Frankreich unterstützt Unabhängigkeit Kataloniens nicht

Eine Demo für spanische Einigkeit in Barcelona
Europaministerin: Krise muss durch Dialog gelöst werden.

Frankreich hat einer Anerkennung Kataloniens im Falle einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung eine Absage erteilt. Der Status der spanischen Region könne nicht durch das umstrittene Unabhängigkeitsreferendum bestimmt werden, sagte Europa-Ministerin Nathalie Loiseau am Montag dem TV-Sender CNews. "Die Krise muss durch Dialog auf allen Ebenen der spanischen Politik gelöst werden."

Frankreich werde eine einseitige Unabhängigkeitserklärung nicht anerkennen. Sollte es dennoch zu einer Unabhängigkeit kommen, müsse Katalonien sofort die Europäische Union verlassen.

In der Krise blieben die Fronten auch am Wochenende verhärtet. Der Chef der Regionalregierung, Carles Puigdemont, kündigte für Dienstag eine Rede vor dem Parlament in der katalanischen Hauptstadt Barcelona an. Nach Angaben eines Abgeordneten soll dann die Unabhängigkeitserklärung angenommen werden.

Ministerpräsident Mariano Rajoy zeigt sich ebenso kompromisslos und drohte am Sonntag mit dem Entzug des Autonomiestatus. Bei dem vom Verfassungsgericht für illegal erklärten Referendum vor gut einer Woche erhielt das Unabhängigkeitslager den Behörden zufolge mehr als 90 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 43 Prozent. Viele der Unabhängigkeitsgegner blieben den Wahlurnen fern.

Karas vergleicht Seperatisten mit Brexitern

Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, vergleicht die katalanischen Separatisten mit Brexit-Befürwortern und stellt in Frage, ob es im 21. Jahrhundert angesichts von Globalisierung, Klimawandels und Terrorismus überhaupt noch "Unabhängigkeit" gebe. Die Unabhängigkeitsbefürworter "versprechen Heil durch Abschottung, haben aber keinen Plan, was nach Trennung kommen soll", sagte er. Dabei kritisierte Karas am Montag den spanischen König Felipe. "Es ist allerhöchste Zeit, dass das spanische Staatsoberhaupt, König Felipe VI., seine Rolle findet und endlich zu einem runden Tisch im Sinne der Verfassung, der Einheit, der Zukunft und aller Bürger des Landes einlädt."

Karas: "Die Argumentation mancher katalanischer Unabhängigkeitsbefürworter erinnert mich an die Brexit-Debatte vor dem Referendum im Vereinigten Königreich. Das Muster ist überall dasselbe: Sie versprechen Heil durch Abschottung, haben aber keinen Plan, was nach der Trennung kommen soll." Dabei gebe es aber einen Unterschied, so Karas weiter. "Das Referendum in Katalonien war illegal, die Volksbefragung in Großbritannien legal. Mit Gewalt und dem Missachten von Regeln kann man Demokratie, Recht und Unabhängigkeit nicht schützen."

Was in Katalonien passiert ist, sei keine interne spanische Angelegenheit. Es gehe um die Rechtsstaatlichkeit in einem EU-Mitgliedstaat. Die Katalanen müsse man aber auch daran erinnern: "Wenn Katalonien Spanien verlassen würde, würde es gleichzeitig die EU verlassen. Das ist keine Regel der EU, sondern altes Völkerrecht", so Karas.

Reinhard Bütikofer, der Ko-Vorsitzende der Europäischen Grünen Partei, appellierte an die Europäische Volkspartei (EVP), der der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy angehört, auf Rajoy einzuwirken und ihm eine Kursänderung zu raten. "Wenn dieser Dialog der Tauben weitergeht, kann sich die Lage in Katalonien nur weiter verschärfen. Die Europäischen Grünen rufen daher beide Seiten auf, einen Schritt zurückzutreten und nach politischen Wegen aus einer katastrophalen Situation zu suchen." Die EU gründe auf der Ablehnung von Nationalismus, auf dem Respekt für die Rechtsstaatlichkeit und auf dem Recht der Menschen, ihren politischen Willen demokratisch auszudrücken. Die EU sollte "möglichst deutliche Signale aussenden, dass sie von all ihren Mitgliedern erwartet, an diesen Idealen festzuhalten."

