Wahlkampf: Karas eröffnet den Dreikampf

Start in den Intensiv-Wahlkampf mit 1000 Gästen: Othmar Karas will am 25. Mai auf Platz 1
Die FPÖ könnte besser mobilisieren als erwartet – sehr zum Leidwesen von SPÖ und ÖVP.

Als der bisher letzte Finanzminister der SPÖ, Rudolf Edlinger, vor wenigen Tagen auf einer Floridsdorfer Bühne stand, hatte er für die Hunderten Pensionisten im Publikum zwei ernste Botschaften.

Erstens: Vergesst bei der EU-Wahl nicht, welch’ großartiges Friedensprojekt die Union ist ("Ihr habt den Krieg erlebt, ihr wisst, wie es war, als das Land in Schutt und Asche lag"). Und zweitens: "Folgt nicht den Rattenfängern."

Mit den "Rattenfängern" waren Heinz-Christian Strache und die FPÖ gemeint, und der Appell des roten Routiniers kommt nicht von ungefähr. Denn in der SPÖ wie unter Wahlforschern gilt es mittlerweile als längst nicht ausgemacht, dass sich nur Rot und Schwarz um Platz eins raufen. "Die These, wonach die FPÖ aufgrund ihrer tendenziell EU-frustrierten Wählerschaft ein größeres Mobilisierungsproblem hat als SPÖ und ÖVP, muss wohl hinterfragt werden", sagt OGM-Experte Wolfgang Bachmayer zum KURIER.

Große Emotionen

Themen wie Sicherheit, Migration oder die von der FPÖ ausgerufene "Denkzettel-Wahl" seien bislang die einzigen emotionalen Motive. "Demgegenüber spielt das Friedens-Thema nur eine untergeordnete Rolle", sagt Bachmayer. "Obwohl gerade die Situation in der Ukraine anderes vermuten ließe."

Rund einen Monat vor der EU-Wahl ist die Frage nach dem Wahlsieger damit völlig offen. Und vor diesem Hintergrund startete die ÖVP gestern Abend in Linz offiziell in den Intensiv-Wahlkampf. Die Volkspartei gab sich patriotisch-weltläufig: Die Sessel waren mit rot-weiß-roten Fahnen drapiert, ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel bemühte sich gleich zu Beginn den Unterschied zwischen dem "selbstverliebten Moderator" Freund, dem FPÖ-Hetzer Vilimsky und dem "Gestalter" Othmar Karas herauszuarbeiten (siehe Artikel unten).Um seine Chancen auf Platz eins zu wahren, verweist Karas seit Wochen auf seine Stärken – europäische Expertise und politisches Know-How. Und vor allem versucht er Distanz zur ÖVP aufzubauen. Auf Wahlplakaten und der Homepage wird das Partei-Logo bislang weitgehend vermieden; und auch das Personen-Komitee "Wir für Karas" gibt sich alle Mühe, nicht wie eine Promi-Sektion der Volkspartei zu erscheinen. Ob’s hilft? "Karas ist klug, integer und ein politischer Profi", sagt Meinungsforscher Bachmayer. "Allerdings ist er kein ,Vote-Getter’." Der Schwarze sei solcherart das "Spiegelbild" des früheren SPÖ-Spitzenkandidaten Swoboda. "Auch er", sagt der Experte, "war nachweislich kompetent. Im Wahlergebnis spiegelte sich das aber nur bedingt wieder."

Mit seiner leidenschaftlichen und inhaltlich guten Rede begeisterte Spitzenkandidat Othmar Karas die rund 1000 versammelten Funktionäre und Anhänger. Sie waren Freitagabend im Linzer Design-Center zum offiziellen Wahlkampfauftakt zusammengekommen.

Die aktuelle Stimmung verleihe der ÖVP keinen Rückenwind, meinte Karas . "Ja, es ist schwieriger geworden, aber es ist zu schaffen." Er wolle mit dem gesamten Team die Europawahl in einem Monat gewinnen. Er zitierte Teilhard de Chardin: "Die Zukunft gehört jenen, die den Menschen Hoffnung geben können." Auch auf Katharina von Siena griff er zurück: "Nicht der Beginn wird belohnt, sondern das Durchhalten." Manchmal sei es einfacher, die Schuld zuzuweisen als den Kompromiss zu erklären.

Österreichs Zukunft sei eng mit der Europas verbunden."Wir trauen uns zu, Europa besser zumachen und es damit zu stärken." Er verfüge über die Eigenschaften, die im Europaparlament wichtig seien: Erfahrung, Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Durchsetzungsfähigkeit. Er habe dies mehrfach bewiesen. Nach der Wahl will er sich für einen Konvent über die Zukunft Europas einsetzen, dessen Ergebnis mit der Europawahl 2019 abgestimmt werden soll. Es brauche ein demokratischeres Europa, mehr Transparenz und Bürgernähe. Außerdem müsse Europa unabhängiger von den Gas- und Ölimporten werden. Karas bedankte sich ausdrücklich beim früheren ÖVP-Obmann Alois Mock, der im Rollstuhl und in Begleitung seiner Gattin Edith erschienen war und der viel Applaus erhielt.

Kritik an Russland

ÖVP-Obmann Vizekanzler Michael Spindelegger kritisierte Russland, das für die gegenwärtige Krise in der Ukraine verantwortlich sei. "Die EU ist eine Wertegemeinschaft. Da hat das Russland Putins nichts verloren." Spindelegger meinte, in Linz beginnt’s. In Linz beginne der Lauf der ÖVP zur Nummer eins.

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