Flüchtlinge: Merkel legt sich mit Nachbarn im Osten an

Merkel und Orban: Nicht gerade beste Freunde
Deutschlands Kanzlerin will Ungarns und Polens Widerstand debattieren, neues Anreizsystem wird verhandelt.

Harte Worte gehören eigentlich nicht zu Angela Merkels Repertoire. Wenn die deutsche Kanzlerin sagt, wie jetzt in der Berliner Zeitung, dass "nicht zu akzeptieren" sei, dass Ungarn sich dem EuGH-Urteil zur Flüchtlingsverteilung widersetze, und dass man über den Verbleib der Ungarn in der EU "beim Europäischen Rat im Oktober reden" müsse, dann heißt das was: Merkel macht erstmals seit Beginn der Flüchtlingskrise ernsthaft Druck auf jene Staaten, die den Schlüssel nicht akzeptieren wollen.

Das zielt nicht nur auf die Regierung Viktor Orbáns, sondern auch jene in Polen, die sich ebenso stur stellt. Dort versucht man seit einiger Zeit mit der Forderung nach Reparationszahlungen für Weltkriegs-Verbrechen Gegendruck zu erzeugen: Ein Rechtsgutachten des Sejm, des Unterhauses des Parlaments, bestätigte nun, dass die Forderung rechtens sei; die rechtskonservative PiS-Regierung spricht von 840 Milliarden Euro. In Berlin reagiert man gelassen: Merkel-Sprecher Steffen Seibert verwies darauf, dass die Frage durch mehrmalige Verzichtserklärungen Polens "rechtlich wie politisch abschließend geregelt" sei.

Anreizsystem

In der Flüchtlingsfrage versuchen Berlin und Brüssel indes mit einem neuen Anreizsystem eine Einigung zu erzielen, wie die FAZ berichtet: 60.000 Euro soll ein Staat für jeden aufgenommenen Flüchtling bekommen; übernimmt ein Land weniger als die Hälfte der Personen, die der Quote entsprechen, werden 60.000 Euro pro Kopf abgezogen.

Einen schärferen Ton gibt die Kommission auch in Bezug auf Polens umstrittene Justizreform vor. Die zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens wurde eingeleitet. Damit erhält Warschau einen Monat Zeit, die Reform zu korrigieren und den Einfluss des Staates auf die Ernennung unabhängiger Richter wieder zurückzunehmen. Verweigert Polens Regierung dies, droht ihr eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.

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