Franzosen in Wien: "Diese Wahl soll keine Frau gewinnen"
Die Türen des Lycée Français stehen ausnahmsweise an einem Sonntag offen. In den Räumen der französischen Schule sind vier Wahllokale untergebracht, in denen die rund 6000 in Österreich lebenden (davon rund 5400 in Wien) wahlberechtigten Franzosen bis 19.00 Uhr für ihren Präsidentschaftskandidaten stimmen können.
Vor Wahlen ist die Französin generell besorgt, vor dieser jedoch ganz besonders: "Die Vorwahlen waren diesmal so konfus, und das Ergebnis könnte für ganz Europa erschütternd sein." Mit einigen Auslandsfranzosen hat sie sich wenige Tage vor der Wahl zu einem Diskussionsabend des ADFE (Association Démocratique des Français à l'Etranger, Verein der Auslandsfranzosen) eingefunden, um das Großereignis zu besprechen – auf Deutsch.
Loewe, die seit 30 Jahren in Wien lebt und sich trotzdem eher als Französin sieht, wird für den unabhängigen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron stimmen. Mit diesem Vorhaben ist sie unter den Diskutanten an dem Abend nicht alleine.
Nicht repräsentativ
Daraus sollte man aber keine Rückschlüsse ziehen, meint der Politologe Michel Cullin, der die Debatte leitete.
Für den Sonntag hat Cullin eigentlich nur einen Wunsch: "Ich unterstütze Frauen in Führungspositionen sehr, aber diese Wahl darf keine Frau gewinnen." Sylvie Köck-Miquel, Präsidentin des ADFE und Veranstalterin des Diskussionsabends, nickt zustimmend. Das hofft sie auch; sie fürchtet aber anderes. "Dabei geht es natürlich nicht um das Geschlecht, sondern wofür diese Frau steht."
Auch bei der Eröffnung des "Festivals du Film Francophone" im Gartenbaukino diese Woche gab es vor allem ein Diskussionsthema: die anstehende Wahl.
Der 41-jährige Ludovic Ferrière etwa ist noch unschlüssig.
Doppelstaatsbürger
Auch dem 26-jährigen Schauspieler Samuel Machto war lange Zeit nicht klar, wen er wählen sollte. Schlussendlich hat sich Machto, der in Österreich geboren wurde und eine Doppelstaatsbürgerschaft besitzt, dazu entschieden, nicht strategisch zu wählen, sondern jenen Kandidaten, der am ehesten seine Standpunkte vertritt – Benôit Hamon (Parti Socialiste). "Bei der Stichwahl wird man aber Kompromisse machen müssen", sagt er mit Verweis auf die Befürchtung, dass Le Pen ins Finale kommen könnte. Auf Umfragen gibt er nicht viel, da sie zuletzt bei Wahlen in den USA und beim Brexit falsch lagen.
Reality-Show
So geht es auch Maëlle Robertson aus der Bretagne, die derzeit ein Praktikum in Wien absolviert. Der diesjährige Wahlkampf gleiche einer Reality-Show, wo es kaum um Inhalte gehe. Auch die 22-Jährige sieht sich Umfragen kaum an und hat sich bei ihrer Entscheidung schwergetan. Schlussendlich entschied sie sich aber auch für Hamon. Wenn Le Pen gewänne, bestärke es sie in ihrem Plan, langfristig in Österreich zu bleiben.
Elisabeth Wersunig erzählt in starkem Akzent, dass sie vor 20 Jahren wegen ihres Mannes hierher gezogen sei und "sich stark österreichisiert" habe.
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