Frauen setzen auf Hillary Clinton

Hillary Clinton.
Nach dem ersten TV-Duell zieht Clinton Trump in den Umfragen davon. Frauen halten ihn für unberechnbar und "zum Genieren".

Drei Monate in den USA sind vorüber. Es waren drei Monate on the road: Chicago, Indianapolis, die Partei-Conventions in Cleveland und Philadelphia, ein Abstecher für eine Story nach New York, danach San Francisco, Portland, Seattle, vier Wochen Los Angeles und schließlich über Santa Fe nach Colorado.

Dreizehn Wochen voll von neuen Begegnungen, voll von interessanten Lebensgeschichten. Zum Beispiel jene des 18-jährigen Serben aus Novi Sad. Er verließ seine Heimat, um in Los Angeles eine Kampfsport-Schule aufzumachen. "In Serbien gibt es keine Jobs", sagt er.

Oder der 31-jährige Franzose, der ebenfalls wegen mangelnder Jobaussichten emigrierte und nun in den USA bereits zwei Firmen und ein Haus besitzt: "In Frankreich hätte ich nie innerhalb von fünf Jahren ein Haus ersparen können", meint er.

Die USA gelten immer noch für viele als ein Land, in dem mehr möglich ist als in Europa. Der Grundeindruck von diesem Land ist – es ist ständig in Bewegung.

Jobs werden wie selbstverständlich gewechselt, viele gehen zwei Beschäftigungen nach oder mehr. Man zieht nomadenhaft günstigen Arbeits-Gelegenheiten nach, es ist schwer, jemanden zu finden, der nicht schon in mehreren Bundesstaaten gewohnt hätte.

Nicht einmal die Alten setzen sich zur Ruhe. Mike, ein pensionierter Geschichtelehrer, arbeitet als Fremdenführer. Kathleen, die pensionierte Uni-Lektorin, brieft noch mit 72 angehende Lehramts-Absolventen. Oder die entzückende Shana Greene aus Seattle. Sie ist 66 und voll engagiert, um Frauen in Entwicklungsländern zu helfen. Sie unterstützt Kenianerinnen beim Aufbau eigener Geschäfte und hilft ausgebeuteten Sex-Arbeiterinnen in Bangladesh, damit sie wieder ins Leben zurückfinden.

Frauen setzen auf Hillary Clinton
Daniela kittner
Als der KURIER Shana in ihrem Büro in Seattle besucht, schwärmt sie von ihrem jüngsten Projekt. Studenten haben auf ihre Anregung hin aus Seegras kompostierbare Binden für Monatsblutungen entwickelt. Diese Binden werden nun von Frauen in Afrika hergestellt und an Mädchen verteilt, damit diese durchgängig in die Schule gehen können und sich keine Infektionen mehr holen. Shana treibt Sponsoren auf, vermittelt Freiwilligen-Arbeit und managt über die Distanz des halben Erdballs hinweg ihre Frauen-Projekte. Als der KURIER sie um ein Treffen ersucht, streicht sie ihren einzigen freien Tag im Monat. "Hoffentlich gewinnt dieserTrumpnicht, das wäre verheerend für das Ansehen der USA", sagt Shana zum Abschied.

Einige Tausend Meilen weiter südöstlich, in Colorado, wird die Tourismus-Managerin Barbara von ähnlichen Sorgen heimgesucht. Obwohl sie überzeugte Republikanerin ist, wird sie Hillary Clinton wählen. "Donald Trump hat nicht den Charakter für einen US-Präsidenten. Bei einer Atommacht darf jemand, der so unbeherrscht ist, nicht am Drücker sitzen. Abgesehen davon kann er nicht einmal korrekt reden, er macht ständig Grammatikfehler", meint Barbara.

Als Republikanerin will sie nicht für Trump im Wahlkampf Klinken putzen gehen, und sie glaubt, dass er den Swing State Colorado wegen mangelnden Rückhalts in der eigenen Partei verlieren wird.

Barbara ist auch aus ökonomischen Gründen gegen einen Präsidenten Trump: "Die Touristen aus Europa werden ausbleiben, wenn er gewählt wird. Das haben wir schon mit George Bush erlebt."

Tatsächlich ist die amerikanische Tourismus-Wirtschaft auf die Europäer angewiesen, denn die Amerikaner selbst haben mit nur zwei Wochen Urlaub im Jahr wenig Zeit zum Reisen.

Je näher der Wahltermin rückt, umso öfter sind Befürchtungen über einen Trump-Sieg zu hören. Die Angst vor dem unberechenbaren Milliardär ist die stärkste Mobilisierung für Hillary Clinton.

Trump hat viele Wählergruppen gegen sich aufgebracht – Hispanics, Schwarze und Frauen generell. Alison, eine Verkäuferin in Santa Fe, hat sich bereits als Wahlhelferin für die Demokraten gemeldet: "Jemand, der so abschätzig über Frauen spricht wie Trump, darf nicht Präsident werden. Das ist zum Genieren", sagt sie.

Auch innerhalb des republikanischen Establishments ist der Rückhalt für den eigenen Präsidentschaftskandidaten mangelhaft. Der ehemalige Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, hält sich bisher im Wahlkampf zwar zurück. Allerdings ist leicht auszurechnen, was Schwarzenegger von Trump hält. Trump will den Kohlebergbau forcieren und meint, die Abkehr von fossiler Energie sei ein Job-Killer, die Klima-Erwärmung ein Fake.

Damit vertritt Trump so ziemlich das Gegenteil dessen, wofür Schwarzenegger steht – für den Kalifornier ist die Abkehr von fossiler Energie ein Wirtschaftsmotor, ein "grüner Goldrausch" auf der Basis neuer Technologien.

Schwarzenegger hatte im republikanischen Vorwahlkampf den Gouverneur von Ohio, John Kasich, unterstützt, mit dem er auch persönlich befreundet ist. Kasich ist ein entschiedener Trump-Gegner. Damit hat Trump auch im Swing State Ohio einen Mobilisierungs-Nachteil.

Diese Woche hat die Anderson Business School der Universität von Kalifornien die Wahlprogramme der Präsidentschafts-Kandidaten abgeklopft. Das Resultat: Das Budgetdefizit der USA werde jedenfalls weiter steigen, bei Trump noch mehr als bei Clinton. Das Wirtschaftswachstum werde bei beiden bei lauen zwei Prozent liegen.

Viel mehr wagten die Ökonomen nicht zu prophezeien – und das ist durchaus symptomatisch. Die Wirtschaft reagiert auf Trump verunsichert, niemand weiß, was er an den Schalthebeln der Macht tun würde. Daher, so hoffen viele, werde sich eine Mehrheit der Amerikaner für eine berechenbare Frau entscheiden.

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