Griechenland: Die Suche nach den Superreichen

Eine Unternehmensfortführung ist noch nicht sichergestellt (Symbolbild)
Die neue Regierung will die Vermögenden zur Kasse bitten. In Brüssel könnte heute eine Entscheidung fallen.

Das Skifahren hatte es Stavros Niarchos angetan. Und so siedelte sich der milliardenschwere griechische Reeder in St. Moritz an, kaufte Luxushotels und Seilbahnen, mehrte sein Vermögen und vererbte seiner Familie ein riesiges Firmenimperium, von dem nur wenige Euro je an den griechischen Fiskus geflossen sein dürften. Bis heute gilt die weiter in der Schweiz ansässige Niarchos-Dynastie als eine der reichsten griechischen Familien. Allein das Vermögen von Familienoberhaupt Philip Niarchos (61) wird auf rund 2,2 Milliarden Euro geschätzt.

Mit seiner alten Heimat Griechenland bleibt der leidenschaftliche Kunstsammler – er soll angeblich die größte private Sammlung von Van-Gogh-Bildern besitzen – eng verbunden. Nirachos finanziert Kulturzentren, Stiftungen und wohltätige Einrichtungen. Nur die erhofften Steuermilliarden, mit denen die linke Regierung von SYRIZA-Chef Alexis Tsipras die gröbsten Löcher im griechischen Budget zukitten will, wird die Niarchos-Familie nicht überweisen. Denn wie die meisten Superreichen Griechenlands hat die alte Reederdynastie weder ihren Wohnort noch den Sitz ihrer Firmen in der alten Heimat. Sie wollen, wie der griechische Krimiautor Petros Makarios in einem Interview lästerte, "gute Griechen sein, aber geschäftlich nichts mit Griechenland zu tun haben".

Alexis Tsipras im Porträt:

Griechenland: Die Suche nach den Superreichen

Opposition leader and head of radical leftist Syri
Griechenland: Die Suche nach den Superreichen

GREECE ELECTIONS
Griechenland: Die Suche nach den Superreichen

GREECE ELECTIONS
Griechenland: Die Suche nach den Superreichen

Greece's opposition leader Tsipras, head of the Sy
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Opposition leader and head of radical leftist Syri

Zielland Schweiz

Lange war die Schweiz das Zielland Nummer eins der vermögendsten Hellenen. Und Dutzende Milliarden flossen abermals in Richtung der verschwiegenen Banken der Eidgenossenschaft, als 2008 die Wirtschaftskrise Griechenland voll erwischte. Als dann 2010 die damalige französische Finanzministerin (und nunmehrige IWF-Chefin) Christine Lagarde den Athener Behörden eine Liste mit den Namen von 2000 griechischen Kunden bei der britischen HSBC-Bank überreichte, war die Aufregung groß. Doch kein einziger Fall wurde aufgegriffen. Einzige Folge: Die reichen Griechen weichen nun bevorzugt nach London aus.

In der Themse-Metropole hat auch Stelios Haji-Ioannous das große Geld gemacht. Seinen steuerschonenden Wohnsitz aber hat "Big Stel", wie ihn die britischen Medien bevorzugt nennen, in Monaco. Der in Athen geborene Sohn einer reichen Reederfamilie wollte mehr als nur Erbe sein: Er studierte in London Wirtschaft, borgte sich dann von seinem Vater einen 30-Millionen-Euro-Kredit, gründete Mitte der 90er-Jahre die Billigfluglinie Easyjet – und machte fortan seine eigenen Milliarden. Der von der Queen zum Ritter geschlagene Unternehmer unterstützt zahlreiche Charitys in Griechenland, fördert Start-ups und unterstützt Umweltprojekte. Eine Rückkehr in die alte Heimat aber hat "Sir Stelios" vorerst nicht auf dem Plan.

Die reichste Familie

Eine Familie, die Premier Alexis Tsipras bei seiner Suche nach den fehlenden Steuermilliarden besonders im Auge habe dürfte, sind die Latsis. Die Großfamilie mit Wohnsitz Bellevue bei Genf hat zwar in der seit fünf Jahre dauernden Wirtschaftskrise mindestens eine Milliarde Euro an Vermögen verloren. Sie gilt aber mit einem Vermögen von weiterhin 2,2 Milliarden Euro als eine der reichsten griechischen Familien überhaupt.

