EU

Flüchtlingskrise: Juncker hat für 2016 "keine Illusionen"

Jean-Claude Juncker: "Nicht optimistisch, dass das gelingt."
EU-Gipfel in Brüssel: Kommissionspräsident Juncker sieht das neue Jahr "wenig optimistisch".

Die EU-Staaten wollen bis Juni über die Kommissionspläne für einen europäischen Grenzschutz entscheiden, der notfalls auch gegen den Willen nationaler Regierungen eingreifen soll. Der Rat werde im ersten Halbjahr 2016 seine Position festlegen, beschloss der EU-Gipfel. Alle 28 EU-Staaten werden sich nach Angaben der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel an dem Drei-Milliarden-Euro-Paket für die Türkei in der Flüchtlingskrise beteiligen. Die Details sollten die EU-Botschafter klären, sagte Merkel am Freitag nach Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel.

Die Kluft zwischen West- und Osteuropa blieb trotzdem spürbar. Im Vorfeld hatte Bundeskanzler Faymann den Osteuropäern mit der Kürzung der EU-Beiträge gedroht. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hatte diesen Vorstoß als "Erpressung" kritisiert. "Man tut gut daran, dass man uns ernst nimmt", so Faymann in Richtung Orban.

"Spaltung Europas unübersehbar"

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte, die Spaltung Europas in der Frage sei "unübersehbar". Faymanns Worte zeigten, "wie dramatisch die Lage ist". Während die EU-Nettozahler Flüchtlinge aufnähmen, wollten sich "die Nehmerländer an der Bewältigung der Problematik nicht beteiligen".

Ein hochrangiger EU-Vertreter sagte, "einige" Länder hätten Vorbehalte wegen eines drohenden Eingriffs in die nationale Souveränität geäußert. Es wäre daher "keine Überraschung", wenn sich der endgültige Beschluss von den Vorstellungen der Kommission unterscheiden werde.

Juncker bewertet Gipfel

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich daher am Freitag in Brüssel "nicht übermäßig optimistisch" für die Verteilung von Flüchtlingen auf die einzelnen Staaten gezeigt. Vor Beginn des zweiten EU-Gipfeltags sagte Juncker, angesprochen auf seine Erwartungen für 2016, "ich mache mir keine Illusionen".

Juncker verteidigte die Einigung der 28 Staats- und Regierungschefs, bis Juni nächsten Jahres die Gesetzgebungsverfahren zum gemeinsamen europäischen Grenzschutz umzusetzen. "Das muss sich der Rat zur Brust ziehen, das Parlament muss mitmachen, das dauert normal sechs Monate. Dann muss es stehen und laufen." Darauf angesprochen, was in der Zwischenzeit mit der schon beschlossenen Umverteilung von Flüchtlingen passiert, sagte Juncker: "Ich bin nicht übermäßig optimistisch, dass das gelingt. Das Thema gestern und heute wird der Schutz der Außengrenzen sein."

Juncker hat nach dem Gipfel zudem eine positive Stellungnahme zur Visafreiheit für Georgien, Ukraine und Kosovo angekündigt. Die letzten Hindernisse für einen positiven Bescheid hätten ausgeräumt werden können. Die Kommission habe am Freitag dem EU-Gipfel vorgeschlagen, "rasch für diese drei Länder zu entscheiden".

"2016 wird härter"

Auch Faymann sieht die Zukunft wenig positiv: 2016 werde "noch härter als heuer", sagte er am Freitag nach dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. "Viele verwechseln eine Verbesserung der Flüchtlingssituation mit dem Winter", konstatierte Faymann. Einmal mehr pochte er auf die Umsetzung bereits vereinbarter Beschlüsse.

Denn noch gebe es in der Flüchtlingsfrage "keine Lösung". "Wir müssen mit viel Mühe dafür sorgen, dass das nicht nur am Papier bleibt. Am Papier hilft es den Flüchtlingen nicht und am Papier hilft es unserer Ordnung nicht", meinte der Bundeskanzler. Die EU habe "das Richtige vor, das ist auffordernd an uns alle gerichtet, jetzt sollten wir es auch tun", forderte Faymann. Noch sehe er nicht, "dass wir die Sache an der Wurzel gepackt haben, weder in Syrien, noch in den Camps vor Ort".

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