Heikle Visite ohne Première Dame
Gen Osten – nur noch die Reise-Richtung ist dieselbe: Während es Valérie Trierweiler nach der Trennung von François Hollande nach Indien verschlug, traf der französische Präsident am Montag in Ankara ein. Die türkische Presse sprach von einer „historischen“ Visite, liegt doch der bisher letzte Besuch eines französischen Staatsoberhauptes schon 22 Jahre zurück. Hollandes Gespräche kommen in mehrfacher Hinsicht einem diplomatischen Drahtseilakt gleich.
EU-Annäherung Paris war in der Vergangenheit, speziell in der Ära des konservativen Staatschefs Nicolas Sarkozy (2007–2012), einer der vehementesten Gegner einer Mitgliedschaft der Türkei in der Union. Der Sozialist Hollande zeigte sich zwar kompromissbereiter als sein Vorgänger, was im Ende der Blockadehaltung und der Eröffnung eines neuen EU-Verhandlungskapitels (Regionalpolitik) im Vorjahr mündete. Doch die türkische Führung unter dem konservativ-islamischen Premier Tayyip Erdogan drängt auf die Eröffnung dreier weiterer Bereiche, vor allem des Kapitels Wirtschafts- und Währungspolitik. Weil dies den EU-Prozess massiv beschleunigen würde, steht dabei auch die jetzige französische Regierung auf der Bremse – sie fürchtet Popularitätsverluste vor den EU-Wahlen.
Völkermord in Armenien Der Genozid an der Volksgruppe durch die Osmanen, dessen Beginn sich 2015 zum 100. Mal jährt, ist nach wie vor ein heißes Thema in der Türkei. 2012 war in Frankreich ein Gesetz beschlossen worden, das das Leugnen dieses Völkermordes – je nach Schätzung kamen zwischen 300.000 und 1,5 Millionen Menschen um – unter Strafe gestellt hatte. In der Türkei hatte dies massiven Protest ausgelöst. Das Gesetz wurde später durch das französische Verfassungsgericht gekippt. Hollande wird dennoch eine Geste setzten und mit Rakel Dink zusammentreffen – sie ist die Witwe des armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink, der 2007 mutmaßlich von türkischen Nationalisten ermordet wurde.
Polit-Krise in Türkei Der Pariser Gast kommt zu einem heiklen Moment ins Land. Ein Korruptionsskandal erschüttert Erdogans Regierung. Dieser versucht die Justiz unter seine Kontrolle zu bringen, wie Kritiker meinen, um die Sache zu vertuschen. Aus Brüssel gab es Appelle, die Rechtsstaatlichkeit nicht anzutasten.
Wirtschaft Hollande will weitere Aufträge für französische Betriebe an Land ziehen. Die ökonomische Annäherung gewann jüngst an Fahrt. Ein japanisch-französisches Konsortium baut das zweite türkische AKW. Allerdings ist das Vertrauen ausländischer Investoren in das frühere Boomland zuletzt stark geschwunden.
Noch vor wenigen Tagen war sie selbst in einem Krankenhaus. Wegen „depressiver Verstimmung“ nach dem Auffliegen der Affäre ihres Lebensgefährten, dem französischen Präsidenten François Hollande, 59, mit der Schauspielerin Julie Gayet, 41. Am Wochenende trennte sich Hollande offiziell von Trierweiler. Und am Montag besuchte sie wieder ein Spital: die Sion-Klinik im indischen Mumbai, wo Patienten wegen Unterernährung behandelt werden. Damit will die Journalistin auf die Hunger-Problematik aufmerksam machen.
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