Unternehmensboss Spiros Latsis (68)hat von der Krise aber auch profitiert: Seine schwer in Trudeln geratene EFG Eurobank erhielt eine 4,2-Milliarden-Spritze durch den Euro-Rettungsschirm. Latsis besitzt nicht nur die zweitgrößte Bank Griechenlands, sondern auch eine Reederei, eine Immobiliengesellschaft, 30 Prozent an Hellenic Petroleum und die Privatjetfirma Private Air. Ihm gehört eine Jachtagentur sowie die 122 Meter lange Superjacht "Alexander" mit einer 57-köpfigen Mannschaft, eigenem Kino, Hubschrauberlandedeck, Disco und 40 Kabinen.Die Milliarden für den Milliardär haben viele Griechen zutiefst empört. Bei Demonstrationen wurden mehrere Filialen seiner Bank in Athen zerstört. Von Spiros Latsis ist selten in der Öffentlichkeit zu hören oder zu lesen. Umso öfter taucht der Name seines Jetset-freudigen Neffen Paris Latsis auf. Der 32-Jährige war kurz mit Hotel-Imperium-Erbin Paris Hilton verlobt. Die Liebe zwischen den beiden "Paris" währte nur kurz – ebenso wie die Affäre der Paris Hilton mit einem anderen, superreichen griechischen Reederenkel: Stavros Niarchos. Auch beim jungen Latsis und Niarchos Jun. wird der griechische Premier Tsipras keine Steuermillionen holen können. Beide Jung-Multimillionäre sind ins Filmgeschäft in Hollywood eingestiegen.

Am Wochenende wurde mit Hochdruck an einer Lösung für die griechische Schuldenmisere gearbeitet. Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (vormals "Troika" genannt) trafen sich mit griechischen Beamten, um an einer möglichen Verlängerung des Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms zu feilen. Ob dies zu einer positiven Beurteilung der EU-Finanzminister beiträgt, wird sich zeigen. Das Treffen der Eurogruppe beginnt um 15 Uhr und dürfte wegen der grundlegend verfahrenen Situation länger dauern. Details zu möglichen Ergebnissen vom Wochenende liegen nicht vor.

Fehlen "konkreter Daten"

Die Einschätzung, wie die Gespräche verlaufen werden, waren am Montag alles andere als einheitlich. Noch in der Früh waren die Optimisten in der Unterzahl. Einem Medienbericht zufolge warnen Unterhändler vor einem Scheitern der Gespräche. Athen sei weiter nicht in der Lage, konkrete Daten vorzulegen, hieß es laut der Süddeutschen Zeitung. Die griechischen Unterhändler "scheinen auf einem anderen Planeten zu leben", sagte demnach ein ranghoher EU-Diplomat. Stunden später wurde aus Ratskreisen verlautet, dass sich eine "Verlängerung des Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms" abzeichne. Allerdings ist dafür auch ein konkreter Antrag der griechischen Regierung notwendig.

Bisher hat sich die neue griechische Regierung unter Premier Alexis Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis allerdings geweigert, überhaupt eine schriftliche Aufstellung ihrer Vorstellungen zu übermitteln. Deswegen war es auch vergangenen Mittwoch bei einem Sondertreffen der Währungsunion zu keiner Einigung gekommen.

"Programm bis Jahresmitte verlängern"

Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling hatte im Vorfeld erklärt, das jetzige Programm für Griechenland müsste mit den Komponenten von Währungsfonds und Kommission etwa bis Jahresmitte verlängert werden. Falls man sich bei der Eurogruppe oder dem anschließenden Ecofin am Dienstag in Brüssel nicht einig werde, würden die Zahlen der EZB eher darauf hindeuten, das Griechenlands Geldmittel "nicht sehr weit reichen werden", so Schelling.

Die Geduld der anderen 18 Euro-Länder für ein Entgegenkommen neigt sich offenbar rapid dem Nullpunkt zu. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble warf Athen Verantwortungslosigkeit vor und zeigte sich vor der Sitzung der Eurogruppe skeptisch. Zwar wolle niemand ein Ausscheiden von Griechenland aus dem Euroraum, aber Athen müsse ein Mindestmaß dafür tun. Schäuble lehnt entschieden ab, über griechische Forderungen für ein europäisches Sozialprogramm auf Kosten aller zu reden.

Soziale Auswirkungen

Zuletzt hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach dem Gipfel der 28 Staats- und Regierungschefs vergangene Woche konzediert, dass er die Sorgen Athens wegen gravierender sozialer Auswirkungen des Schuldenprogramms auf die Bevölkerung verstehe. Und nach wochenlangen ablehnenden Stellungnahmen hatte erstmals auch Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel Kompromissbereitschaft gegenüber Griechenland signalisiert.

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