Frankreichs Konservative entscheiden über Kandidaten

Nicolas Sarkozy
Der Gewinner der Vorwahl hat gute Chancen, nächster französischer Präsident zu werden. Dreikampf zwischen Alain Juppé, Ex-Präsident Sarkozy und Ex-Premier Fillon.

Wer ihr nächstes Staatsoberhaupt wird, werden die Franzosen aller Voraussicht nach erst Anfang Mai 2017 wissen. Die wohl wichtigste Vorentscheidung wird aber bereits an den kommenden beiden Wochenenden, bei den offenen Vorwahlen der Konservativen am 20. und 27. November getroffen. Entscheidet sich hier doch, wer gegen die stetig an Popularität gewinnende Rechtspopulistin Marine Le Pen antritt und dieser - so hoffen die Konservativen - zumindest im zweiten Wahlgang die Präsidentschaft streitig machen kann.

Teilnehmen dürfen bei den ersten offenen Vorwahlen in der Geschichte der französischen Konservativen, die sich seit einigen Monaten nicht mehr UMP, sondern LR - Les Républicaines - nennen, alle, die sich zu "den Werten der republikanischen Rechten und der Mitte" bekennen und zwei Euro pro Wahlgang zahlen. Geöffnet sind die 10.228 Wahllokale landesweit von 8:00 bis 19.00 Uhr, mit ersten Resultaten wird ab 20.30 Uhr gerechnet. Bringt der erste Wahlgang am 20. November keinem der Kandidaten die absolute Mehrheit, findet am 27. November eine Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten statt.

Der parteiinterne Urnengang folgt dem Modell der erstmals 2011 durchgeführten Vorwahlen der Sozialisten (PS), die damals der amtierende Präsident Francois Hollande gewann. Letzterer will erst im Dezember bekannt geben, ob er - trotz weiterhin katastrophaler Umfragewerte - noch einmal antritt. Die sozialistischen Vorwahlen finden am 22. und 29. Jänner 2017 statt.

Front gegen Front National

Deshalb geht es bei der Abstimmung der Konservativen vor allem darum, wer dem Schreckensgespenst der etablierten Parteien - der Rechtspopulistin Marine Le Pen - bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr am besten die Stirn bieten kann. Im ersten Wahlgang trauen dies alle aktuellen Umfragen lediglich dem Bürgermeister von Bordeaux, Alain Juppé, zu, der auch in allen Umfragen zu den parteiinternen Vorwahlen der Republikaner klar in Führung liegt.

Frankreichs Konservative entscheiden über Kandidaten
French politician Alain Juppe, current mayor of Bordeaux, a member of the conservative Les Republicains political party and candidate for their center-right presidential primary, attends a campaign rally in Paris, France, November 14, 2016. REUTERS/Benoit Tessier

Dieser wurde in den vergangenen Wochen nicht müde, sich als vereinender Faktor in einer von Terrorismus, Antisemitismus, Islam- und Fremdenfeindlichkeit sowie ökonomischer Ungleichheiten immer mehr gespaltenen Nation zu präsentieren. Er wolle alle Franzosen einen, "jene die von (dem amtierenden sozialistischen Präsidenten, Anm.) François Hollande enttäuscht sind, ebenso wie jene der FN (Front National von Marine Le Pen, Anm.)", sagte Juppé. Zugleich warnte er vor dem Risiko, das "Volksverhetzung und Extremismus für unsere Demokratie bedeuten".

Wesentlich harschere Töne, die oft kaum noch von jenen der FN zu unterscheiden sind, schlug hingegen der frühere Präsident (2007 - 2011) Nicolas Sarkozy an, der je nach Umfrage um drei bis zehn Prozent hinter Juppé liegt. Er versprach, den islamischen Burkini-Badeanzug verbieten zu lassen und will potenzielle Jihadisten präventiv ins Gefängnis stecken.

"Französischer Trump"

Seit dem Sieg des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump in den USA versuchte sich Sarkozy zudem, als "französischer Trump" in Stellung zu bringen. Er vertrete die "schweigende Mehrheit" und all jene Wähler, die von den "Eliten" ignoriert würden, brüstete er sich zuletzt. Ob ihm die Wähler dies angesichts seiner bisherigen politischen Karriere - Sarkozy war nicht nur Staatspräsident sondern auch Wirtschaftsminister, Finanzminister und bereits zwei Mal Innenminister - auch abnehmen, bleibt fraglich.

Umso mehr, als in den vergangenen Wochen zahlreiche Enthüllungen rund um eine angebliche Finanzierung von Sarkozys erstem Präsidentschaftswahlkampf durch libysche Gelder bekannt wurden, was dieser zurückweist. Erst am Dienstag veröffentlichte die Aufdeckungsplattform "Mediapart" ein Videointerview mit einem franko-libanesischem Mittelsmann, in dem dieser angibt, Sarkozy und seinem früheren Kabinettschef insgesamt fünf Millionen Euro in bar aus der Hand des Regimes des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi überreicht zu haben.

Fillon legte regelrechte Aufholjagd hin

Vor diesem Hintergrund drängte sich zuletzt zunehmend ein "dritter Mann" in den lange als reines Duell zwischen Juppé und Sarkozy wahrgenommenen Vorwahlkampf. In den vergangenen Tagen legte Sarkozys früherer Premier, François Fillon, eine regelrechte Aufholjagd hin - von einst zehn auf nun 18 bis 20 Prozent der Stimmen.

Frankreichs Konservative entscheiden über Kandidaten
Former French prime minister and candidate for the right-wing Les Republicains (LR) party primaries ahead of the 2017 presidential election, Francois Fillon speaks during the second debate of the right-wing Les Republicains (LR) party primaries on November 3, 2016 at the salle Wagram venue in Paris. / AFP PHOTO / Eric FEFERBERG

Fillon wird gerne als "Synthese" zwischen Juppé und Sarkozy beschrieben. Der 62-jährige sei eine Alternative für alle Sarkozy-Gegner, aber dennoch besser in dem - bei den Vorwahlen so zentralen - rechten Lager der Konservativen verankert, als der Bürgermeister von Bordeaux. Zudem sei er nicht so "langweilig", wie der 71-jährige Juppé, der oft so erscheint, als sei er bereits "in Pension". "Die Franzosen sind gerade dabei, die Szenarien durcheinanderzuwirbeln. Sie fühlen, dass mein Projekt für Frankreich aufrichtig und kohärent ist", kommentierte Fillon seine steigenden Umfragewerte.

Die übrigen Kandidaten, Ex-Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire, der rechtspopulistische Ex-Parteichef Jean-François Copé, Ex-Sarkozy-Sprecherin Nathalie Kosciusko-Morizet und der christliche Jean-Frédéric Poisson sind in den Umfragen weit abgeschlagen und kommen lediglich auf neun bis ein Prozent der Stimmen. Was freilich Überraschungen nicht ganz ausschließt, wie zuletzt etwa die US-Präsidentschaftswahl oder das Brexit-Votum gezeigt haben. Diese belegten, "dass ein wichtiger Teil der Wähler sich dafür einsetzt, die Umfragen zu falsifizieren", warnte die französische Politikwissenschafterin Sylvie Strudel gegenüber "Le Monde."

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