Grenzkontrollen auch 2018: EU signalisiert Zustimmung

Österreich darf bis 11.11. die Grenze gegenüber Ungarn und Slowenien kontrollieren
Wien und Berlin ziehen an einem Strang und bringen ihre harte Linie in Brüssel durch.

In Brüssel rauchen die Köpfe der Chef-Juristen. Wie können die Kontrollen an den Binnengrenzen aufrecht bleiben, so wie es Österreich verlangt? – Das ist die Frage, mit der sich Experten der EU-Kommission und des Rates derzeit herumschlagen.

Im ORF-Sommergespräch Montagabend hat ÖVP-Spitzenkandidat und Außenminister Sebastian Kurz gesagt, dass es weiterhin Grenzkontrollen brauche, solange "die Flüchtlingsströme in Bewegung" seien. "Ein Europa ohne Grenzen ist nur mit funktionierenden Außengrenzen möglich."

Wegen des massiven Andranges von Migranten im Herbst 2015 und Monate danach haben Österreich und weitere Länder des Schengenraumes (Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen) Grenzkontrollen zugesichert bekommen. Am 11. November läuft für Österreich und Deutschland die Genehmigung für Grenzkontrollen aus, die für zwei Jahre galt. Nach dem Schengen-Kodex ist keine weitere Verlängerung mehr möglich. "Formal sind wir am Ende der Fahnenstange angelangt", erklärt ein EU-Jurist dem KURIER.

Doch bei diesem formalen Argument wird es nicht bleiben. Die Causa "Verlängerung der Grenzkontrollen" ist heikel und wird in Brüssel als Chefsache behandelt. Die EU-Kommission sucht nach einem rechtlichen Ausweg. "Es wird eine Lösung geben", beruhigt ein mit der Sache befasster Brüsseler Experte.

Neue Interpretation

Eine neue Auslegung des Artikel 29 des Schengen-Kodex könnte helfen, Österreich und anderen Staaten, die es wollen, eine weitere Verlängerung der Grenzkontrollen zu erlauben. Im entsprechenden Artikel, der jetzt bereits angewendet wird, ist von "außergewöhnlichen Umständen wegen schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen" die Rede. An dieser Formulierung knüpft auch Innenminister Wolfgang Sobotka an. "Solange es keinen Schutz der EU-Außengrenze gibt, werden wir weiterhin nationale Maßnahmen setzen", erklärte er dem KURIER.

Neben Österreich haben Frankreich, Dänemark und Deutschland die Verlängerung der Grenzkontrollen verlangt. Sie müssen im Herbst aber bei der Kommission um Verlängerung ansuchen. Die Wünsche der Deutschen werden heute, Mittwoch, beim Treffen von Kommissionschef Jean-Claude Juncker und der deutschen Kanzlerin in Berlin Thema sein – das hat Angela Merkel bei ihrer Sommer-Pressekonferenz am Dienstag angekündigt: "So wie sich die Situation darstellt, brauchen wir die Grenzkontrollen." Das ist ungewöhnlich, denn bisher hat sie eine so deutliche Aussage dazu vermieden. Offenbar drängen der Wahlkampf und die Sicherung des Friedens mit der CSU sie dazu.

"Nicht abschotten"

Dass sie damit aber von ihrem Mantra abweicht, nach einer umfassenden Lösung zu suchen, ist damit nicht gesagt; im Gegenteil. Nicht nur nationale Lösungen seien gefragt, sagte Merkel mehrmals. Das kann man durchaus als leise Kritik an Österreich verstehen. Dass deutsche Kanzleramt und Außenministerium nicht immer nur Freude mit Äußerungen von Außenminister Kurz haben, ist schließlich ein offenes Geheimnis. Zum Thema Österreich sagte sie darum nur: "Natürlich gibt es Abstimmungen, wir sind ja durch die Grenzübergänge in permanentem Kontakt. Mein einziger Punkt ist: Wir sind uns einig, dass wir die Fluchtursachen bekämpfen müssen. Aber es muss dann auch gemacht werden." Gemeint ist damit, den Hebel vor allem in Afrika – in den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlinge – anzusetzen. "Wir können uns nicht einfach abschotten und so weitermachen".

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