzielt werden, droht Griechenland ein Ausscheiden aus dem Euro und ein weiterer EU-Gipfel soll humanitäre Maßnahmen in dem Land vorbereiten.

Notkredite bei 90 Mrd. Euro

Derzweil wird die EZB die Notkredite für griechische Banken (ELA) laut einem Medienbericht auf dem aktuellen Stand von knapp 90 Mrd. Euro halten. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Bloomberg aus Notenbank-Kreisen. Laut dem Bericht will die Notenbank erst am kommenden Montag das Kreditvolumen wieder überprüfen.

Konkrete Reformpläne will die Regierung in Athen am Donnerstag präsentieren. Ministerpräsident Alexis Tsipras zeigte sich im Europaparlament kompromissbereit.

Allerdings erklärte er den bisherigen Rettungskurs für gescheitert, der dem Land nur Armut und Arbeitslosigkeit gebracht habe. Falls die Kompromisssuche kein Ergebnis bringt, sieht sich die deutsche Regierung für alle möglichen Entwicklungen gerüstet - also auch für einen Euro-Austritt ("Grexit") der Griechen. Dagegen betonte der französische Ministerpräsident Manuel Valls, sein Land werde diese Option nicht hinnehmen. Die EZB signalisierte, dass sie den Geldhahn für die austrocknenden Hellas-Banken nicht ewig offenhalten kann.

Indes bleiben die griechischen Banken angesichts der schweren Finanzkrise mindestens zwei weitere Tage geschlossen. Den entsprechenden Ministerialerlass habe der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas am Mittwoch unterzeichnet, berichtete das Staatsradio (ERT). Theoretisch könnten die Banken damit frühestens am Montag wieder öffnen, in Athen rechnen Experten aber mit einer Fortsetzung der Schließung.

Keine Ansteckungsgefahr

Kaum Ansteckungsgefahr durch die Griechenland-Krise für das weltweite Wirtschafts- und Finanzsystem sieht der US-Finanzminister Jacob Lew. Die Lage sei verglichen mit den Jahren 2010 bis 2012 "sehr anders", sagte Lew am Mittwoch bei einer Veranstaltung am Washingtoner Politikinstitut Brookings. "Das Ansteckungsrisiko ist in hohem Maße eingedämmt worden."

Ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro stelle "kein unmittelbares Risiko" für die US-Wirtschaft dar, berge aber Gefahren für die "wirtschaftliche und geopolitische Stabilität in Europa".

Impressionen aus Griechenland

EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

GREECE ECONOMY CRISIS BANK QUEUES
EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

A pensioner leans against the main door of a branc
EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

A worker cleans graffiti outside the central Bank
EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

A woman sweeps the pavement in front of her shop a
EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

A fishmonger waits for customers in a local market
EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

A butcher smokes as he waits for customers in a lo
EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

People read the front pages of various newspapers
EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

A woman reads a book in the village of Meyisti
EU-Institutionen prüfen Hilfsantrag aus Athen

A woman reacts as she prepares to enter during a c

Weiterführende Artikel:

Im griechischen Finanzdrama wird in der Eurogruppe heftig darüber gestritten, ob Athen erneut Schulden erlassen bekommt. Viele Begriffe sind dabei im Spiel und sorgen für Verwirrung:

SCHULDENSCHNITT: Wenn ein Staat so viel Schulden aufgehäuft hat, dass er sie nicht mehr zurückzahlen kann und auch das Geld für Zinszahlungen fehlt, dann versucht er zu erreichen, dass seine Gläubiger auf einen Teil ihres Geldes verzichten. Das nennt man Schuldenschnitt und es ist die für die Gläubiger - außer dem offiziellen Zahlungsausfall - härteste Maßnahme. Für das Schuldnerland schafft es dagegen finanzielle Spielräume. Allerdings wächst auch das Misstrauen, dem Staat künftig noch einmal Geld zu leihen. Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras hat immer wieder einen Schuldenschnitt gefordert.

HAIRCUT: Fachjargon für Schuldenschnitt. Bedeutet, dass die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen an ein Krisenland verzichten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte zuletzt: "Ein Haircut kommt nicht infrage. Das ist ein Bailout innerhalb der Währungsunion, und das ist verboten." Mit Bailout ist die Übernahme von Schulden eines Eurolandes durch die anderen Mitglieder gemeint.

SCHULDENERLASS: Anderer Begriff für Schuldenschnitt. Gläubiger und Schuldner treffen eine Vereinbarung über eine teilweise oder gänzliche Löschung der Schulden.

UMSCHULDUNG: Auch bei einer Umschuldung verlieren Gläubiger unter dem Strich Geld - allerdings nicht auf einen Schlag. So kann die Rückzahlung des geliehenen Geldes über einen längeren Zeitraum, sprich Jahre oder Jahrzehnte gestreckt werden, oftmals werden auch niedrigere Zinsen vereinbart. Dafür verspricht der Staat aber, das Geld zu 100 Prozent zurückzuzahlen. Je länger die Rückzahlung gestreckt wird, desto stärker kann die Inflation allerdings am Wert des Geldes nagen.

SCHULDENERLEICHTERUNG: Wird oft als Oberbegriff für eine tragbarere Gestaltung der Schuldenlast verwendet, beispielsweise durch Zinsreduzierung.

FREIWILLIGER FORDERUNGSVERZICHT: Gläubiger treffen eine Vereinbarung mit dem Schuldnerland, dass sie teilweise oder vollständig auf die Rückzahlung ihrer Forderungen verzichten. Im März 2012 verzichteten überwiegend private Gläubiger "freiwillig" auf rund die Hälfte ihrer Forderungen - als Teil eines umfassenden Hilfsprogramms von Euroländern und IWF.

Kommentare