Australiens rigoroses Vorgehen gegen Flüchtlinge

Australiens rigoroses Vorgehen gegen Flüchtlinge
Australiens Flüchtlingspolitik könnte ein Vorbild für die EU sein, sagt Außenminister Kurz.

Australiens Marine hat unter anderem folgende Aufgabe: Sie fängt Bootsflüchtlinge auf hoher See ab, schickt sie entweder zum Ausgangsland zurück oder interniert die Menschen in Aufnahmelagern in Papua-Neuguinea und Nauru. So streng ist die Flüchtlingspolitik des Landes, und geht es nach Österreichs Außenminister Sebastian Kurz, könnte sie Vorbild für die Europäische Union sein.

Ziel sei mehr Abschreckung, sagte der ÖVP-Politiker am Sonntag. Den Hunderttausenden in Nordafrika wartenden Migranten müsse klar werden, dass "die Rettung aus Seenot nicht mit einem Ticket nach Mitteleuropa verbunden ist."

Zahlen der australischen Flüchtlingspolitik

Im Vergleich zu europäischen Staaten, haben die Australier mit der Flüchtlingskrise nur am Rande etwas zu tun. Fotos von darbenden Menschen an den Grenzen oder überfüllten Aufnahmezentren kennt man im Outback nicht. Laut dem Asyl-Trend-Bericht 2014 der UNHCR haben 8.960 Menschen 2014 Asyl in Australien beantragt. Das sind rund ein Prozent der weltweiten Anträge 2014.

2013 waren es noch 11.740 Menschen, die in Australien einen Asylantrag gestellt haben, für 2015 gibt es noch keine offiziellen Daten. Die meisten Flüchtlinge erreichen Australien von Indonesien aus. Hunderte sterben bereits bei der gefährlichen Bootsüberfahrt.

Australiens rigoroses Vorgehen gegen Flüchtlinge
Asylum-seekers look through a fence at the Manus Island detention centre in Papua New Guinea March 21, 2014. Eoin Blackwell/AAP/via Reuters/File Photo ATTENTION EDITORS - FACES PIXELLATED AT SOURCE. THIS PICTURE WAS PROVIDED BY A THIRD PARTY. EDITORIAL USE ONLY. NO RESALES. NO ARCHIVE. AUSTRALIA OUT. NEW ZEALAND OUT.

Zwischen 2012 und 2013 sollen nach Angaben der australischen Regierung mehr als 18.000 Menschen illegal das Land über den Seeweg erreicht haben. Zwischen 2011 und 2011 waren es 7.300 Menschen.

Seit Australien strengere Asylmaßnahmen eingeführt hat, ist die Zahl der Ankünfte gesunken. Im November 2015 erreichte ein letztes Boot - beinahe - die politisch zu Australien gehörende Weihnachtsinsel, erklärte die Regierung.

Militäroperation "Sovereign Border"

Wenn es um Flüchtlinge geht, sind sich in vielen Ländern Regierung und Opposition zumeist nicht einig. Doch in Australien unterstützen sowohl die liberal-nationale Koalition als auch die Labor-Partei, die stärkste oppositionelle Kraft, strengere Asylrichtlinien. Der Weg, den die Flüchtlinge bestreiten, sei gefährlich, von Schleppern kontrolliert und die Politik habe die Verantwortung, das zu beenden. So lautet der Konsens.

Nach der Parlamentswahl 2013 startete die neugewählte konservative Regierung unter dem damaligen Premierminister Tony Abbott die militärische Operation "Sovereign Border" (Souveräne Grenzen). Flüchtlingsboote werden von Schiffen der australischen Marine systematisch abgefangen und zurückgeschickt, die meisten nach Indonesien. Ein Video der Marine erlangte schnell zweifelhaften Ruhm:

Die australische Regierung ist von dieser Maßnahme überzeugt. Die strikte Politik habe dazu beigetragen, die hohe Zahl der Todesfälle auf hoher See zu reduzieren. Für Kritiker hingegen ist die Asylpolitik Australiens rassistisch motiviert und schade der Reputation des Landes.

Zwischen 2013 und 2014 wurden rund 13.800 Visa an Flüchtlinge vergeben, von 2012 bis 2013 hatten noch 20.000 einen positiven Bescheid bekommen.

Flüchtlingslager in Nauru und Manus

Flüchtlinge, die von der australischen Marine nicht sofort nach Indonesien oder Sri Lanka zurückgeschickt werden, werden in Aufnahmelager im Inselstaat Nauru und in Papua-Neuguinea gebracht - genauer gesagt auf die kleine Insel Manus. Selbst wenn ihre Asylanträge anerkannt werden, müssen sie in der Regel dort bleiben und dürfen nicht nach Australien kommen. Manche der rund 1.600 Internierten sitzen seit mehr als zwei Jahren in den Lagern fest.

