Für drei von vier jungen Europäern ist EU eher Wirtschaftsbündnis

Für drei von vier jungen Europäern ist EU eher Wirtschaftsbündnis
Auch Demokratieskepsis ist unter den 16- bis 26-Jährigen in den sieben Ländern, in denen die Umfrage gemacht wurde, weit verbreitet.

Für die überwiegende Mehrheit der jungen Europäer ist die EU heutzutage vor allem eine Gemeinschaft zur Durchsetzung ökonomischer Ziele. In einer am Donnerstag vorgestellten Umfrage der Tui-Stiftung unter 16- bis 26-Jährigen in sieben europäischen Staaten gaben 76 Prozent der Befragten an, die Union sei für sie in ihrem Kern ein Wirtschaftsbündnis.

Nur 30 Prozent der 6.000 vom Meinungsforschungsinstitut YouGov befragten Teilnehmer in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Großbritannien, Polen und Griechenland sahen in der EU auch ein Bündnis mit gemeinsamen kulturellen Werten. "Ein Europa, dessen Wert vor allem in den Vorteilen des Binnenmarkts gesehen wird, droht austauschbar und beliebig zu werden", erklärte der Vorsitzende des Stiftungskuratoriums, Thomas Ellerbeck.

"Bindekräfte Europas lange für selbstverständlich gehalten"

Er rief Politiker und alle anderen "gesellschaftlichen Akteure" dazu auf, über "die gemeinsamen Werte Europas" zu diskutieren. "Die wertebasierten Bindekräfte Europas wurden lange Zeit für selbstverständlich gehalten." Dies gelte heutzutage nicht mehr.

Der Studie zufolge herrscht unter jungen Menschen auch erhebliche Demokratieskepsis. Nur die Hälfte (52 Prozent) betrachtet die Demokratie als die beste Staatsform. In Frankreich und Polen sind es lediglich 42 Prozent, in Italien 45 Prozent, in Deutschland 62 Prozent.

Mehr als jeder dritte Befragte (38 Prozent) wünscht sich außerdem, dass die EU wieder Macht an nationale Regierungen abgibt. In Griechenland (60 Prozent) und Großbritannien (44 Prozent) ist diese Meinung besonders verbreitet. In Deutschland sieht das anders aus: Hier sind nur 22 Prozent der jungen Menschen für eine solche Rückübertragung.

21 Prozent sprechen sich für Austritt aus

Für einen Austritt ihrer Länder aus der EU sprechen sich trotzdem aber nur ein Fünftel (21 Prozent) aus. In Griechenland sind es 31 Prozent, in Polen 22 Prozent und in Frankreich 19 Prozent. In Deutschland und Spanien liegt der Anteil bei zwölf Prozent.

Der von der Stiftung hinzugezogene Experte Marcus Spittler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung warnte davor, die Ergebnisse der Studie für eine "generelle Jugendschelte" zu nutzen. Prinzipiell unterstützten junge Erwachsene die "europäische Idee", sie hinterfragten aber "spezifische Politiken und institutionelle Arrangements".

"Ihre Zufriedenheit mit der EU ist begrenzt, sie basiert auf keinem gemeinsamen Wertegerüst", erklärte der Wissenschafter. Entsprechend "fragil" sei ihre Zustimmung. Nach Angaben der Tui-Stiftung befragte Yougov die 6.000 Teilnehmer zwischen dem 16. Februar und dem 3. März online. Für jedes Land wurden die Befragten demnach repräsentativ gewichtet.

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