Israel baut neue Mauer in Jerusalem

Sperranlage in Arbeit
Gewaltwelle reißt nicht ab: Zuletzt Anschlag auf Busbahnhof. Israelis greifen zu den Waffen.

Angesichts der neuen Gewaltwelle will Israel arabische und jüdische Viertel im Ostteil Jerusalems mit einer Mauer trennen. Das arabische Viertel Issawijeh solle eingezäunt und damit de facto zu einer Enklave in Jerusalem werden, berichtete der israelische Rundfunk am Montag. Teil des Plans sei eine 1,5 Kilometer lange und neun Meter hohe Mauer, deren Baukosten auf umgerechnet 4,6 Millionen Euro geschätzt werden. Die Mauer solle verhindern, dass Palästinenser aus Issawijeh Steine und Brandflaschen auf Autos werfen, die auf einer naheliegenden Straße zwischen Jerusalem und der Siedlerstadt Maale Adumim unterwegs sind.

Israel baut neue Mauer in Jerusalem
Übersichtskarte Ostjerusalem mit israelischen Siedlungen und palästinensischen Wohngebieten, Lokalisierung des neuen Mauerbaus nach Angriffen GRAFIK 1206-15, 88 x 100 mm
Ein anderer Teil des Viertels mit rund 20.000 Einwohnern solle mit Betonblöcken abgesperrt werden. Eine ähnliche Sperre sei zwischen der israelischen Siedlung Armon Hanaziv und den arabischen Vierteln Jabel Mukaber und Sur Baher geplant. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums betonte, es handle sich um reine Sicherheitsmaßnahmen und nicht um einen politischen Schritt. Israel hat ganz Jerusalem zur "ewigen und unteilbaren" Hauptstadt erklärt. Die Palästinenser beanspruchen dagegen den von Israel annektierten arabischen Ostteil Jerusalems als Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates.

Seit Monatsbeginn sind bei palästinensischen Schuss- und Messerattacken acht Israelis getötet worden. Mehr als 40 Palästinenser kamen ums Leben, die Mehrheit Attentäter. Die restlichen Menschen wurden bei Konfrontationen mit israelischen Sicherheitskräften getötet. Laut Medienberichten stammen die meisten Täter aus dem arabischen Ostteil Jerusalems.

Am Sonntag hat es einen Angriff in einem Busbahnhof in der südisraelischen Stadt Bersheba gegeben, dabei starben drei Menschen, auch der Attentäter. Elf weitere Menschen - vier Soldaten und sieben Zivilisten - seien am Sonntagabend verletzt worden, teilte die Armee mit.

Die Folge der Gewaltspirale: mehr Gewalt. Tausende von Israelis wollen sich nun bewaffnen. Der israelische Armeesender berichtete am Montag von einem deutlichen Anstieg der Anträge für einen Waffenschein. Polizeiminister Gilad Erdan hatte wegen der vielen Anschläge angekündigt, er wolle den Prozess zum Erwerb eines Waffenscheins erleichtern und beschleunigen.

UN-Plan abgelehnt

Als ein Auslöser der neuen Gewaltwelle gelten auch Streitigkeiten um den Tempelberg in Jerusalem. Er liegt in Jerusalems Altstadt, die Israel 1967 erobert und später annektiert hatte. Die Verwaltung der Stätte untersteht Jordanien und der islamischen Waqf-Stiftung. Grundsätzlich dürfen nur Muslime auf dem Tempelberg beten, der aber auch Juden heilig ist. Die Palästinenser befürchten, dass Israel immer mehr Juden eine Sondergenehmigung für Besuche auf dem Areal erteilt und damit die Kontrolle der Muslime über die drittheiligste Stätte im Islam aushebelt. Israel bestreitet dies. Ein Entwurf Frankreichs für eine Resolution des UNO-Sicherheitsrats sieht nach Medienberichten vor, internationale Beobachter auf den Tempelberg zu entsenden. Diese sollten nach möglichen Verstößen gegen den Status quo Ausschau halten. Israels Regierungschef Netanyahu lehnt den Plan kategorisch ab. Israel sei auf dem Tempelberg "nicht das Problem, sondern die Lösung", argumentierte er. US-Außenminister John Kerry will mit Netanyahu voraussichtlich bei einem Treffen in Berlin nach einem Weg aus dem Konflikt suchen. US-Präsident Barack Obama zeigte sich äußerst besorgt über die jüngste Gewalt in der Region.

Nach den Messerattacken auf Israelis haben auch mindestens vier israelische Städte am Sonntag die Beschäftigung von Arabern in Schulen verboten. Israelische Eltern forderten daher aus Angst um ihre Kinder, dass arabische Israelis nicht mehr an Schulen beschäftigt werden sollten. Angehörige dieser Minderheit, die etwa 20 Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen, arbeiten oft als Hausmeister und Reinigungskräfte. Die größte Partei der arabischen Israelis kritisierte das Arbeitsverbot, das unter anderem in Tel Aviv gilt, als Diskriminierung und Rassismus. Am Sonntag beschloss die Regierung zudem weitere Sicherheitsmaßnahmen.

Kommentare