Europa in Zeiten Trumps: Enger Zusammenrücken - aber wie?
Auf ihn kann Europa wohl nicht zählen: Der neue US-Präsident Donald Trump hält Belgien für eine Stadt ("herrlicher Ort!") und die NATO für "obsolet". Die Europäische Union sei nur ein "Mittel zum Zweck für Deutschland" und Kanzlerin Angela Merkel habe in der Flüchtlingspolitik einen "katastrophalen Fehler" gemacht. Das waren mehr als verbale Ausrutscher.
Entscheidend ist: Europas einstige Schutzmacht USA wird unter Trumps Führung nun in erster Linie auf sich selbst schauen - "America first". Damit steigt der Druck auf die Regierungen Europas, sich zusammenzuraufen. Nötig wird das vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik, denn Trump lässt erkennen, dass er die internationalen Verpflichtungen der USA erheblich reduzieren will. Gerade in Osteuropa läuft es da manchem kalt den Rücken herunter: "Mit großer Macht kommt große Verantwortung", warnt Litauens Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite Richtung Washington. Das Land ist wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine besonders besorgt um die eigene Sicherheit.
Risiken sind nicht zu übersehen
Doch die Sicherheitspolitik ist längst nicht die einzige Baustelle: Schon nach der Brexit-Entscheidung der Briten hat die EU versucht, einen pragmatischen Reformkurs einzuschlagen - der auf einem Sondergipfel in Bratislava verabschiedete Fahrplan gilt nach wie vor: EU-Außengrenzen besser schützen, Flüchtlingspakt mit der Türkei umsetzen, eine gemeinsamen Grenz- und Küstenwache etablieren. Im Kampf gegen den Terror soll der Informationsaustausch verbessert werden. Auch neue Jobs vor allem für die junge Generation versprachen die 27 verbleibenden Mitgliedsländer. Merkel sagte damals: "Es geht darum, durch Taten zu zeigen, dass wir besser werden können." Aber die Risiken sind nicht zu übersehen. Euro- und Bankenrettung haben ebenso wie die Flüchtlingskrise in den letzten Jahren viel politische Kraft gekostet. Hinzu kommt: Bis zum Herbst stehen wichtige Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland an.
Sollte Trump etwa Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Konflikts lockern, wäre es mit der Einigkeit der EU-Länder schnell vorbei. In der Finanzpolitik sind die Gegensätze zwischen Nord und Süd längst nicht überwunden. In Polen, Ungarn und anderen Ländern werden autoritäre Tendenzen immer stärker. Trump genießt dort durchaus Sympathien. Noch über Monate könnte die Angst vor Populisten und Europaskeptikern den Regierenden im Nacken sitzen.
Freuen können sich derzeit nur die Rechten, aber die werden immer mehr. Ausgerechnet an diesem Samstag treffen sich europäische Rechtspopulisten in Koblenz und feiern den neuen Präsidenten Trump.
Dies gelte etwa für die internationale Wirtschafts- und Handelsordnung. Auch im Bereich der Verteidigung müssten im Rahmen bestehender Bündnisse Beiträge geleistet werden. Darüber hinaus betonte Merkel, das transatlantische Verhältnis werde in den nächsten Jahren nicht weniger wichtig als es in der Vergangenheit gewesen sei. "Selbst wenn es unterschiedliche Meinungen gibt, sind Kompromisse, sind Möglichkeiten, immer dann am besten zu finden, wenn man eben in Respekt miteinander sich austauscht." Deutschland werde versuchen, im Rahmen seiner G20-Präsidentschaft dazu einen Beitrag zu leisten.
Trump war am Freitag in Washington vereidigt worden. In seiner Antrittsrede betonte der Republikaner, seine Amtszeit werde der Leitlinie "Amerika zuerst" folgen. Die Welt müsse zur Kenntnis nehmen, dass seine Regierung jede politische Entscheidung danach bewerten werde, ob sie den Amerikanern nütze oder nicht.
Schon vor seinem Amtsantritt hatte er zudem Grundpfeiler der NATO infrage gestellt und sie als "obsolet" bezeichnet. Er hatte gedroht, die verbliebenen US-Truppen aus Europa abzuziehen und die Verbündeten dort im Stich zu lassen. Auch hat er sich kritisch zu Freihandelsabkommen geäußert.
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