Griechen trotzen EU: Beamte werden zurückgeholt

Der neue griechische Premier Alexis Tsipras.
Premier Tsipras stoppt auch Privatisierungen und legt sich gegen Russland-Kurs quer. Experten warnen vor falschen Signalen.

Hoffnung" hat die griechische radikale linke Partei Syriza ihren Wählern versprochen, doch schon nach zwei Tagen im Amt sorgt ihre Regierung vor allem für Verunsicherung nicht nur in der EU. Denn die Linksregierung hat die Suspendierung etlicher Privatisierungsprojekte und die Wiedereinstellung gekündigter Beamter angekündigt. Beides verstößt gegen Griechenlands Vereinbarungen mit der Troika – die internationalen Kreditgeber von EU, EZB und IWF. Das sind keine gute Nachrichten auch für die potenziellen Investoren, meinen Ökonomen. "Damit schickt man den internationalen Finanzmärkten das Signal, dass Griechenland kein gutes Land für Investitionen ist", sagte zum KURIER Nikolaos Georgikopoulos, Gastprofessor an der New York Universität in den USA.

Noch bevor er offiziell ins Amt eingeführt wurde, kündigte der neue griechische Schifffahrtsminister Theodore Dritsas an, dass die Privatisierung des größten griechischen Hafen Piraeus bei Athen angehalten werde. Unabhängig davon sagte sein Kollege, Energieminister Panagiotis Lafazanis, der Sprecher des linken Flügels innerhalb von Syriza, dass die neue Regierung auch nicht die geplante Privatisierung des größten Energieunternehmens PPC fortführe.

Auch was die in den Kreditvereinbarungen festgelegte Kündigung von 4000 Beamten angeht, legte die neue Regierung den Rückwärtsgang ein. "Verfassungswidrige" Entlassungen von Staatsangestellten würden rückgängig gemacht, erklärte der Minister für Verwaltungsreformen, George Katrougalos; darunter fallen auch die Kündigungen von Schulwächtern und Putzpersonal des Finanzministeriums. Der Mindestlohn im Privatsektor soll wieder auf 751 Euro angehoben werden, sagte Arbeitsminister Skourlitis.

Durch die staatliche Privatisierungsagentur HRADF hält Griechenland derzeit einen 51,1-prozentigen Anteil an PPC, das Strom an fast alle griechische Privathaushalte liefert. Als Teil einer Energieliberalisierung hat die vorherige Regierung der konservativen Nea Dimokratia im vergangenen Sommer ein Gesetz erlassen, wonach 30% der Kapazitäten und Kunden der PPC zum Verkauf stünden, sowie 17 % der Aktien.

HRADF hält auch noch 74 Prozent am Piraeus-Hafen (OLP). Unter den fünf Anbietern für einen 67-prozentigen Anteil am OLP war die chinesische staatliche Firma COSCO. 2008 hat COSCO Teile des Piraeus-Hafens für 35 Jahre gepachtet – bislang die größte chinesische Investition in Griechenland.

Griechische Ökonomen zeigen sich beunruhigt über die ersten wirtschaftlichen Ankündigungen der Tsipras-Regierung. Da sie aber über das "Anhalten" von Privatisierungsprojekten und nicht deren Stopp spricht, sei es noch zu früh, endgültige Schlüsse zu ziehen. "Meine persönliche Meinung ist, dass sie nicht umsetzen werden, was sie jetzt sagen", sagte zum KURIER ein führender Wirtschaftsexperte, der anonym bleiben wollte.

Die Anleger jedenfalls ergriffen am Mittwoch die Flucht und verkauften griechische Aktien fast zu jedem Preis. Banktitel stürzten um bis zu 30 Prozent ab.

Zwei Dinge fallen besonders auf an der neuen griechischen Regierung: Dass in ihr keine Frauen vertreten sind, was selbst für ein südliches Macho-Land ungewöhnlich ist. In Griechenland wird es nicht diskutiert.

Und dass der neue Außenminister Nikos Kotzias herzliche Kontakte zum rechtsextremen russischen Philosophen Alexander Dugin unterhalten soll, der vom großrussischen Reich schwärmt und die Expansion in die Ostukraine befürwortet. Im Internet wird ein gemeinsames Fotos der beiden anlässlich eines Dugin-Besuches in Griechenland 2013 verbreitet.

Auffallend auch, dass der neue Premier schon am ersten Tag im Amt den russischen Botschafter getroffen haben soll (und Griechenland gegen verschärfte EU-Sanktionen auftritt, siehe Seite 5); dass Alexis Tsipras im Frühjahr 2014 das Krim-Referendum unterstützt hat; und dass der Vize-Außenminister Chountis als EU-Abgeordneter gegen jede Russland-kritische Resolution gestimmt hat.

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