Australiens rigoroses Vorgehen gegen Flüchtlinge
Activists hold placards and chant slogans as they protest outside the offices of the Australian Immigration Department in Sydney, Australia, in this file picture taken February 4, 2016. Australia's government has directed senior officials on how to respond to questions about political turmoil and alleged corruption in Nauru, where it has an asylum seeker detention center, documents obtained by Reuters under a Freedom of Information (FOI) request show. The diplomatic cables, ministerial talking points and classified emails between Australian officials cover a tumultuous period that began with the 2014 sacking of Nauru's independent judiciary by President Baron Waqa and end in October 2015 with an Australian Senate hearing on the arrests of opposition Nauru lawmakers. To match EXCLUSIVE AUSTRALIA-ASYLUM/NAURU REUTERS/Jarni Blakkarly/Files

Nach einem Deal mit der dortigen Regierung werden Flüchtlinge sogar ins verarmte Kambodscha abgeschoben, weitere Abkommen mit Malaysia und den Philippinen seien nach mehreren Medieninformationen bereits in Planung.

Internationale Kritik für Australiens Flüchtlingspolitik

Die australische Regierung wird für ihre rigorose Flüchtlingspolitik international scharf kritisiert. Nach Einschätzung der Vereinten Nationen setzt sich Australien damit über die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 hinweg, die die Unterzeichnerstaaten dazu verpflichtet, Flüchtlingen Asyl zu gewähren.

Flüchtlings- und Menschenrechtsaktivisten werfen dem Land vor, dass es die Verantwortung einfach auf andere Staaten abwälzt. Zudem seien die Bedingungen in den überfüllten Aufnahmelagern in Nauru und Papua-Neuguinea menschenunwürdig. Immer wieder gibt es Berichte über Misshandlungen in den Lagern, wo auch Kinder interniert sind.

Anfang Mai haben sich zwei Migranten aus Verzweiflung selbst angezündet. Einwanderungsminister Peter Dutton betonte danach, die Regierung bleibe bei ihrer Linie.

Im Mai 2015 hat die Regierung ein Gesetz verabschiedet, das Mitarbeitern in den Aufnahmelagern verbietet, Informationen über die Bedingungen in den Camps nach außen zu tragen. Wer dagegen verstößt, könnte bis zu zwei Jahre inhaftiert werden. Zahlreiche Arbeitnehmervereinigungen kritisierten das Gesetz, die Regierung versuchte mit Verweis das "Whistleblower-Schutz-Gesetz" zu kalmieren.

Viele Australier sind mit der scharfen Politik ihrer Regierung nicht einverstanden und leisten Widerstand. Auf der Facebook-Site "Sorry Asylumseekers" entschuldigten sie sich bei den Flüchtlingen. Die Asylpolitik geschehe nicht in ihrem Namen, man bete für sie.

Regierung will Flüchtlingslager schließen

Selbst das Oberste Gericht in Papua-Neuguinea beschäftigte sich bereits mit dem umstrittenen Flüchtlingslager. Nach Ansicht der Richter verstoße die Internierung von Bootsflüchtlingen, die keine Straftat begangen haben, gegen das Grundrecht auf persönliche Freiheit und ist deshalb verfassungswidrig und unrechtmäßig. Der Regierungschef von Papua-Neuguinea, Peter O’Neill, hat Australien gebeten, andere Vorkehrungen zu treffen und das Lager zu schließen.

Australiens rigoroses Vorgehen gegen Flüchtlinge
This picture taken on April 30, 2016 shows a participant holding a placard during a vigil in Sydney for an Iranian refugee who died after setting himself on fire on the Pacific island of Nauru. A refugee who set herself on fire on the Pacific island of Nauru after being sent there by Australia was in a critical condition on May 3, just days after an Iranian man died in a similar act of self-harm. / AFP PHOTO / SAEED KHAN

Australiens Einwanderungsminister Dutton hatte aber kurz nach dem Urteil klargestellt, dass man sich nicht an die Gerichtsentscheidung gebunden fühlt. Von den Flüchtlingen, die derzeit in Lagern in Papua-Neuguinea und Nauru interniert sind, dürfe keiner nach Australien kommen – obwohl auf der Weihnachtsinsel ein Aufnahmelager bereit stünde. Laut Guardian-Informationen sind hier aktuell 183 Menschen untergebracht, möglich wären bis zu 2.724 in Notfallsituationen.

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