Terror: Die Gefahr der schmutzigen Bomben

Symbolfoto.
Jährlich verschwindet 100 Mal radioaktives Material. In Washington gibt es ab Donnerstag dazu ein Gipfeltreffen.

Die terroristische Bedrohung durch atomare, biologische und chemische Waffen ist nicht erst seit den Terroranschlägen in Brüssel allgegenwärtig. Besonders heikel ist dabei der Fund eines Videos im November 2015. Das zehnstündigen Video konzentriert sich auf eine Person: Den Direktor des belgischen Nuklearforschungszentrums SCK-CEN. Gefunden wurde das Video in der Wohnung der Ehefrau von Mohamed Bakkali. Dieser soll an den Vorbereitungen der Attentate von Paris im November beteiligt gewesen sein.

Vor diesem Hintergrund treffen sich auf Einladung von US-Präsident Barack Obama ab Donnerstag in Washington mehr als 50 Staats- und Regierungschefs sowie zahlreiche Vertreter internationaler Organisationen, um über die nukleare Sicherheit zu debattieren. Ziel ist es, die weltweiten Bestände radioaktiven Materials zu verringern und so gut wie möglich zu sichern. Erstmals will der Gipfel auch über Möglichkeiten sprechen, auf terroristische Attacken in Städten zu reagieren.

Gefahr durch "schmutzige Bomben"

"Nuklearer Terrorismus ist eine der größten Bedrohungen unserer gemeinsamen Sicherheit", erklärte die US-Regierung vor dem Gipfel. Obamas stellvertretender Sicherheitsberater Ben Rhodes sagte in einer Telefonkonferenz im Weißen Haus, es sei für Terroristen heute aber schwieriger denn je, an nukleares Material zu kommen.

Dennoch verschwindet nach Berichten der internationalen Atomenergieorganisation IAEA jährlich etwa 100 Mal irgendwo auf der Welt radioaktives Material. Allerdings ist dieses nicht immer hoch angereichert, was für die äußerst komplizierte Herstellung einer Atombombe nötig wäre.

"Das Gefahrenpotenzial eines Anschlags mit chemischen, biologischen, radiologischen oder nuklearen Waffen wird von der Bundesregierung sehr ernst genommen", hieß es schon Ende Dezember in einer Antwort der Regierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion, die Spiegel Online zitiert.

Zudem sei seit Ende der Neunzigerjahre ein Interesse "islamistisch geprägter terroristischer Strukturen" an diesen Stoffen feststellbar, heißt es darin weiter.

Schwarzmarkt für radioaktives Material

Dass Terroristen radioaktives Material kaufen können, zeigt auch eine investigative Ermittlung der Nachrichtenagentur AP. Anfang 2015 gab sich ein Journalist in Moldawien als Vertreter des "Islamischen Staat" aus und bekam radioaktives Cäsium für 2,5 Millionen Euro angeboten.

Ebenfalls verschwanden im vergangenen Jahr bis zu zehn Gramm Iridium-192 vom Gelände einer US-Firma bei Basra im Irak. Die Internationale Atomenergie-Agentur IAEA fahnde seit November erfolglos nach dem Material.

Vor "bedeutenden Lücken" in der Sicherung nuklearen Materials warnt auch ein aktueller Bericht der Nuclear Threat Initative in Washington. "Die Zutaten für eine Bombe liegen in Zehntausenden Anlagen in mehr als 100 Ländern", sagte der NTI-Chef Sam Nunn. "Viele von ihnen sind schlecht gesichert und anfällig für Diebstahl."

Es gibt aber auch Erfolgsmeldungen. So wurde von den USA seit 2009 offiziellen Angaben zufolge 3,8 Tonnen Nuklearmaterial gesichert - genug für 150 Atomwaffen.

Andererseits beobachtet die Regierung in Washington zum Beispiel die Bewaffnung Pakistans mit kleineren taktischen Atomwaffen sehr argwöhnisch, weil diese besonders leicht zu entwenden seien, berichtet die New York Times.

Terror in Brüssel

Besonders Kopfzerbrechen bereitet den Sicherheitsbehörden, wie bereits erwähnt, die Entwicklung in Belgien, schreibt die New York Times. Das Land sei so zerfasert und desorganisiert, dass man eine Gefährdung seiner Atomanlagen fürchten müsse. Dies nähre die Sorge vor einem ungleich schlimmeren Anschlag als dem jüngsten in Brüssel.

Der Haupttag des Gipfels ist der Freitag, er wird mit einer Pressekonferenz Obamas am frühen Abend (Ortszeit) abgeschlossen. Am Donnerstag kommt es nach Ankunft der Delegationen zu zahlreichen bi- und multilateralen Treffen, unter anderem zum Thema Nordkorea.

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