"The Times" (London):

"Angesichts des zerstörten Vertrauens zwischen dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und dem katalanischen Anführer Carles Puigdemont wird ein Vermittler für Gespräche benötigt. Die EU hat diese Rolle entgegen katalanischer Hoffnungen auf eine Internationalisierung der Krise zurückgewiesen. (...) Die Schweiz wäre dazu bereit und einigen Berichten zufolge auch der Vatikan. Rajoy sollte seinen Stolz hinunterschlucken und Hilfe von außen akzeptieren. Eine Konferenz, an der alle autonomen Regionen Spaniens beteiligt sind, könnte Änderungen an der spanischen Verfassung erarbeiten. Mit gutem Willen sollte es möglich sein, den Katalanen die Möglichkeit zuzugestehen, mehr vom Steueraufkommen der Region für sich selbst zu behalten und ihre Sprache zu schützen sowie Katalonien als ein nationales Gebilde innerhalb des spanischen Staates anzuerkennen. Das wird zwar einigen Separatisten zu wenig sein, aber es würde viele Katalanen erstmal zufriedenstellen. Die Alternative wäre eine jahrelange Konfrontation, ein gespaltenes Katalonien, ein gespaltenes Spanien und ein gespaltenes Europa."

"El Pais" (Madrid):

"Das Argument, das die katalanischen Separatisten am hartnäckigsten benutzt haben, hat gestern eine heftige Niederlage erlitten. Die Falschheit der Aussage, dass es nur ein Volk gibt, das geschlossen hinter der Causa der Separatisten steht, und dass das der einseitigen Ausrufung der Abspaltung (der Region von Spanien) Legitimität verleiht, ist bloßgestellt worden. Die katalanische Gesellschaft ist vielfältiger, als es die Nationalisten seit Jahren pausenlos behaupten. Niemand kann die Fähigkeit der Separatisten infrage stellen, große Massen zu mobilisieren. Und niemand kann bestreiten, dass ein bedeutender Teil der Katalanen eine andere Beziehung zu Spanien fordern. Seit gestern ist es aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass es eine riesige Anzahl Katalanen gibt, die die Loslösung von Spanien zurückweisen."

"Midi Libre" (Montpellier):

"Einzig Europa hat noch die Mittel, um sich als Vermittler ins Spiel zu bringen. (...) Aber dafür muss die EU ihr Schweigen brechen und sich der Gefahr bewusst werden, die ihrer eigenen Einheit droht. Die drohende Zersplitterung ist schlimmer als der Brexit. (...) Bevor das katalanische Fieber auf Schottland, das Baskenland oder Korsika überspringt, muss Europa die Feuerwehr-Uniform überstreifen. Und zwar schnell."

"Liberation" (Paris):

"Es ist eine Zeit der Nabelschau, in der viele Mauern zwischen den Völkern entstehen, und Europa ächzt unter dem Druck des Brexit. Da wäre jede andere Strategie als ein Dialog zwischen Befürwortern und Gegnern der Unabhängigkeit Kataloniens katastrophal. Für die Wirtschaft wie auch für die Demokratie."

"Sme" (Bratislava):

"So erschreckend es auch anzusehen war, wie die spanische Polizei Bürger aus den Abstimmungslokalen in Katalonien zerrte und anscheinend bis zu 800 verletzte: Man kann sich schwer des Eindrucks erwehren, dass das alles genau nach einem Plan der Separatistenregierung in Barcelona ablief. Vor allem die Szenen für ausländische Zuschauer, mit brutalen Madrider Sicherheitskräften, denen tapfere katalanische Kämpfer für die Freiheit gegenüberstanden. Nur beruhte das Drehbuch auf reiner Fiktion, denn die Mehrheit der Einwohner Kataloniens ist gegen die staatliche Unabhängigkeit. Es war nie wahrscheinlich, dass die katalanische Regierung ein legales Unabhängigkeitsreferendum gewinnen konnte. Darum entschied sie sich für ein ungesetzliches ohne vorgeschriebene Mindestbeteiligung. Nur das ermöglichte eine rechtlich bedeutungslose, aber politisch explosive Ja-Mehrheit."

"La Vanguardia" (Barcelona):

"Die Demonstration hat einen Meilenstein gesetzt, was die Sichtbarkeit der Beschützer der Verfassung in Katalonien angeht. Sie sind nicht mehr unsichtbar. Genauso wie der Moncloa-Palast (die Madrider Zentralregierung) das Gewicht der separatistischen Wähler in der Region zur Kenntnis nehmen muss, darf die Generalitat (die katalanische Regionalregierung) in diesen entscheidenden Stunden die Forderungen derjenigen nicht ignorieren, die eine baldige einseitige Ausrufung der Unabhängigkeit befürchten (...) (Der regionale Regierungschef) Carles Puigdemont hatte doch erst am Mittwoch versichert, er wolle Präsident aller Katalanen sein."

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