EU will Flüchtlingsroute Libyen–Italien schließen

2016 kamen 181.000 Migranten in Italien an, die meisten aus Libyen
Gipfel auf Malta: Die EU-Granden wollen mit Geld die Fluchtursachen in Afrika bekämpfen und Projekte im Migranten-Drehkreuz Libyen finanzieren.

Geredet wurde genug, jetzt drängt EU-Ratspräsident Donald Tusk die Regierungschefs zu Taten: Flüchtlinge aus Afrika sollen es gar nicht mehr wagen, mithilfe von skrupellosen Schleppern über das Mittelmeer nach Italien und dann weiter nach Mitteleuropa zu gelangen. "Das Ziel ist erreichbar, wenn alle Mitgliedsländer entschlossen handeln", sagte Tusk unmittelbar vor dem informellen Treffen der EU-Granden heute, Freitag, in der maltesischen Hauptstadt La Valletta.

Der Fokus liegt dabei auf Hilfen für das vom Bürgerkrieg gezeichnete Libyen, das als Transit- und Aufenthaltsland für Flüchtlinge dient. Libyen ist Ausgangspunkt für 90 Prozent aller Menschen, die aus der Region nach Europa aufbrechen. Im vergangenen Jahr kamen 181.000 Migranten in Italien an.

Die EU will "angemessene Aufnahmeeinrichtungen" in Libyen schaffen. Von diesen Camps aus sollen Flüchtlinge, die nicht schutzbedürftig sind und kein Recht auf Asyl haben, zurück in ihre afrikanischen Herkunftsländer gebracht werden. In einem ersten Schritt will die EU diese Aktivitäten mit 200 Millionen Euro aus dem Treuhandfonds für Afrika finanzieren.

Zur Verringerung des Zuzugs von Migranten aus Libyen soll außerdem das Trainingsprogramm für die örtliche Küstenwache um eine Million Euro aufgestockt werden. Bis zum Frühjahr wird ein Netzwerk mit dem Namen "Seahorse Mediterranean" (Seepferdchen Mittelmeer) aufgebaut, das Grenzbehörden nordafrikanischer Länder unterstützt. Ziel ist es, effizienter gegen Schlepper vorzugehen. 2,2 Millionen Euro sind dafür vorgesehen.

Merkel ermahnt Erdoğan

Mit einer positiven Nachricht möchte die deutsche Bundeskanzlerin in Malta auftrumpfen: Ihren Amtskollegen will sie verkünden, dass der EU-/Türkei-Deal garantiert hält und keine Flüchtlinge mehr über die Balkanroute in die EU kommen.

Gestern, Donnerstag, zurrte sie mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan das Flüchtlingsabkommen nochmals fest. Von seinen Drohungen vor ihrer Reise, den Pakt aufzulösen, ließ sie sich nicht beirren.

Der Zeitpunkt für Merkels Besuch in Ankara konnte heikler nicht sein. In der Türkei steht ein Referendum für eine Verfassungsänderung an, die Erdoğan absolute Herrschaft erlaubt, und in Deutschland beantragen türkische Soldaten Asyl.

Merkel hat bei ihrem Treffen mit Erdoğan die Einhaltung von Freiheitsrechten nach dem niedergeschlagenen Putsch von Juli 2016 angemahnt. Es sei wichtig, dass Meinungsfreiheit und Gewaltenteilung eingehalten werden: "Opposition gehört zu einer Demokratie", sagte Merkel nach einem zweieinhalbstündigen Gespräch mit dem sultanesken Präsidenten.

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