EU droht Griechenland mit Rauswurf aus Schengen-Zone

Flüchtlinge vor der griechischen Insel Lesbos.
Regierung mit Hunderttausenden Flüchtlingen überfordert, lehnt aber Unterstützung ab. EU erhöht Druck.

Griechenland muss bald die vereinbarten Maßnahmen zur Bekämpfung der Flüchtlingskrise umsetzen sonst soll dem Land die Aussetzung des Schengen-Abkommens drohen. Wie europäische Zeitungen wie Le Soir (Belgien) und Financial Times (Großbritannien) berichten, regt sich in der EU Unmut über die mangelnde Bereitschaft der Griechen, die Flüchtlingskrise im eigenen Land zu managen. EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukautis hat in einem Schreiben Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Lage für Asylsuchende auf griechischem Boden als unzumutbar bezeichnet. EU-Kommissar Johannes Hahn (zuständig für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik) bestätigte dem KURIER den Bericht seines Amtskollegen und betonte, dass es von Seiten der Kommission "eine letzte Warnung" an die griechische Regierung gebe.

Säuglinge sterben an Unterkühlung

Es gebe Chaos und extreme Armut, Säuglinge würden an Unterkühlung sterben. Nothilfe sei keine vorhanden, es fehle an Decken. Die Kommission, die sich bisher mit Kritik über die langsame Umsetzung von Maßnahmen in Griechenland zurückhielt, dürfte den Ton nun ändern. Nicht nur die "Hotspots" würden immer noch nicht funktionieren, sondern auch von der EU bereitgestellte Hilfsmittel seien noch nicht in Anspruch genommen, ja nicht einmal von der griechischen Regierung beantragt worden.

Frontex-Unterstützung von Athen abgelehnt

Laut der griechischen Tageszeitung Kathimerini wurde die Unterstützung von 400 Frontex-Mitarbeitern nicht in Anspruch genommen, die dabei helfen sollten, die Grenze zu Mazedonien zu sichern. Auch 300 Geräte zur Erfassung von Fingerabdrücken der Flüchtlinge seien nicht abgerufen worden.

Bei den EU-Verantwortlichen scheine nun die Entschlossenheit zu wachsen, maximalen Druck auf Griechenland auszuüben, damit Hellas beginne, die zahlreich vorgeschlagenen Maßnahmen auch umzusetzen. Eine Möglichkeit der Kommission wäre es auch, die Schengen-Mitgliedschaft der freien Grenzen innerhalb dieser Gemeinschaft auszusetzen. Griechenland müsste dann in den nächsten zwei Wochen beginnen, EU-Entscheidungen zur Flüchtlingspolitik anzunehmen.

Slowakei: "Höchste Zeit für Ausschluss"

Der slowakische Premier Robert Fico sagte bereits am Sonntag, dass es "höchste Zeit" sei, Griechenland aus dem Schengen-Raum auszuschließen. "Wir können es nicht tolerieren, dass ein Mitgliedsland sich offen weigert, seiner Verpflichtung zum Schutz der Schengen-Außengrenzen nachzukommen", so Fico: "In einer solchen Situation ist der Schengen-Raum nutzlos."

Griechenland widerspricht

Griechenland wehrt sich indes gegen die erhobenen Vorwürfe. Der für Migrationsfragen zuständige Vize-Innenminister Giannis Mouzalas sagte am Mittwoch, Athen habe die Rückführung von Flüchtlingen nach Pakistan und in die Türkei versucht, dies sei aber an den jeweiligen Behörden der Länder gescheitert.

Auch sei es nicht wahr, dass Griechenland die Annahme von 300 Maschinen zur Registrierung von Fingerabdrücken verweigert habe. Tatsächlich hätten die griechischen Behörden hundert Maschinen angefordert, aber nur 25 von der EU und 17 von Deutschland erhalten, sagte Mouzalas.

Nach den Anschlägen vom 13. November in Paris wuchs der Druck auf Griechenland, die Grenzkontrollen zu verschärfen. Mindestens zwei der Attentäter hatten sich als Flüchtlinge ausgegeben und waren im Oktober auf der griechischen Insel Leros registriert worden.

721.000 Flüchtlinge über Griechenland

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kamen in diesem Jahr bis November fast 860.000 Flüchtlinge in Europa an. Mehr als 3.500 Menschen seien bei der Überquerung des Mittelmeers gestorben.

Der Großteil aller Flüchtlinge, die in diesem Jahr über das Meer in die EU gekommen sind, reiste nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) nach Griechenland. Bis zum 26. November waren es 721.000 Menschen, bis zum Jahresende sollen es mehr als eine Million sein. Mindestens 588 Menschen kamen bei den gefährlichen Bootsfahrten ums Leben.

Die rund 1500 Migranten, die an der griechisch-mazedonischen Grenze von der mazedonischen Polizei an der Einreise gehindert werden, sollen nach Athen gebracht werden. Der für Migration zuständige Vizeminister Ioannis Mouzalas sagte dem griechischen Radiosender Alpha989 am Dienstag, er erwarte, dass die Grenze zu Mazedonien sich für diese Menschen nicht mehr öffnen werde.

Die Grenzpolizei hat am Mittwoch erneut Tränengas eingesetzt.
Die Migranten an der Grenze zu Mazedonien stammen überwiegend aus dem Iran. Weil sie an der Weiterreise gehindert werden, kommt es im Grenzbereich seit über einer Woche zu Protestaktionen und Auseinandersetzungen mit der Polizei. Seit Tagen werden zudem die Bahnschienen besetzt und griechische Züge können nicht passieren. Ioannis Mouzalas kritisierte im Gespräch mit dem Radiosender den Nachbarn Mazedonien. „Die Flüchtlinge auf Basis ihrer Nationalität einzuteilen, verstößt gegen das Völkerrecht“, sagte er.

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